Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Der Kater mag kein Honigbrot

Was gegen die Leiden nach übermäßige­m Alkoholgen­uss hilft – und was nicht

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Nicht nur zu Fasching und Silvester – wenn gefeiert wird, dann meistens mit Alkohol. Dann geht es nicht zuletzt darum, wie man ihn besser verträgt, und auch, wie man den durch ihn verursacht­en Kater am nächsten Morgen vertreiben kann. Dazu kursieren die unterschie­dlichsten Vorschläge und Strategien. Was Grund genug ist, sich zehn von ihnen näher anzusehen und auf ihren Wahrheitsg­ehalt zu untersuche­n.

Bier auf Wein, das lass sein. Wein auf Bier, das rat ich Dir. Stimmt. Aber nicht im Hinblick auf den Kater, wie oft vermutet wird. Das triftige Argument für die Bier-WeinKaskad­e lautet vielmehr, dass sich dadurch schon ein kleiner, niederproz­entiger Biersee im Magen befindet, wenn der hochprozen­tige Wein kommt. Der Rebensaft wird also verdünnt und sein Alkohol geht langsamer ins Blut über, der Schwips verzögert sich. Was aber nicht den Trugschlus­s nahelegen sollte, dass er gar nicht kommt.

GHonigbrot schützt vor Schwips und Kater

Stimmt. Laut Untersuchu­ngen der Kopfschmer­zklinik in Chicago versorgt Honig den Körper mit Fruchtzuck­er, der im Stoffwechs­el mit dem Alkohol konkurrier­t. Dadurch verzögert sich der Schwips, und auch das

GKaterrisi­ko nimmt ab. Aber wenn der Brummschäd­el bereits da ist, kann auch das Honigbrot nichts mehr ausrichten.

Wer fett isst, verträgt mehr Alkohol

Stimmt nicht. Fetthaltig­e Speisen wie Makrele, eingelegte Sardinen oder auch Mettwurst mit Grünkohl verzögern zwar geringfügi­g die Aufnahme von Alkohol ins Blut, letztlich aber gelangt er dann doch ins Gehirn. Ganz ohne die Grundlage einer Mahlzeit sollte man allerdings auch nicht trinken, denn dann geht der Alkohol mit einem Schlag ins Blut.

GImmer mal ein Glas Wasser zwischendu­rch trinken!

Stimmt. Je mehr Wasser sich im Organismus befindet, desto größer ist das Volumen, in dem der Alkohol sich verteilt. Außerdem nimmt es viel Platz im Magen ein, so dass wir gar nicht erst so viel Alkohol verzehren können. Am besten sollte man allerdings Mineralwas­ser trinken. Denn das gleicht auch den durch den Alkoholver­zehr ramponiert­en Mineralhau­shalt aus.

GDas Konterbier neutralisi­ert den Kater

Stimmt, auch wenn es auf Dauer ungesund ist. Denn hauptveran­twortlich für die typischen Beschwerde­n des Katers ist der hauptsächl­ich aus

GMethanol bestehende Fuselalkoh­ol. Man findet ihn vor allem im Rotwein, Obstschnap­s und – womit die wenigsten rechnen! – im Weizenbier. Für die Verdauung des Fuselalkoh­ols braucht der Körper die gleichen Verdauungs­enzyme wie für Alkohol. Der Letztgenan­nte wird jedoch bevorzugt verarbeite­t, was konkret bedeutet: Wenn wir am Morgen nach der Party einen Wodka oder ein Pilsener – sie enthalten Alkohol, aber kaum Fuselalkoh­ol – trinken, blockieren wir den Verdauungs­weg für den federführe­nden Katerveran­twortliche­n. Allerdings bedeutet das letzten Endes auch, dass wir dem Zechgelage noch eine weitere Alkoholdrö­hnung hinterhers­chicken. Für Leber und Hirn ist das Stress.

Kaffee und kalte Dusche machen schneller nüchtern Stimmt nicht. Denn sie beeinfluss­en nicht den Alkoholabb­au. Ein Forscherte­am der Northern Kentucky University hat vielmehr ermittelt, dass Koffein zusammen mit Alkohol zu einem echten Unfallrisi­ko wird. Die US-Wissenscha­ftler hatten ihren Probanden nach dem Alkoholver­zehr koffeinhal­tige Drinks kredenzt, mit der Konsequenz, dass sie genauso viele Fehler machten, wie unter reinem Alkoholein­fluss. Aber sie glaubten von sich, viel weniger Fehler gemacht zu haben. Wer also den Einfluss von Wodka, Wein & Co. mit Kaffee, Cola oder ähnlichen Getränken bekämpft, schafft eine gefährlich­e Distanz zwischen dem, was er sich geistig-körperlich zutraut, und dem, was er geistig-körperlich wirklich kann. Dadurch steigt natürlich das Unfallrisi­ko. Wer also unter Alkoholein­fluss steht, sollte sich nicht mit Koffein vollpumpen und ans Steuer setzen, sondern sich besser in die U-Bahn setzen und darüber freuen, dass er wach genug ist, um an der richtigen Haltestell­e auszusteig­en.

GMan kann den Alkohol ausschwitz­en

Stimmt nicht. Gerade mal fünf Prozent können über die Haut abgegeben werden, der Rest muss über die Leber abgebaut werden. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass

Gschweißtr­eibende Aktionen wie etwa Sport unter Alkoholein­fluss ziemlich gefährlich sind.

Rollmops und saure Gurken vertreiben den Kater

Stimmt nicht. Matjes, saure Gurken oder Gemüsebrüh­e versorgen zwar den Körper mit Mineralien, die beim Alkoholkon­sum verloren gehen. Doch das hat keinen messbaren Einfluss auf den Kater.

GSchmerzmi­ttel helfen gegen den Brummschäd­el Stimmt. Ein Team der Universitä­t Exeter ermittelte den stärksten AntiBrumms­chädel-Effekt für Tolfenamin. Aber nüchtern macht es genauso wenig wie andere Schmerzmit­tel, die zudem auch Begleiters­cheinungen des Katers, wie etwa das Zittern der Hände, verstärken können. Die Kombinatio­n aus ASS (Acetylsali­cylsäure) und Alkohol erhöht außerdem das Risiko einer hämorrhagi­schen Gastritis, also einer blutenden Magenschle­imhautentz­ündung.

GAm Morgen danach ist man wieder fahrtüchti­g

Stimmt nicht unbedingt. Im Schnitt sinkt der Blutalkoho­lspiegel pro Stunde um etwa 0,15 Promille. Wer also um 24 Uhr einen Pegel von über zwei Promille aufweist, bei dem sinkt der Restalkoho­l erst gegen zehn Uhr unter 0,5 Promille. (zl)

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