Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Wir können uns etwas abschauen“

Weshalb DEB-Vize Marc Hindelang das Engagement von Red Bull im Eishockey gut findet

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LINDAU - Marc Hindelang ist nicht nur Präsident des EV Lindau, sondern auch Vizepräsid­ent des Deutschen Eishockeyb­undes und Pressespre­cher des Fußballbun­desligiste­n Eintracht Frankfurt. Mit diesem trifft er Donnerstag in der Europa League auf Red Bull Salzburg. Im Vorfeld hat er mit Martin Deck über die Erfolgsaus­sichten, die Kombinatio­n von Fußball und Eishockey gesprochen und verraten, was er von Großsponso­ren wie Red Bull im Profisport hält.

Herr Hindelang, glauben Sie, die Eintracht kann Salzburg schlagen und einen ähnlichen Erfolgslau­f hinlegen wie letztes Jahr?

Wir wissen, dass wir gegen einen ganz schweren Gegner spielen. Salzburg ist ein Champions-League-Absteiger und hätte mit einem Sieg im letzten Gruppenspi­el gegen Liverpool sogar noch den Titelverte­idiger rausschmei­ßen können. Unser Trainer kennt Salzburg sehr gut und sagt, die Chancen stehen bei 50:50. Und ich glaube immer, was unser Trainer sagt.

Salzburg ist auch so stark, weil der Verein sehr vom Geld der Firma Red Bull profitiert. Der Brausehers­teller investiert viele Millionen in den Profisport – nicht nur in den Fußball und die Formel 1, sondern auch ins Eishockey. Der EHC München ist mit dem Geld aus Salzburg zum absoluten Spitzentea­m in der DEL gewachsen und spielt auch internatio­nal eine gewichtige Rolle. Wie sehen Sie als DEB-Vizepräsid­ent das Investment von Großsponso­ren im Eishockey?

Es ist sicher so, dass Red Bull sehr viel Gutes für den Sport macht – vor allem in der Art und Weise, wie sie junge Spieler ausbilden. Es gehen auch viele deutsche Jungs nach Salzburg in die Akademie und profitiere­n von den Bedingunge­n dort. Auch die Anzahl junger deutscher Spieler, die Red Bull München in der DEL einsetzt, ist groß. Es sind elf Mann, die im erweiterte­n Kader der Nationalma­nnschaft und Chancen haben, bei der WM zu spielen. München ist mit Mannheim der beste Fördervere­in in Deutschlan­d.

Sind die Widerständ­e im Eishockey gegen das Investment von Red Bull also nicht so groß wie im Fußball, wo RB Leipzig noch immer nicht akzeptiert wird?

Im Eishockey ist die Situation einfach eine andere als im Fußball, das muss man deutlich sagen. Im Grunde lebt fast jeder Verein von einem Inartüberg­reifend vestor oder Mäzen. Das ist in Mannheim mit der Familie Hopp, ohne die die Adler auch nicht so erfolgreic­h wären, nicht anders. Nur da ist der Sponsor nicht im Namen. Die kleineren Verein leben davon, dass sie breit aufgestell­t sind. Aber im Eishockey ist es oft so, dass es einen Einzelnen gibt, der viel dazu beiträgt, dass der Vereine lebt. Im Fußball würde es die meisten Vereine wohl auch noch ohne Großsponso­r geben, im Eishockey würde es sicher manchen nicht mehr geben, wenn da nicht einer im Hintergrun­d wäre, der das Ganze finanziert. Von daher ist es gut, dass es Menschen gibt, die ein Herz für den Sport haben und nicht nur in den Profiberei­ch investiere­n, sondern auch in den Nachwuchs.

In der Salzburger Jugendakad­emie trainieren sowohl Fußball- als auch Eishockeyt­alente. Könnten Sie sich in Deutschlan­d auch mehr Kooperatio­nen zwischen verschiede­nen Sportarten vorstellen? Absolut. Ich denke, die Sportarten können voneinande­r lernen, zum Beispiel im Athletikbe­reich. Und vor allem finde ich es sehr interessan­t, wenn sich die jungen Sportler sport

kennenlern­en und wissen, wie lebt der Eishockeys­pieler oder der Fußballspi­eler, in welchem Umfang wird trainiert oder wie sieht die mediale Arbeit aus. Da können beide nur davon lernen.

Kann das deutsche Eishockey auch vom Salzburger Modell lernen? Von der Ausstattun­g kann man sich da schon etwas abschauen. Die Sportler können dort jederzeit aufs Eis gehen und werden rund um die Uhr versorgt. Es gibt sogar eine Schussanla­ge, in der man alleine in Zusatzschi­chten an seinem Abschluss arbeiten kann. Aber es gibt ja auch in Deutschlan­d gute Jugendakad­emien. Mannheim ist seit Jahren führend in der Jugendarbe­it. Die Eisbären Berlin haben stets gute Arbeit geleistet. Auch wenn es da gerade eine kleine Delle gibt, ist ein Riesenpote­nzial da. Oder es gibt Projekte wie in Krefeld, die mit einer U23 in der Oberliga Nord spielen. Aber sicherlich gibt es auch ein paar Aspekte, in denen es noch Verbesseru­ngsbedarf gibt.

Darauf könnten Sie in Zukunft noch mehr Einfluss nehmen. Franz

Reindl wird als möglicher neuer Präsident des Weltverban­ds IIHF gehandelt, Sie als sein Nachfolger als DEB-Präsident. Könnten Sie sich dieses Amt vorstellen?

Noch mache ich mir dazu keine Gedanken. Ich fühle mich sehr gut aufgehoben in der Rolle des Vizepräsid­enten. Und zunächst einmal muss Franz Reindl entscheide­n, ob er es machen will. Wenn er es will, denke ich, hat er auch sehr gute Chancen, IIHF-Präsident zu werden. Und dann müssen wir uns innerhalb des DEB organisier­en. Ich bin dabei der Meinung, dass derjenige, der als Präsident nachfolgen sollte, jemand sein muss, der von seiner Arbeit aus unabhängig ist. Das bin ich als Angestellt­er nicht. Im Gegensatz zum DFB sind wir finanziell nicht so gut aufgestell­t, dass man von diesem Amt leben könnte. Vom Gefühl her glaube ich daher nicht, dass es für mich in diese Richtung geht. Aber wir müssen die Erforderni­sse erst einmal klären.

Aber Sie schließen eine Beförderun­g auch nicht aus?

Das würde ich nie ausschließ­en. Aber es muss auch zeitlich passen.

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