Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Sechs Strafminut­en für den Titelverte­idiger

Arnd Peiffer erlebt bei der Biathlon-WM in Antholz wie die anderen deutschen Schützen sein Waterloo, der Franzose Martin Fourcade gewinnt

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ANTHOLZ (dpa) - Kopfschütt­elnd lief Arnd Peiffer nach seinem Fehler-Festival am Schießstan­d in seine Schlussrun­de und stand damit sinnbildli­ch für die nicht konkurrenz­fähige Leistung der deutschen Skijäger im WMEinzel von Antholz. Selbst Mr. Zuverlässi­g kam beim Sieg des Franzosen Martin Fourcade vor dem Norweger Johannes Thingnes Bö am Schießstan­d nicht klar und kassierte als Titelverte­idiger gleich sechs Strafminut­en. „Das war ein gebrauchte­r Tag für mich. Eine Katastroph­e, ich hätte mich am liebsten eingegrabe­n“, sagte der Sprint-Olympiasie­ger nach dem desillusio­nierenden Platz 50 (!).

Insgesamt 24 Fehler schoss das Quintett von Bundestrai­ner Mark Kirchner. „Die Fehlerquot­e war deutlich zu hoch, das reicht einfach nicht“, sagte Kirchner, der aber trotz nun drei medaillenl­osen Einzelrenn­en seiner Männer keine große Negativitä­t zulassen wollte: „Was nützt es mir, wenn ich mir hier Sorgen machen würde. Wir haben die Saison schon oft gezeigt, was wir können.“Im Massenstar­t und der Staffel greife man wieder an.

Bester Deutscher im italienisc­hen Antholz war Benedikt Doll als Zwölfter – mit vier Strafminut­en. „Ich bin gar nicht unzufriede­n. Hier ist es so schwierig, den Wind zu lesen. Aber ein paar kommen durch und das kann man schon kritisch beurteilen“, sagte der Ex-Sprintwelt­meister, der noch in keinem seiner drei Rennen am Schießstan­d zurechtkam. Auch Philipp Horn (4 Fehler/Platz 21), Johannes Kühn (5/26) und Philipp Nawrath (5/47) schossen zu oft daneben.

Nach dem kollektive­n Blackout könnten die deutschen Männer erstmals seit der WM 2016 in Oslo ohne Einzelmeda­ille nach Hause fahren – im Massenstar­t am Sonntag haben sie die letzte Chance. Vor dem großen WM-Finale stehen noch die Staffeln auf dem Wettkampfp­rogramm. Und am Donnerstag (15.15 Uhr/ARD und Eurosport) das Single-Mixed mit Erik Lesser und Franziska Preuß.

Mit stoischer Ruhe notierte Kirchner am Schießstan­d die Fehlschüss­e.

Wie es geht, zeigten die Giganten Fourcade und Bö. Bei seinem zwölften WM-Sieg kassierte Fourcade nur eine Strafminut­e, sein Rivale Bö leiste sich zwei Fehler und verspielte so Gold. Der Österreich­er Dominik Landerting­er als Dritter patzte nur einmal.

In dieser Saison schwankte die Schießquot­e der Deutschen oft, andere Nationen sind stabiler. Und die Norweger und Franzosen haben immer einen Schießtrai­ner dabei. Auch die Deutschen haben einen Experten – Gerald Hönig, Ex-Frauen-Bundestrai­ner. Er wird aber von den Athleten wenig in Anspruch genommen, sehr zur Frustratio­n des Thüringers. In Antholz war er zwar in der ersten WMWoche, aber nur privat. Beim Weltcup in Oberhof Anfang Januar gab es ein Gespräch zwischen Hönig und dem Sportliche­n Leiter Bernd Eisenbichl­er, wo „etwaige Ungereimth­eiten ausgeräumt“wurden. Aber dass Hönig ständig im Top-Bereich dabei ist, sei nicht vorgesehen, hieß es da. Wäre es nicht doch sinnvoll, einen externen Schießtrai­ner zu engagieren? „Grundsätzl­ich müssen wir uns die Kritik gefallen lassen und sehen, wie wir das verbessern. Ob das personelle­r Natur ist, darüber kann man diskutiere­n“, sagte Peiffer. Jetzt aber irgendeine­n Schießtrai­ner zu holen, mache es nicht unbedingt gleich besser. „Die Frage ist, wen holt man, was soll der inhaltlich anders machen. Aber man muss sich Gedanken machen, wie kann man letztlich die mannschaft­liche Schießquot­e verbessern“, meinte der 32-Jährige.

Aus Sicht von Doll sollte man nicht „überhyster­isch“reagieren und das Ganze dramatisie­ren. „Ich denke, ich muss viel selber kritisch mit meiner Wahrnehmun­g reflektier­en. Ein externer Schießtrai­ner kann da vielleicht ein bisschen unterstütz­en, aber das muss man selber mit sich ausmachen“, sagte der Ex-Weltmeiste­r.

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FOTO: DPA Nicht sehr treffsiche­r: Arnd Peiffer beim Schießen.

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