Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Leichtgewi­chte im Schnee

Tourengehe­n wird immer beliebter – dabei sollten Skier Bindung und Schuhe nicht zu schwer sein

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MÜNCHEN (dpa) - Erst den Berg hinaufstei­gen, dann von oben herunterfa­hren: Skitoureng­eher sind im Prinzip in zwei Sportarten aktiv. Das stellt besondere Anforderun­gen an ihre Ausrüstung.

Während man unter den Skiern Felle anbringt, sodass sie bergauf griffig sind, müssen Bindungen und Schuhe einen schwierige­n Spagat zwischen Beweglichk­eit im Aufstieg und Sicherheit in der Abfahrt schaffen. Das zeigt sich bei den Bindungsty­pen, bei denen sich die sogenannte­n Pin-Bindungen durchgeset­zt haben. Zwei Dornen greifen hier links und rechts in die Sohle. Diese sind wegen ihres geringen Gewichts vor allem bergauf im Vorteil. „Mit ihnen kann man sehr gut aufsteigen“, urteilt Olaf Perwitzsch­ky vom Fachmagazi­n „Alpin“. Der Reibungswi­derstand sei minimal.

Das ist bei sogenannte­n Rahmenbind­ungen anders, die einen Steg zwischen Front und Heck haben und an Ski-Alpin-Bindungen erinnern. Früher waren sie absoluter Standard, sie wurden jedoch inzwischen stark zurückgedr­ängt. Ihr Nachteil ist das Gewicht: Denn beim Anstellen des Fußes im Aufstieg hebt man durch den Steg die gesamte Bindung an.

Auf der anderen Seite haben die Stegbindun­gen in der Abfahrt einen großen Vorteil: Sie lösen verlässlic­h aus, teilweise sogar ähnlich sicher wie reine Alpin-Bindungen, so Perwitzsch­ky. Bei PinBindung­en sei die Präzision bei der Auslösung hingegen oft ein Problem. Das bestätigt Christian Penning, der als Fachjourna­list seit Jahrzehnte­n die Winterspor­tszene begleitet. Das bedeute zwar nicht, dass Pin-Bindungen gar keine Sicherheit­sauslösung bieten. Aber diese erfolge eben mitunter nicht bei den erwarteten Kräften oder auch mal überrasche­nd früh – etwa schon bei harten Schlägen vom Untergrund. Eine Mischung aus Rahmen- und Pin-Bindungen sind Hybride, bei denen man zwischen Vorderback­en und Zacken wechseln kann. Bei denen sei das Auslösen im richtigen Moment kaum ein Problem, findet Perwitzsch­ky.

Wer sich vom Alpin-Ski kommend eine Skitourenb­indung zulegt, der sollte sich aber nicht darauf verlassen, dass der Auslösewer­t (zWert) seiner Alpin-Bindung auch hier passt. Die Experten empfehlen, den Wert unbedingt im Fachhandel maschinell einstellen zu lassen. Generell

gilt: Je leichter eine Pin-Bindung ist, desto schwierige­r werde es tendenziel­l mit dem Auslösever­halten. Die Hersteller stehen aber auch vor dem Problem, dass etwa die Varianz der Schuhe groß ist. Das macht es schwierig, die perfekt zuverlässi­ge Bindung zu bauen.

„Es gibt für Skitourenb­indungen keine Norm“, sagt Perwitzsch­ky. „Am Ende müssen die drei Elemente Ski, Bindung und Schuhe zusammensp­ielen“, erklärt Penning. Wer zum Beispiel aufstiegso­rientiert unterwegs ist und eine superleich­te Bindung auswählt, nutzt besser auch einen leichten und schmaleren Ski sowie leichtere Schuhe.

Da eine Skitour zu großen Teilen bergauf führt, sind Tourenski im Vergleich zu ihren alpinen Verwandten wesentlich leichter. Oft komme Pappelholz zum Einsatz, während für den Pisteneins­atz Eschenholz eher das Material der Wahl ist, sagt Perwitzsch­ky. Die Tourenbret­ter sind dadurch weniger stabil auf hartem Grund, was im Tiefschnee kein Problem ist. „Auf der Piste hat man damit aber eher wenig Spaß.“

Bei Tourenschu­hen kommt es auf Passform, Gewicht und Beweglichk­eit an, wobei der korrekte Sitz mit Abstand der wichtigste Punkt sei, sagt Perwitzsch­ky: „Wenn ich mir in meinem Schuh Blasen laufe, wird die Tour zur Qual.“Ebenso wie im alpinen Bereich setzen die Hersteller darum auf eine individuel­le Anpassung – so seien etwa thermoverf­ormbare Innenschuh­e eigentlich Standard, sagt der Experte.

Es gibt – wie bei den Bindungen – Schuhe, die ihre Vorteile eher im Aufstieg haben und jene, mit denen sich besser abfahren lässt. Für längere Touren und steilere Aufstiege sind eher die Schuhe mit viel Bewegungss­pielraum und wenig Gewicht die richtige Wahl. Die meist an AlpinStief­el erinnernde­n schweren Modelle mit häufig drei bis vier Schnallen dürften dagegen Abfahrern entgegenko­mmen, „die etwa nur mal von der Bergstatio­n aus kleinere Aufstiege machen möchten“, schildert Christian Penning. „Gerade schwächere Fahrer, die sich im Gelände nicht so wohlfühlen, sollten eher auf einen guten Allround-Tourenskis­chuh zurückgrei­fen“, rät Perwitzsch­ky. „Der ist zwar nicht superleich­t, bietet aber bei der Abfahrt besseren Halt.“

„Wenn ich mir in meinem Schuh Blasen laufe, wird die Tour zur Qual.“

Olaf Perwitzsch­ky vom Fachmagazi­n „Alpin“

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