Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine glückselige Fasnet
Seit 2014 hat die schwäbisch-alemannische Fastnacht einen festen Platz in der Hitliste von 88 immateriellen Kulturgütern der Bundesrepublik Deutschland (Stand 2018). Die jüngsten Mitglieder in dem erlauchten Kreis sind laut Wikipedia das Augsburger Hohe Friedensfest, die Altersgenossenfeste in Schwäbisch Gmünd, die Haubergswirtschaft im Siegerland, die Helgoländer Dampferbörte oder die Oberpfälzer Zoigkultur. Allesamt Brauchtumsveranstaltungen von großer lokaler Bedeutung. Die Fasnet allerdings bringt es bundesweit immer wieder zu bemerkenswerter Strahlkraft, wobei die närrische Seite derselben meist auf der Strecke bleibt und die Sache dann bierernst wird. Aus gegebenem Anlass sei an die Rede von Annegret Kramp-Karrenbauer vergangenes Jahr vor dem Stockacher Narrengericht erinnert. Als Putzfrau Gretl zog die CDU-Chefin gegen die Männerbünde in der Politik zu Felde und wollte endlich Mal Wind unter die Talare des rein männlichen Narrengerichts lassen. Dabei bediente sie sich – ganz auf der Linie männlicher Humoristen – eines Griffes unter die Gürtelline. Was ihr nicht gut bekommen ist. Wochenlang wurde Kramp-Karrenbauer wegen ihres Witzes über Toiletten für das dritte Geschlecht angegriffen. Bei der Gender-Thematik hört nämlich der Spaß für Betroffene und Aktivisten auf. Der Sturm der Entrüstung fegte AKK zwar nicht aus dem Amt, aber er hing ihr nach und frischte im Zuge des Thüringen-Debakels gewaltig auf. Die Folgen sind bekannt. Bleibt die Frage, was auf den Podien des immateriellen Kulturgutes Fasnet an Material übrig bleibt, wenn Geschlechterneutralität zur Maxime wird. Im Zweifel eben nur die Hästräger, Larven, Narrensprünge und Umzüge. Was für eine glückselige Fasnet im Grunde auch reicht.
Anton Fuchsloch, ehemaliger Redakteur bei der Schwäbischen Zeitung in Friedrichshafen