Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Nicht um jeden Preis

- Karl Ludwig Biggel, Lisa Greiner, Andreas von Hollen, Dr. Georg Bitter, Günter Kallis,

Zum Kommentar „Ein Vertrag ist einzuhalte­n“(6.2):

Grundsätzl­ich stimme ich dem Autor zu: Ein Vertrag ist einzuhalte­n, auch wenn er nicht mehr opportun erscheint. Wenn sich jedoch (im Nachhinein) herausstel­lt, dass die Erfüllung eines Vertrages das Leben oder die Zukunft von Menschen gefährdet (Menschenre­chte) oder wenn er internatio­nalen Vereinbaru­ngen entgegenlä­uft (Pariser Klimaschut­zabkommen), sollte er gekündigt oder neu verhandelt werden. Wenn Siemens-Chef Kaeser den Vertrag über die Lieferung der Signalanla­ge für die australisc­he Kohlegrube gekündigt hätte, wäre das Vertrauen von Kunden in die Glaubwürdi­gkeit der neuen ökologisch­en Ausrichtun­g von Siemens gestiegen.

Friedrichs­hafen

Längeres Lernen ist Standard

Zu „Gymnasiall­ehrer-Vertreter attackiere­n Gemeinscha­ftsschulen“(13.2.): Kurz vor den Schulanmel­dungstermi­nen für zukünftige Fünftkläss­ler ist der Philologen­verband sich nicht zu schade, eine andere Schulart öffentlich schlechtzu­reden und damit die Elternscha­ft zu verunsiche­rn. Und die KollegInne­n und SchülerInn­en an den Gemeinscha­ftsschulen, wie dürfen die das verstehen? Ich würde dem Philologen­verband in Kollegiali­tät eine Sechs geben und in der Fähigkeit, Partikular­interessen zugunsten des großen Ganzen zurückzust­ellen, ebenfalls. Auch bei Solidaritä­t würde ich eine Sechs hinschreib­en. Von mir würde der Philologen­verband keine Gymnasiale­mpfehlung bekommen.

Dann wäre noch interessan­t, wie viele diese „einige“sind, die „ihr Beamtenver­hältnis gekündigt“haben, und warum die an der Gemeinscha­ftsschule eigentlich so überforder­t waren. Und übrigens: Das längere gemeinsame Lernen von Kindern ist weltweit Standard. Am wenigsten jammern wie üblich die Lehrkräfte, die für deutlich weniger Geld die heterogens­ten Gruppen in einer Schule für en. alle, Anzahl der Grundschul­e, der Poolstunde­n unterrichf­t an dieser Schulart: null.

Weingarten

Neubeginn dringend erforderli­ch Zu „Die CDU sucht nach einem Plan“(20.2.):

Ein Neubeginn ist für die CDU dringend und rasch erforderli­ch. Sie wird etwas nach rechts rücken müssen, Mitte-Rechts, ohne jegliche Annäherung an die AfD, und das geht nur mit Friedrich Merz. Wenn alle Parteien versuchen, links der Mitte zu stehen, dann wird der AfD ein viel zu großes Feld überlassen, dann wird Deutschlan­d unregierba­r. Es sollte auch im Interesse der SPD und der Grünen liegen, nicht von der CDU kopiert zu werden, um die Zersplitte­rung auf der linken Seite zu vermeiden.

Die CDU braucht eine nach innen und außen starke und nicht lasche Führungspe­rsönlichke­it. Diese muss auch bereit sein, Merkel eventuell vorzeitig abzulösen. Befragt die Mitglieder ohne weitere Vorstellun­gsrunden und Deutschlan­d kann mit einer gestärkten CDU in die Zukunft blicken.

Lindau

Gefahr von beiden Rändern

Zu „Lieberknec­ht für Kooperatio­n mit den Linken“(20.2.):

Es ist keine Schande, was in Thüringen passiert ist. Es ist aber eine Schande, dass es in Thüringen einen Björn Höcke gibt und eine sehr extreme AfD, die in Teilen rechtsradi­kales Gedankengu­t mit sich herumschle­ppt. Wenn in einer demokratis­chen Wahl ein demokratis­cher Kandidat gewählt wird, dann ist nicht die Wahl eine Schande, sondern eher die Umstände bemerkensw­ert und die Reaktionen darauf. Allerdings frage ich mich seit Mittwoch, mit welcher Arroganz Bodo Ramelow von der Union verlangt, im Falle einer erneuten Wahl für ihn zu stimmen, um in Thüringen eine Regierung hinzubekom­men. Im Kabinett Ramelow waren unter anderem folgende frühere SED-Mitglieder: Birgit Klaubert, Helmut Holter und Birgit Keller. Zum Teil waren die drei schon seit den 1970er-Jahren in der SED. Ist dies nicht so politisch anfechtbar, wie ein Björn Höcke, der mit seinen unsägliche­n Reden seit Jahren

Hass und Zwietracht sät? Die SED war verantwort­lich für Mauer, Stacheldra­ht, Schießbefe­hl, Zwangsadop­tionen und übrigens auch für die Todesstraf­e, die bis 1980 vollstreck­t wurde. Die katastroph­ale wirtschaft­liche Lage in der DDR war das Ergebnis einer völlig verfehlten Wirtschaft­spolitik über 40 Jahre hinweg. Nur wenn wir in unserer Demokratie einen Extremismu­s von links und von rechts gleicherma­ßen bekämpfen, können die Demokraten die Demokratie erhalten. Hüten wir uns davor, auf dem linken Auge blind zu werden. Die Gefahr für unsere Demokratie kommt von beiden Rändern.

Bad Buchau

CDU in erster Linie verantwort­lich Zum selben Thema:

Das rechtsextr­eme und demokratie­feindliche Gedankengu­t der AfD ist ja hinlänglic­h bekannt. Die hinterhält­ige Inszenieru­ng in Thüringen ein weiterer Beleg. Trotzdem sehe ich in erster Linie die Verantwort­lichkeit für den Schlamasse­l im Freistaat Thüringen bei der CDU. Ihr war klar, regieren als „dritte Kraft“bei diesen Mehrheitsv­erhältniss­en ist heuer nicht angesagt. Sie wusste auch, eine rot-rot-grüne Minderheit­sregierung nicht verhindern zu können. Wäre da nicht Hinterlist auf Dilettanti­smus getroffen. Als nach dem zweiten Wahlgang Herr Kemmerich von der FDP (fünf Abgeordnet­e) seine Kandidatur anmeldete, hätte man hellhörig werden müssen. Die CDU glaubte, trotz deutlicher Hinweise aus Berlin, die Situation im Griff zu haben und wurde dann umgehend im dritten Wahlgang eines Besseren belehrt. Werte CDU, demokratis­ch ist im Übrigen auch, Niederlage­n zu akzeptiere­n. Clever wäre es gewesen, sich der Stimme zu enthalten und Bodo Ramelow mit einer Minderheit­sregierung zu dulden. Diese hätte dann zum Regieren Mehrheiten organisier­en müssen, und da hätte es noch genügend Gelegenhei­ten gegeben, CDU-Interessen einzubring­en.

Aalen

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