Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Nicht um jeden Preis
Zum Kommentar „Ein Vertrag ist einzuhalten“(6.2):
Grundsätzlich stimme ich dem Autor zu: Ein Vertrag ist einzuhalten, auch wenn er nicht mehr opportun erscheint. Wenn sich jedoch (im Nachhinein) herausstellt, dass die Erfüllung eines Vertrages das Leben oder die Zukunft von Menschen gefährdet (Menschenrechte) oder wenn er internationalen Vereinbarungen entgegenläuft (Pariser Klimaschutzabkommen), sollte er gekündigt oder neu verhandelt werden. Wenn Siemens-Chef Kaeser den Vertrag über die Lieferung der Signalanlage für die australische Kohlegrube gekündigt hätte, wäre das Vertrauen von Kunden in die Glaubwürdigkeit der neuen ökologischen Ausrichtung von Siemens gestiegen.
Friedrichshafen
Längeres Lernen ist Standard
Zu „Gymnasiallehrer-Vertreter attackieren Gemeinschaftsschulen“(13.2.): Kurz vor den Schulanmeldungsterminen für zukünftige Fünftklässler ist der Philologenverband sich nicht zu schade, eine andere Schulart öffentlich schlechtzureden und damit die Elternschaft zu verunsichern. Und die KollegInnen und SchülerInnen an den Gemeinschaftsschulen, wie dürfen die das verstehen? Ich würde dem Philologenverband in Kollegialität eine Sechs geben und in der Fähigkeit, Partikularinteressen zugunsten des großen Ganzen zurückzustellen, ebenfalls. Auch bei Solidarität würde ich eine Sechs hinschreiben. Von mir würde der Philologenverband keine Gymnasialempfehlung bekommen.
Dann wäre noch interessant, wie viele diese „einige“sind, die „ihr Beamtenverhältnis gekündigt“haben, und warum die an der Gemeinschaftsschule eigentlich so überfordert waren. Und übrigens: Das längere gemeinsame Lernen von Kindern ist weltweit Standard. Am wenigsten jammern wie üblich die Lehrkräfte, die für deutlich weniger Geld die heterogensten Gruppen in einer Schule für en. alle, Anzahl der Grundschule, der Poolstunden unterrichft an dieser Schulart: null.
Weingarten
Neubeginn dringend erforderlich Zu „Die CDU sucht nach einem Plan“(20.2.):
Ein Neubeginn ist für die CDU dringend und rasch erforderlich. Sie wird etwas nach rechts rücken müssen, Mitte-Rechts, ohne jegliche Annäherung an die AfD, und das geht nur mit Friedrich Merz. Wenn alle Parteien versuchen, links der Mitte zu stehen, dann wird der AfD ein viel zu großes Feld überlassen, dann wird Deutschland unregierbar. Es sollte auch im Interesse der SPD und der Grünen liegen, nicht von der CDU kopiert zu werden, um die Zersplitterung auf der linken Seite zu vermeiden.
Die CDU braucht eine nach innen und außen starke und nicht lasche Führungspersönlichkeit. Diese muss auch bereit sein, Merkel eventuell vorzeitig abzulösen. Befragt die Mitglieder ohne weitere Vorstellungsrunden und Deutschland kann mit einer gestärkten CDU in die Zukunft blicken.
Lindau
Gefahr von beiden Rändern
Zu „Lieberknecht für Kooperation mit den Linken“(20.2.):
Es ist keine Schande, was in Thüringen passiert ist. Es ist aber eine Schande, dass es in Thüringen einen Björn Höcke gibt und eine sehr extreme AfD, die in Teilen rechtsradikales Gedankengut mit sich herumschleppt. Wenn in einer demokratischen Wahl ein demokratischer Kandidat gewählt wird, dann ist nicht die Wahl eine Schande, sondern eher die Umstände bemerkenswert und die Reaktionen darauf. Allerdings frage ich mich seit Mittwoch, mit welcher Arroganz Bodo Ramelow von der Union verlangt, im Falle einer erneuten Wahl für ihn zu stimmen, um in Thüringen eine Regierung hinzubekommen. Im Kabinett Ramelow waren unter anderem folgende frühere SED-Mitglieder: Birgit Klaubert, Helmut Holter und Birgit Keller. Zum Teil waren die drei schon seit den 1970er-Jahren in der SED. Ist dies nicht so politisch anfechtbar, wie ein Björn Höcke, der mit seinen unsäglichen Reden seit Jahren
Hass und Zwietracht sät? Die SED war verantwortlich für Mauer, Stacheldraht, Schießbefehl, Zwangsadoptionen und übrigens auch für die Todesstrafe, die bis 1980 vollstreckt wurde. Die katastrophale wirtschaftliche Lage in der DDR war das Ergebnis einer völlig verfehlten Wirtschaftspolitik über 40 Jahre hinweg. Nur wenn wir in unserer Demokratie einen Extremismus von links und von rechts gleichermaßen bekämpfen, können die Demokraten die Demokratie erhalten. Hüten wir uns davor, auf dem linken Auge blind zu werden. Die Gefahr für unsere Demokratie kommt von beiden Rändern.
Bad Buchau
CDU in erster Linie verantwortlich Zum selben Thema:
Das rechtsextreme und demokratiefeindliche Gedankengut der AfD ist ja hinlänglich bekannt. Die hinterhältige Inszenierung in Thüringen ein weiterer Beleg. Trotzdem sehe ich in erster Linie die Verantwortlichkeit für den Schlamassel im Freistaat Thüringen bei der CDU. Ihr war klar, regieren als „dritte Kraft“bei diesen Mehrheitsverhältnissen ist heuer nicht angesagt. Sie wusste auch, eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung nicht verhindern zu können. Wäre da nicht Hinterlist auf Dilettantismus getroffen. Als nach dem zweiten Wahlgang Herr Kemmerich von der FDP (fünf Abgeordnete) seine Kandidatur anmeldete, hätte man hellhörig werden müssen. Die CDU glaubte, trotz deutlicher Hinweise aus Berlin, die Situation im Griff zu haben und wurde dann umgehend im dritten Wahlgang eines Besseren belehrt. Werte CDU, demokratisch ist im Übrigen auch, Niederlagen zu akzeptieren. Clever wäre es gewesen, sich der Stimme zu enthalten und Bodo Ramelow mit einer Minderheitsregierung zu dulden. Diese hätte dann zum Regieren Mehrheiten organisieren müssen, und da hätte es noch genügend Gelegenheiten gegeben, CDU-Interessen einzubringen.
Aalen