Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Brückentag in Kressbronn
Gemeinderat entscheidet über die Zukunft der alten Eisenbahnbrücke – wenn sie bis dahin nicht verschrottet ist
Von Tanja Poimer
GKRESSBRONN - Verschrotten oder ein Museum daraus machen lassen? Der Gemeinderat Kressbronn entscheidet in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch, was aus der alten Eisenbahnbrücke wird, die im Zuge der Elektrifizierung der Strecke zwischen Friedrichshafen und Lindau ausgetauscht worden ist. Voraussetzung: die Stahlkonstruktion steht bis dahin noch auf der Montagefläche neben der Argen. Falls nicht, wird der Tagesordnungspunkt gestrichen, und zwar „wegen Erledigung der Sache“, wie die Verwaltung mitteilt.
Für Oberleitungen zu niedrig und für Elektrolokomotiven zu schmal: Die Brücke, die mehr als 120 Jahre lang zwischen Langenargen und Kressbronn über die Argen führte, kann nicht mehr mithalten und musste deshalb vergangenen September einem neuen Überbau Platz machen – da half auch kein Denkmalschutz. Nach dem Austausch, der dank eines Superkrans am Stück erfolgte, schien auf das alte Eisen nur noch die Schrottpresse zu warten. Weder Bahn noch Bodenseekreis oder Gemeinden wollten für den Erhalt Geld in die Hand nehmen.
Dann tauchte im Dezember Günter Eberhardt, Unternehmer aus Hohentengen im Landkreis Sigmaringen, auf und stellte eine Bauvoranfrage an die Gemeinde Kressbronn. Der Plan: das Bauwerk an der Argen zu belassen und daraus ein Brückenmuseum mit Bistro zu machen. „Die Brücke ist ein Beispiel für Baukunst, wie sie vor mehr als 100 Jahren geschaffen wurde“, betonte der Stahlhändler. Dazu komme die Kabelhängebrücke von 1896/97, die weiter südlich noch immer zwischen Langenargen und Kressbronn über die Argen führt. Günter Eberhardt überlegte, was aus der Kombination zu machen ist, und entwickelte das Konzept einer „Brückenwelt Bodensee“.
Kressbronns Bürgermeister ist von der Idee allerdings ganz und gar nicht überzeugt. Im Ausschuss für Umwelt und Technik, der sich Ende Januar mit der Anfrage beschäftigte, erklärte Daniel Enzensperger, dass er für das Bauprojekt mitten im Landschaftsschutzgebiet keine Chance sehe. Der Ausschuss wollte offenbar keine derart endgültige Entscheidung treffen und beschloss, das Thema in den Gemeinderat Ende Februar zu verlegen.
Das Problem: Die Deutsche Bahn als Eigentümerin hatte den Termin für den Rückbau zwar auf den 3. Februar verschoben, um einen Erhalt gegebenenfalls zu ermöglichen. Ursprünglich sollte die Verschrottung bereits ab Mitte Januar vorbereitet werden. Eine weitere kostenlose Verschiebung bis zu einer Entscheidung im Gemeinderat wollte das Unternehmen jedoch nicht zusagen.
Kressbronn will dafür aber nicht in die Kasse greifen. Die klare Ansage: „Die Gemeinde wird keine Kosten übernehmen“, erklärte Pressesprecherin Karin Wiech vergangene Woche auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Und weiter: Sollte die Brücke bis zur Gemeinderatssitzung
am 26. Februar zurückgebaut sein – „wovon derzeit auszugehen ist“– werde der Tagesordnungspunkt „wegen Erledigung der Sache abgesetzt werden müssen“.
Inzwischen sieht es allerdings so aus, als ob sich Kressbronns Bürgermeister doch noch einmal mit der „Brückenwelt Bodensee“auseinandersetzen muss, nämlich in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 26. Februar, Beginn 16.30 Uhr. Denn zum einen, heißt es aus der Firma, die mit dem Rückbau beauftragt ist, dass die Arbeiten nicht heute, sondern eher Ende nächster Woche beginnen. Und zum anderen hat Günter Eberhardt inzwischen eine Einladung zur Sitzung bekommen, um sein Projekt vorzustellen. Was sich der Unternehmer dafür wünscht: „eine offene Diskussion, wie das tolle Bauwerk erhalten werden kann.“