Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mittel gegen das rechte Gift
Es ist niederschmetternd: Juden, Muslime, Schwarze, kurzum Minderheiten, müssen in Deutschland Angst vor Attacken haben. Das zeigt der Anschlag in Hanau, das belegen der Angriff auf die Synagoge in Halle und die vielen kleinen Vorfälle gegen Migranten in Deutschland, die kaum zur Kenntnis genommen werden. Das Entsetzen der meisten Menschen über das, was derzeit passiert, ist groß – zu Recht. Viele befürchten, dass sich das Gift des Rassismus, von dem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) gesprochen haben, nicht mehr unschädlich machen lässt. Dass es immer weiter vordringt in die Gehirne scheinbar unauffälliger Bürger und so zu einer immer größeren Gefahr für Land und Leute wird.
Klar ist: Selbst ein schärferes Vorgehen gegen Rechtsextreme und mehr Polizeipräsenz vor religiösen Einrichtungen hätten den Anschlag in Hanau nicht verhindert. Der mutmaßliche Täter passte nicht ins gängige Raster. Nicht einmal sein Glaube an rassistische Verschwörungstheorien hätte ihn in den engeren Fokus der Ermittler gebracht. Denn – und das macht die Sache so bedenklich: Krude und rassistische Verschwörungstheorien sind, befeuert von rechten Parteien wie der AfD, längst Teil der gesellschaftlichen Debatte geworden. Alexander Gauland sprach ja bereits davon, dass in Deutschland der „Bevölkerungsaustausch auf Hochtouren“laufe. Bei anderen Parteimitgliedern, die sich selbst als bürgerlich bezeichnen würden, vereinigt sich die Angst vor fremden Mächten, die angeblich Deutschland regieren, mit üblem Antisemitismus und/oder Islamophobie.
Die braune Melange ist bereits in die Gesellschaft eingesickert. Es wäre jedoch fatal, dem nichts entgegenzusetzen. Gefragt ist nicht nur der Staat, der seine Behörden so ausstatten muss, dass sie auch in der Lage sind, die Menschen zu schützen. Es braucht auch Bürger, die nicht verschämt schweigen, wenn in der Familie, im Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz gegen Minderheiten gehetzt wird. Die klarmachen, dass Alltagsrassismus nicht toleriert wird. Nur so kann es gelingen, die Ausbreitung des rechten Gifts zu stoppen.