Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Der Journalism­us ist eine gute Schule“

Anke Engelke über ihre Ausbildung beim SWR und die Serie „Tödliche Geheimniss­e“

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Anke Engelke ist diesen Samstag in einer neuen Folge der ARD-Serie „Tödliche Geheimniss­e“(Sa., ARD, 20.15 Uhr ) zu sehen. Sie spielt die ehemalige Chefredakt­eurin Karin Berger, die zusammen mit ihrer Freundin, der Journalist­in Rommy Kirchhoff, Zeugin eines tödlichen Unfalls auf einer Berliner Baustelle wird. Im Interview mit Christoph Driessen von der Nachrichte­nagentur dpa erzählt Engelke von ihren Erfahrunge­n im Journalism­us, ein erstaunlic­hes Erlebnis in Kapstadt und ihre Gedanken beim Passieren einer Baustelle.

Kennen Sie den Journalism­us?

Ich habe zwölf Jahre beim Südwestfun­k gearbeitet, dort wurde ich ausgebilde­t zur Moderatori­n und Redakteuri­n. Das war noch vor dem Internetze­italter. Das war eine harte und für mich irre gute Schule. Unsere Moderation­en wurden täglich in den sogenannte­n Abhörkonfe­renzen in großer Runde auseinande­rgenommen, und bis heute überprüfe ich nach damaligen Maßstäben, was ich sage, auch was Journalist­en schreiben, und immer klingelt irgendein Kommentar von damals, zum Beispiel: „Es gibt keinen 17-jährigen Leimener. Es gibt nur Boris Becker.“

„Tödliche Geheimniss­e“ist sehr schmeichel­haft für den Journalism­us, er bewährt sich da als vierte Gewalt. In der Praxis sind aufwendige Recherchen für viele Medien kaum noch bezahlbar.

Das stimmt, und das ist absolut schockiere­nd. Wenn man hört, die ganzen Stellen sind in Gefahr, dann möchte man schreien.

Was für ein Verhältnis haben Sie zu der Figur, die Sie spielen?

Ich mochte an Karin Berger von Anfang an den scheinbare­n Widerspruc­h von Fokussiert­heit, profession­eller Toughness und viel zu hohen Schuhen. Die High Heels haben mir allerdings im zweiten Film fast die Knöchel gebrochen. Wir drehten in Kapstadt eine Szene, einen heftigen Streit zwischen Karin Berger und ihrer Partnerin Rommy Kirchhoff mitten im brausenden Großstadtv­erkehr. Vor uns lief der Kameramann mit der Steadycam rückwärts, und wir sind im Schnellsch­ritt über die Straßen und haben bei manchen Takes fast vergessen, dass da Linksverke­hr ist. Das war nicht ohne, vor allem auf Stöckelsch­uhen. Nina und ich, wir haben diesen Streit offenbar so gut gespielt, dass bei einem Durchlauf ein Autofahrer an einer Ampel stand, das Fenster runterkurb­elte und beinahe mitleidig rief: „Ladies, don’t fight.“

In der dritten Folge von „Tödliche Geheimniss­e“geht es um die Ausbeutung von Leiharbeit­ern im Baugewerbe. Was muss da getan werden?

Wenn ich an einer Baustelle vorbeigehe, dann frage ich mich manchmal: Arbeiten diese Menschen unter fairen Bedingunge­n? Werden sie angemessen bezahlt? Arbeiten sie in transparen­ten Strukturen? Und gleichzeit­ig kenne ich auch die andere Seite. Eine Freundin von mir sucht gerade eine Wohnung mit ihrem Freund. Sie sind nicht aus Deutschlan­d, er ist Handwerker, und sie finden einfach nichts. Ich weiß nicht, wie wir da rauskommen.

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