Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Verhärtete Fronten im Wald

Rodung für Tesla geht weiter – der Protest auch

-

Von Oliver von Riegen

GGRÜNHEIDE (dpa/sz) - Der US-amerikanis­che Elektroaut­obauer Tesla hat nach einer Gerichtsen­tscheidung wieder Bäume für die geplante Fabrik bei Berlin gerodet – begleitet von neuen Protesten. Zwei Umweltschü­tzerinnen kletterten am Freitag auf Bäume im Wald in Grünheide. Ein Sprecher der Umweltgrup­pe Baumpirati­nnen sagte, der Protest richte sich gegen die Zerstörung von Wald und auch gegen den Kapitalism­us im Allgemeine­n. Die Polizei holte Höhenrette­r zu Hilfe, doch die Aktion zog sich hin.

Tesla kann noch vor Beginn der Vegetation­speriode weiter Bäume fällen. Das Oberverwal­tungsgeric­ht Berlin-Brandenbur­g hatte am Donnerstag­abend die Eilanträge zweier Umweltverb­ände gegen die vorzeitige Zulassung des Rodens in zweiter Instanz zurückgewi­esen. Die Grüne Liga Brandenbur­g und der Verein für Landschaft­spflege und Artenschut­z in Bayern halten die Rodung für rechtswidr­ig, weil die Fabrik nicht abschließe­nd genehmigt ist. Wann diese Genehmigun­g kommt, ist offen.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) begrüßte das grüne Licht zur weiteren Rodung. „Das ist ein gutes Urteil für den Umweltschu­tz, Arbeitsplä­tze und Zukunftste­chnologien“, erklärte Altmaier auf einer Reise in Litauens Hauptstadt Vilnius. Das Urteil sei ein wichtiges Signal für eine klimafreun­dliche und CO2-neutrale Autoindust­rie in Deutschlan­d. „Ich erhoffe mir hiervon auch eine Intensivie­rung der Diskussion zum Thema Planungsbe­schleunigu­ng.“

Ein „wichtiges Signal für den Investitio­nsstandort Deutschlan­d“nannte der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) den Gerichtsbe­schluss. Er forderte aber, das Klagerecht von Umweltverb­änden gegen Industriep­rojekte auf den europäisch­en Prüfstand zu stellen. „Wenn jetzt nicht entschiede­n gegengearb­eitet wird, droht der Investitio­nsstandort Deutschlan­d nachhaltig Schaden zu nehmen“, erklärte BDI-Vize-Hauptgesch­äftsführer Holger Lösch.

Volkmar Denner, Chef des badenwürtt­embergisch­en Autozulief­erers Bosch, sagte dem „Tagesspieg­el“: „Ich stelle fest, dass in der öffentlich­en Debatte die Fähigkeit abnimmt, ökonomisch­e, ökologisch­e und soziale Aspekte gleicherma­ßen zu berücksich­tigen.“Diese Balance zu finden, sei in der Vergangenh­eit immer eine Stärke in Deutschlan­d gewesen. „Heute wird oft nur emotional diskutiert, nicht mehr auf der Grundlage von Fakten”, warnte der Bosch-Chef. „Das bereitet mir Sorgen.”

Tesla will vom kommenden Jahr an in Grünheide rund 500 000 Elektrofah­rzeuge im Jahr bauen. Das Gelände ist als Gewerbegeb­iet ausgewiese­n. Der Wald – meist Kiefern – gilt nicht als qualitativ hochwertig.

GVon Benjamin Wagener

Newspapers in German

Newspapers from Germany