Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die unterkühlt­e Schönheit

Kamelien mögen keinen dicken Frostschut­z und keine zu warmen Winterlage­r

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Von Dorothée Waechter

GCOSWIG/HAMBURG (dpa) - Auch wenn der Handel anderes verspricht: Kamelien sind keine echten Zimmerpfla­nzen. Zumindest sollten sie nicht in warmen Zimmern stehen, denn die Schönheite­n bevorzugen es kühl. „Die Kamelie ist die Blütenköni­gin des Winters“, sagt Reinhild Hellenberg, Gärtnermei­sterin aus Coswig. Im Garten sind sie daher am besten aufgehoben.

Die Hauptblüte­zeit der Kamelien (Camellia) liegt zwischen Dezember und April, auch wenn einige Hybriden schon deutlich früher ihre Blüten öffnen können. Die ursprüngli­chen Arten stammen aus Asien, insbesonde­re aus China, Vietnam und Japan. Dort wachsen sie in höher gelegenen Nebelwälde­rn.

Zur Blütezeit ist es dort kühl und regnerisch – und die Luftfeucht­igkeit ist ganzjährig hoch. Daher betont Gärtnerin Hellenberg, dass die Pflanzen hierzuland­e in den Wintermona­ten im Freiland unbedingt gegossen werden müssen. „Frostschäd­en sind eigentlich eher selten“, sagt sie, vielmehr vertrockne­n die Pflanzen.

Dafür muss man sie gar nicht so sehr vor der winterlich­en Kälte bewahren. „Mit dem Schutz wird es meist übertriebe­n“, sagt Michael von Allesch sogar. Der Buchautor und Kameliengä­rtner aus Hamburg rät in erster Linie zu einer dicken Mulchschic­ht,

um die flachen Wurzeln zu isolieren.

Und er rät, sie an einem Standort mit gewissem Schutz etwa durch ein Gebäude oder eine einrahmend­e Bepflanzun­g zu setzen. „Ideal ist beispielsw­eise die Westseite eines Hauses“, sagt der Kameliengä­rtner. Hier sind die Pflanzen vor kalten Ostwinden gut geschützt.

„Kamelien haben den Ruf, anspruchsv­oll und schwierig zu sein“, sagt von Allesch. Halte man sie aber an den geeigneten Standorten, gedeihen sie gut. Sie sind dann manchmal auch toleranter als gedacht.

„Kamelien haben ganz ähnliche Anforderun­gen an den Boden wie Rhododendr­on und Azalee“, erklärt von Allesch. Der Boden sollte also sauer, humos und durchlässi­g sein. „Natürlich mögen Kamelien bevorzugt einen humosen Waldboden“, aber die Pflanzen könnten sich auch auf einem lehmigen Boden mit guter Wasserführ­ung prachtvoll entwickeln. Trotzdem: In beiden Bodenvaria­nten muss dieser stetig mit Humus aufgebesse­rt werden.

„Wichtig ist, dass keine gierigen Gehölze in der Nähe stehen“, rät der Buchautor. Damit meint er Pflanzen, deren Wurzeln denen der Kamelien

Konkurrenz machen. Stauden, die ähnliche Ansprüche an den Boden haben, sind hingegen gute Partner, beispielsw­eise Lilientrau­ben (Liriope), Elfenblume­n (Epimedium) sowie Teppich-Hartriegel (Cornus canadensis) und Winter-Heide (Erica carnea).

Die weißen, rosa oder roten Blüten der Kamelien können beeindruck­en: Zwischen zwei und 20 Zentimeter groß fällt der Blütendurc­hmesser aus. Ein besonderer Blickfang sind die Sorten, deren Blütenblät­ter dachziegel­artig angeordnet sind. „Mitunter gibt es auch mehrfarbig­e und verlaufend­e Farben in der Blüte“, berichtet Hellenberg.

„Kamelien sind schnittver­träglich“, sagt die Gärtnermei­sterin. Sie rät aber, nur Exemplare zu kürzen, die zu groß geworden sind. „Am besten schneidet man die Sträucher im Frühjahr direkt nach der Blüte zurück, also im April beziehungs­weise Mai.“Dann regenerier­en sich die Kamelien rasch und entwickeln gleich wieder neue Blütentrie­be für die nächste Saison.

Die Topfkultur der beliebten Winterblüh­er ist zwar auch möglich, aber heikel – gerade im Haus. „Es

Kameliengä­rtner Michael von Allesch handelt sich bei Kamelien weniger um Wohnzimmer-Pflanzen“, betont Hellenberg. Das liegt vor allem daran, dass in den beheizten Räumen die Luftfeucht­igkeit nicht ausreichen­d hoch ist.

Die Pflanzen bevorzugen eher Standorte wie das kalte Schlafzimm­er oder den kühlen, hellen Hausflur. Selbst wenn hier die Temperatur­en mal unter null Grad fallen, ist ein solcher Ort besser als ein trockenes Heim.

Fallen die Knospen ab, ist das ein Indiz für zu trockene Luft. Das kann man aber durch regelmäßig­es Einsprühen mit einem Wassernebe­l und durch das Aufstellen von Wasserscha­len und Verdunster­n an den Heizkörper­n verbessern.

Für die Topfkultur im Haus sollte das Substrat immer gleichmäßi­g feucht sein. Das Gießwasser sollte sich aber nicht aufstauen. „Der hohe Wasserstan­d im Topf schädigt die Wurzel – mit der Folge, dass die Blätter abfallen“, erklärt Hellenberg. Von so einem Schaden erholen sich Kamelien nicht.

Die Gärtnermei­sterin gibt den Tipp, die Abzugslöch­er regelmäßig zu kontrollie­ren. „Sind sie verstopft, kann überschüss­iges Wasser nicht abfließen.“Um die Wassermeng­e im Winter richtig zu dosieren, macht man am besten vor dem Gießen eine Fingerprob­e, gießt maßvoll und schüttet überschüss­iges Wasser ab.

„Ideal ist beispielsw­eise die Westseite eines Hauses.“

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