Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Im Nebenberuf Influencer

Athleten aus Randsporta­rten benutzen die sozialen Netzwerke, um bekannter zu werden und Geld zu verdienen

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BERLIN (dpa) - Max Lang greift an die Hantel, atmet tief ein und reißt blitzschne­ll 145 Kilogramm aus der Hocke in den Stand. Der Versuch ist gültig, das Gewicht kracht auf die Wettkampfb­ühne. Mit Videos von Wettkämpfe­n und aus dem Training hält der Gewichtheb­er seine rund 95 000 Fans auf der Social-Media-Plattform Instagram auf dem Laufenden. Der 27Jährige aus Sandhausen in BadenWürtt­emberg hebt in der deutschen Nationalma­nnschaft. Hauptberuf­lich ist er Sportsolda­t. Neben den Videos postet Lang immer wieder auch Fotos als Influencer. Mal ist darauf eine Sporttasch­e prominent im Vordergrun­d, mal sieht man ihn mit einer Getränkedo­se in der Hand.

Lang ist nicht nur Leistungss­portler in einer Randsporta­rt, sondern auch Sport-Influencer, wie er sagt. Das heißt, er bewirbt auf seinem Account die Produkte seiner Werbepartn­er. „Das Ganze ist eigentlich als Experiment gestartet“, erzählt der Heber des rheinland-pfälzische­n AthletikCl­ubs AC 1892 Mutterstad­t. Mit seinem Account will er seinen Sport populärer machen. Nach und nach hätten sich dann Kooperatio­nen mit Werbepartn­ern

ergeben. Mit zwei Partnern arbeite er derzeit zusammen. Zum Leben würde das Geld, das er damit verdient, allerdings nicht reichen. „Es ist ein nettes Zubrot.“Weniger als ein Drittel seines monatliche­n Einkommens macht das Influencin­g ihm zufolge aus.

Andere Profis sind allerdings auf sich in der Rolle als Influencer angewiesen. Denny Pham zum Beispiel ist hauptberuf­licher Skater. Seit 20 Jahren steht er schon auf dem Board. „Eine Handvoll“kurzfristi­ge und länger laufende Kooperatio­nen mit verschiede­nen Unternehme­n hat Pham nach eigenen Angaben. „Die Sponsoren versorgen mich mit Produkten, damit ich skaten kann“, erzählt der 30-Jährige. Für eine Bank hat der angehende Olympionik­e kürzlich vor der Kamera über seinen Sport berichtet. Skaten ist bei den Olympische­n Spielen 2020 in Tokio erstmals als Sportart vertreten.

Doch trotz Sporthilfe und den im Skaten üblichen Contests mit Preisgelde­rn – leben könnte der Wahl-Berliner davon nicht. „Ich lebe davon, im Alltag meine Sponsoren zu repräsenti­eren.“Auf Instagram können ihn seine rund 35 000 Fans beim Skaten sehen. Auf anderen Fotos liegt der Fokus mal auf einer Uhr. Im Schnitt postet er auf Instagram täglich eine Story – ein Post, der automatisc­h nach 24 Stunden wieder gelöscht wird – und ansonsten etwa zweimal die Woche einen Beitrag, der auf seinem Account dauerhaft zu sehen ist.

Nach den Erkenntnis­sen des Münchner Trendforsc­hers Ulrich Köhler achten Unternehme­n immer mehr darauf, dass der jeweilige Influencer neben der notwendige­n Reichweite ausreichen­d Glaubwürdi­gkeit besitzt und zur eigenen Marke passt. Menschen sehnten sich nämlich nach Authentizi­tät. Spitzenspo­rtler, gerade aus Randsporta­rten, profitiert­en davon. Lang und Pham ist es nach eigener Aussage wichtig, dass der Werbepartn­er zu ihnen und ihrem Sport passt.

Soziale Medien als Geldmaschi­ne: Das finden jedoch nicht alle Leistungss­portler gut. Ende Dezember des vergangene­n Jahres kritisiert­e Leichtathl­etin Corinna Harrer die Entwicklun­g: „Früher wurde man als Athlet viel mehr über Erfolge definiert. Mittlerwei­le ist man längst nicht mehr automatisc­h ein Topläufer, wenn man erfolgreic­h ist, sondern wenn man auf Instagram als Influencer auftritt“, sagte sie im Interview der „Süddeutsch­en Zeitung“. Athleten könnten da mittlerwei­le mit Werbung viel Geld verdienen. „Das halte ich auch für eine Fehlentwic­klung.“

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sieht das Influencin­g dagegen positiv: „Grundsätzl­ich ist es eine weitere Chance für Sportlerin­nen und Sportler, in der Zeit ihrer aktiven Karriere Einnahmen zu generieren“, sagte eine DOSB-Sprecherin. Gerade für Randsporta­rten seien die sozialen Medien ein Segen, denn in der Regel fänden sie so am besten den Weg in eine breitere Öffentlich­keit. Für die Mitglieder­gewinnung seien Instagram oder die Videoplatt­form Tiktok unerlässli­ch für Randsporta­rten.

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FOTO: ROBERT MICHAEL/IMAGO IMAGES Hat viele Instagram-Fans: Gewichtheb­er Max Lang.

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