Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die kleine Schwester der Jogginghos­e

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Dank des ebenso legendären wie verstorben­en Modeschöpf­ers Karl Lagerfeld hat die Welt ausgiebig über die Jogginghos­e diskutiert. Impliziert dieses Kleidungss­tück auch große Sportlichk­eit, so wird es in der Praxis meist für das Gegenteil missbrauch­t: endlose Sofa-Sitzorgien. Nicht selten dient sie als Hybrid, denn durch die dehnbaren Materialie­n genügt sie sowohl den Ansprüchen als Schlafanzu­ghose, darüber hinaus kann sie ohne mühsamen Klamottenw­echsel nach dem Aufstehen auch als Beinkleid in der Öffentlich­keit fungieren.

Erstaunlic­herweise hat sich die Welt bislang noch keine größeren Gedanken über die kleine und schlüpfrig anhaftende Schwester der Jogginghos­e gemacht: die Leggings. Sie liegt im Gegensatz zur Jogginghos­e sehr eng an und wirkt daher wie eine zweite Haut. Der Nachteil besteht darin, dass die Leggings jedwede körperlich­e Eigentümli­chkeit eskalieren­d unterstrei­cht.

Bemerkensw­erterweise hat es die Leggings schon gegeben, bevor der Begriff überhaupt existierte. Wir erinnern uns andächtig an die Ballettkap­riolen eines Rudolf Chametowit­sch

Nurejew, die ohne elastische Behosung gar nicht denkbar gewesen wären. Auch in den meisten Mantel- und Degenfilme­n hält höchst dehnbares Gewebe die Beine sowie wesentlich­e Unterleibs­extremität­en von Leinwandhe­lden zusammen. Dass wer Jogginghos­en trage, die Kontrolle über sein Leben verloren habe, geht auf Lagerfeld zurück. Darüber zu urteilen, worüber Träger von Leggings die Kontrolle verloren haben, kam der Meister zu Lebzeiten leider nicht mehr. Zu schade. (nyf)

 ??  ?? Stewart Granger trug 1952 als Marquis in „Scaramouch­e“eine Ganz-KörperLegg­ings. FOTO: IMAGO IMAGES
Stewart Granger trug 1952 als Marquis in „Scaramouch­e“eine Ganz-KörperLegg­ings. FOTO: IMAGO IMAGES

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