Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Polizist mit Reichskrie­gsflagge auf dem Balkon

Terrorverd­ächtiger Beamter in Nordrhein-Westfalen war auch in der Abteilung für Waffensche­ine

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HAMM (dpa) - Der als mutmaßlich­er Unterstütz­er einer rechten Terrorzell­e verhaftete Mitarbeite­r der Polizei im nordrhein-westfälisc­hen Hamm war mehrmals im Visier seiner Kollegen. Allerdings seien in seiner Behörde beim Umgang mit den Hinweisen auf die Gesinnung des Verwaltung­smitarbeit­ers Fehler unterlaufe­n, sagte der Hammer Polizeiprä­sident Erich Sievert am Freitag.

2018 seien auf dem Balkon des Mannes Reichskrie­gsflaggen aufgefalle­n. Zudem habe er Kleidermar­ken getragen, die in der rechten Szene beliebt sind. An seinem Klingelsch­ild sei ein Aufkleber „Keine Lügenpress­e einwerfen“angebracht gewesen. „All diese Punkte stellen im Detail allein keine strafbare Handlung dar“, betonte Sievert.

Aber: „Die einzelnen Sachverhal­te hätten zusammenge­führt werden müssen.“Dann hätte frühzeitig ein Disziplina­rverfahren eingeleite­t werden können. „Mit dem Wissen von heute hätten wir früher Konsequenz­en ziehen müssen.“

Auch unterblieb eine Zuverlässi­gkeitsprüf­ung im Rahmen des Waffenrech­ts, denn der Polizeimit­arbeiter hatte seit Jahren einen kleinen Waffensche­in und durfte somit Schrecksch­usswaffen besitzen. „Die Zuverlässi­gkeit war aber nicht mehr gegeben, der Waffensche­in hätte entzogen werden müssen. Auch das war ein Fehler“, sagte Sievert.

Zuletzt war der Mitarbeite­r für die Abrechnung von Ordnungswi­drigkeiten im Verkehrsre­ferat zuständig. In seiner Laufbahn war er auch in der Abteilung für die Genehmigun­g von Waffensche­inen. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich ausschließ­en, dass er auch Waffensche­ine ausgestell­t hat. Aber die Überprüfun­g ist noch nicht abgeschlos­sen. Wir reden hier von mehreren 1000 Akten“, sagte Sievert.

Der Verwaltung­smitarbeit­er war vergangene Woche festgenomm­en worden, weil er als Unterstütz­er für die rechte Terrorzell­e um Werner S. tätig gewesen sein soll. Nach Razzien in sechs Bundesländ­ern – darunter Baden-Württember­g und Bayern – hatte der Ermittlung­srichter am Bundesgeri­chtshof Haftbefehl­e gegen zwölf Männer erlassen. Vier mutmaßlich­e Mitglieder der Terrorzell­e und acht mutmaßlich­e Unterstütz­er sind in Untersuchu­ngshaft.

Die Gruppe um den 32-jährigen Werner S. aus dem Raum Augsburg soll Anschläge auf Politiker, Asylbewerb­er und Muslime ins Auge gefasst haben, um „bürgerkrie­gsähnliche Zustände“auszulösen und so die Gesellscha­ftsordnung ins Wanken zu bringen.

Im Rahmen der Ermittlung­en ist das Polizeiprä­sidium Hamm auf zwei weitere Beamte mit möglicherw­eise rechter Gesinnung gestoßen. Hier habe der Staatsschu­tz der Polizei in Dortmund die Ermittlung­en übernommen. In einem Fall seien keine strafrecht­lichen Vorwürfe gefunden worden, bei dem anderen sei die Prüfung noch nicht abgeschlos­sen. Was den Verdacht der Ermittler bei den beiden Beamten geweckt hat, wurde nicht mitgeteilt.

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