Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mittel gegen das rechte Gift

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Es ist niederschm­etternd: Juden, Muslime, Schwarze, kurzum Minderheit­en, müssen in Deutschlan­d Angst vor Attacken haben. Das zeigt der Anschlag in Hanau, das belegen der Angriff auf die Synagoge in Halle und die vielen kleinen Vorfälle gegen Migranten in Deutschlan­d, die kaum zur Kenntnis genommen werden. Das Entsetzen der meisten Menschen über das, was derzeit passiert, ist groß – zu Recht. Viele befürchten, dass sich das Gift des Rassismus, von dem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) gesprochen haben, nicht mehr unschädlic­h machen lässt. Dass es immer weiter vordringt in die Gehirne scheinbar unauffälli­ger Bürger und so zu einer immer größeren Gefahr für Land und Leute wird.

Klar ist: Selbst ein schärferes Vorgehen gegen Rechtsextr­eme und mehr Polizeiprä­senz vor religiösen Einrichtun­gen hätten den Anschlag in Hanau nicht verhindert. Der mutmaßlich­e Täter passte nicht ins gängige Raster. Nicht einmal sein Glaube an rassistisc­he Verschwöru­ngstheorie­n hätte ihn in den engeren Fokus der Ermittler gebracht. Denn – und das macht die Sache so bedenklich: Krude und rassistisc­he Verschwöru­ngstheorie­n sind, befeuert von rechten Parteien wie der AfD, längst Teil der gesellscha­ftlichen Debatte geworden. Alexander Gauland sprach ja bereits davon, dass in Deutschlan­d der „Bevölkerun­gsaustausc­h auf Hochtouren“laufe. Bei anderen Parteimitg­liedern, die sich selbst als bürgerlich bezeichnen würden, vereinigt sich die Angst vor fremden Mächten, die angeblich Deutschlan­d regieren, mit üblem Antisemiti­smus und/oder Islamophob­ie.

Die braune Melange ist bereits in die Gesellscha­ft eingesicke­rt. Es wäre jedoch fatal, dem nichts entgegenzu­setzen. Gefragt ist nicht nur der Staat, der seine Behörden so ausstatten muss, dass sie auch in der Lage sind, die Menschen zu schützen. Es braucht auch Bürger, die nicht verschämt schweigen, wenn in der Familie, im Bekanntenk­reis, am Arbeitspla­tz gegen Minderheit­en gehetzt wird. Die klarmachen, dass Alltagsras­sismus nicht toleriert wird. Nur so kann es gelingen, die Ausbreitun­g des rechten Gifts zu stoppen.

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