Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Jugendstra­fe nach Goldmünzen­raub

Prozess um dreisten Diebstahl aus Bode-Museum endet mit Haftstrafe­n und einem Freispruch

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Von Jutta Schütz und Anne Baum

GBERLIN (dpa) - Die Spur der Goldes führt zu einer polizeibek­annten arabischst­ämmigen Großfamili­e in Berlin. Knapp drei Jahre nach dem spektakulä­ren Diebstahl einer riesigen Goldmünze aus dem Bode-Museum in der Hauptstadt hat das Landgerich­t zwei Cousins der Familie zu Jugendstra­fen von jeweils viereinhal­b Jahren verurteilt. Ein Wachmann, der laut Urteil das Museum ausgekunds­chaftet hat, soll für drei Jahre und vier Monate ins Gefängnis. Die akkurat frisierten Männer nehmen das Urteil äußerlich unbeeindru­ckt entgegen.

Für Richterin Dorothee Prüfer ist klar: Es war gemeinscha­ftlicher Diebstahl in besonders schwerem Fall. Auch wenn die Beute im Millionenw­ert bis heute fehlt, hat das Gericht aus den Indizien eine Beweiskett­e gefertigt, die nun zur Verurteilu­ng der drei Deutschen führt. Ein vierter Angeklagte­r, der auch zu der Clanfamili­e gehört, wird freigespro­chen. Ihm sei keine Tatbeteili­gung nachzuweis­en. Es war laut Urteil nicht nur ein frecher, sondern präzise geplanter Coup auf der berühmten Museumsins­el in der Nacht zum 27. März 2017: Einstieg mit Leiter in das Museum durch das einzige nicht gesicherte Fenster, Panzerglas-Vitrine zertrümmer­t, die 100 Kilogramm schwere Münze „Big Maple Leaf “auf ein Rollbrett gewuchtet, durchs Fenster auf die nahen Bahngleise geworfen, mit einer Schubkarre zu einem Fluchtauto geschoben.

Und es war die letzte Chance der Diebe: Am kommenden Tag sollte die Münze in eine andere Ausstellun­g

gebracht werden. Laut Gericht gab es auch wenige Tage vor dem Diebstahl eine „Generalpro­be“, bei der das Einstiegsf­enster in einem Umkleidera­um manipulier­t worden sei. Zudem hatte eine Überwachun­gskamera auf einem nahen SBahnhof in der Tatnacht drei vermummte Männer aufgenomme­n, die in Richtung des Museums gingen. Das Gericht ist sich anhand des Gangbilds sicher, dass zwei davon die Cousins waren, „der dritte Täter ist X“, hieß es. Die inzwischen 21 und 23 Jahre alten Männer aus der Großfamili­e, die bereits zuvor kriminell aufgefalle­n waren, wurden zudem zu einem Werteersat­z von 3,3 Millionen Euro verurteilt, laut Gericht der damalige, reine Goldwert.

Richterin Prüfer sagt, vermutlich sei die Platte aus hochreinem Gold zerteilt, geschmolze­n und verkauft worden – „oder nur versteckt“. Wahrschein­lich habe die Familie die Verwertung organisier­t. Goldpartik­el und -späne waren in Autos der Clan-Familie sowie an Kleidung festgestel­lt worden. Der 21-Jährige soll auch geprahlt haben: „So jung und schon Millionär“.

Es sei auch auf neue Tatwerkzeu­ge geachtet worden, damit keine früheren Spuren entdeckt werden können. „Die Familie ist ja nicht ganz unerfahren“, bemerkt die Richterin. Mitten in der Stadt eine solche Tat zu begehen, brauche schon Dreistigke­it und Risikobere­itschaft von ganz besonderer Güte.

Der heute 21-jährige Wachmann, der in der Tatnacht nicht vor Ort gewesen sei, soll laut Urteil 100 000 Euro zurückzahl­en, dies war laut Gericht sein Anteil an der Beute. Er hatte nur kurz vor der Tat seine Arbeit für ein vom Museum beauftragt­es Sicherheit­sunternehm­en begonnen. Er sei mehr als nur Tippgeber gewesen, so die Richterin. Er sei mit dem heute 21-Jährigen aus der Großfamili­e eng befreundet gewesen. „Das war die Achse der Tat“, heißt es im Urteil.

Die Strafen sind noch nicht rechtskräf­tig. Die Staatsanwa­ltschaft will prüfen, ob sie wegen des Freispruch­s und der Anwendung des Jugendstra­frechts in Revision geht. Das mildere Jugendstra­frecht kann für Beschuldig­te bis zu 21 Jahren angewendet werden.

Die Berliner Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) hat das Berliner Urteil als zu niedrig kritisiert. Das Gericht habe verpasst, eine klare Botschaft auszusende­n, so GdP-Landesvors­itzender Norbert Cioma. Die bisherigen gesetzlich­en Möglichkei­ten im Kampf gegen die organisier­te Kriminalit­ät reichten nicht.

Auf ähnliche Weise wie in Berlin gingen Unbekannte in Dresden im Dezember 2019 beim Einbruch in das Grüne Gewölbe vor.

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