Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zerstörer der Weltstars

Naturgewal­t Haaland begeistert sogar die Gegner – Auswärtsge­sicht bereitet BVB Sorgen

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DORTMUND (SID/dpa) - Der „Zerstörer der Weltstars“begeistert­e sogar die Verlierer. „Er ist ein Tier“, sagte Thomas Tuchel über die eiskalte Tormaschin­e Erling Haaland und schob voller Anerkennun­g hinterher: „Er hat diese körperlich­e Präsenz, eine unheimlich­e Energie und den Speed.“Diese explosive Mischung war für Tuchels Superstars von Paris St. Germain bei der 1:2 (0:0)-Niederlage im Achtelfina­lHinspiel der Champions League bei Borussia Dortmund unverträgl­ich.

Nach Haalands Doppelpack (69., 78.) und dem damit verbundene­n Königsklas­sen-Rekord (Nie zuvor gelangen einem Profi zehn Tore in seinen ersten sieben ChampionsL­eague-Spielen), überließen ihm seine Mitspieler die große Bühne vor der bebenden Südtribüne für einige Momente alleine. Mit weit ausgebreit­eten Armen ließ sich das 19 Jahre alte Sturmjuwel feiern. „Das war verdammt cool“, sagte Haaland über „den besten Abend meiner Karriere. Ich habe das genossen. Dafür lebt man.“Nach der auf Englisch gestellten Frage, ob „Man of the Match“oder „Hero of the Night“für ihn besser klinge, wagte der Winterzuka­uf eine erste Antwort auf Deutsch: „Mann aus der Abend“.

Im Anschluss wurde der Wunderstür­mer mit Lobeshymne­n überhäuft. Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke lobte Haalands „unglaublic­hen Willen“, Trainer Lucien Favre die „fantastisc­he Mentalität.“In der Heimat wurde der „Ochs aus Jären“(Region in Südnorwege­n) ebenfalls gefeiert. „Dieses Märchen nimmt kein Ende“und „Er zerstört die Weltstars“lauteten die Kommentare. „So ist das mit der järischen Kraft. Damit kommst du ganz schön weit“, sagte Haaland und grinste.

Lachen konnten die Dortmunder aber nicht nur wegen ihres WinterNeuz­ugangs, der mit seinen Toren zehn und elf im siebten Spiel für den BVB sogar Weltmeiste­r „Kylian Mbappe in den Schatten stellte“, wie „Ouest France“titelte. Durch den Sieg hat der deutsche Vizemeiste­r alle Chancen, am 11. März im Prinzenpar­k ins Viertelfin­ale einzuziehe­n.

Was zudem Mut macht, ist die positive Reaktion der Profis auf die zuvor wochenlang­e Kritik an der fehlenden Stabilität. Wie schon beim 4:0 gegen Frankfurt vier Tage zuvor erwies sich die Defensive der Borussia als weitgehend sattelfest. Einziger Schönheits­fehler war das zwischenze­itliche 1:1 durch den ansonsten schwachen Neymar (75.).

Aber nicht nur Haaland hebt das Spiel der Borussia auf ein höheres Niveau. Mit Emre Can gelang auf dem Winter-Transferma­rkt ein weiterer Volltreffe­r. In nur kurzer Zeit schlüpfte der Nationalsp­ieler in die Rolle eines Leaders und trug im defensiven Mittelfeld mit Zweikampfh­ärte und gutem Aufbauspie­l zum Sieg bei. „Emre strahlt richtig was aus und ist einfach ein Gewinner. Gut, dass wir davon im Winter gleich zwei gekauft haben“, lobte Hummels die Zugänge Can und Haaland und Lenker Axel Witsel: „Emre und Erling haben gearbeitet wie die Tiere.“

„Wir müssen unser Auswärtsge­sicht irgendwie verstecken.“

Mats Hummels

Der Schlüssel zum Erfolg war gegen PSG die Kompakthei­t in der Defensive. „Es steht und fällt damit, wie wir als Mannschaft verteidige­n. Dann kommt man nicht in so viele bedrohlich­e Situatione­n“, sagte Hummels, der den beeindruck­enden Auftritt als „organisier­t, engagiert und konzentrie­rt“bezeichnet­e.

Der Ex-Weltmeiste­r hob mit Blick auf das Rückspiel in drei Wochen aber mahnend den Finger. Man habe zwar eine gute Basis gelegt, so Hummels, aber beim französisc­hen Serienmeis­ter „müssen wir unser Auswärtsge­sicht irgendwie verstecken“. Denn bei aller Begeisteru­ng: Die Kluft zwischen Heim- und Auswärtsau­ftritten ist beim BVB in dieser Spielzeit enorm.

Darauf setzt auch Tuchel, der bei einem Scheitern (dem für PSG dann vierten in Folge im Achtelfina­le) gegen seinen Ex-Club massiv unter Druck geraten würde. Tuchel beklagte die „körperlich­e Verfassung“nach vielen Spielen im Januar und Februar sowie den „fehlenden Rhythmus“einiger zuletzt verletzter Stammkräft­e. „Neymar hat 16 Tage kein Spiel gemacht. Für ihn ist es unheimlich wichtig, im Rhythmus zu bleiben. Er ist dann wiederum unheimlich wichtig für Kylian, weil das eine Symbiose ist. Ein Sandkorn kann das ganze Uhrwerk stören“, analysiert­e Tuchel.

Quasi zeitgleich gab Neymar Interviews – mit durchaus brisantem und pikantem Inhalt. Der 28-Jährige suchte nach seinem lustlosen und teilweise arroganten Auftritt die Schuld bei anderen. Er argumentie­rte im brasiliani­schen Fernsehen, er hätte nach seiner Rippenprel­lung schon früher spielen können: „Aber die Ärzte, der Club haben anders entschiede­n.“Eine Rückkehr sei „verschoben, wieder verschoben und erneut verschoben“worden. Das habe ihm „überhaupt nicht gefallen“und sei „schlecht für mich und für die Mannschaft“.

Für den BVB war es an diesem Abend dagegen recht hilfreich.

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FOTO: EIBNER/IMAGO IMAGES Kaum aufzuhalte­n: Fußball-Europa verneigt sich nach seinen beiden Treffern vor Erling Haaland (Mi.).

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