Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein eigenes Bad für die Kinder

Der Nutzen von stillen Rückzugsor­ten in einem Haus oder in einer Wohnung kann enorm sein

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Von Simone Andrea Mayer

GBONN (dpa) - Ein Kinderbad ist der neueste Trend beim Hausbau. „Einen Knaller“nennt selbst Bauexperte Christoph Windscheif vom Bundesverb­and Deutscher Fertigbau diese Entwicklun­g. Doch überdenkt man den Nutzen eines solchen Bads, macht das ganz schön viel Sinn.

Kommen sehen hat das keiner der Experten – den Trend zum expliziten Kinderbad. Klar, es gibt in vielen Häusern immer schon ein zweites Badezimmer, was für Gäste oder auch mal zum Ausweichen vorgesehen ist. Oder einen kleinen Raum mit extra Waschbecke­n und Toilette oder Dusche. Aber ein zweites vollwertig­es Badezimmer in kleineren Wohnungen mit unter 100 Quadratmet­ern Fläche – das war bislang nicht üblich.

Wer aktuell neu gebaute Wohnungen besichtigt, findet genau das. Auch in vielen Einfamilie­nhäusern sind zwei Bäder üblich, die im Alltag vollwertig genutzt werden. Hoch im Kurs sei das bei Bauherren, hat Windscheif bei Mitgliedsf­irmen des Bundesverb­ands Deutscher Fertigbau erfahren.

Der Experte spricht von einer strategisc­hen Überlegung der Bauherren: „Man plant das Bad für die Eltern und daneben das Schlafzimm­er.“Ein zweites Bad etwas weiter weg wird dann den Kindern zugesproch­en.

Warum auch nicht? Im Alltag, vor allen am Morgen von Schul- und Arbeitstag­en, wird gerade dieser Raum besonders intensiv genutzt. Statt Schlangest­ehen, Gemotze und Gedrängel teilen sich Eltern und Kinder auf und federn so Spitzenzei­ten für das Badezimmer ab.

So hat für Jens Wischmann, Geschäftsf­ührer der Vereinigun­g Deutsche Sanitärwir­tschaft (VDS), ein zweites Bad auch bei einer insgesamt kleineren Wohnfläche seine Berechtigu­ng: „Viele Bauherren überdenken heute Räume anders. Wenn man sich weniger Wohnraum leisten kann, stellt man sich auch bewusster die Frage, von welchen Bereichen man wirklich mehr braucht – und worauf man eher verzichten kann.“

Wischmann sieht noch einen zweiten Nutzen für das zweite Bad: Neubauten werden inzwischen fast ausnahmslo­s mit offenen Grundrisse­n geplant – die Bereiche Kochen, Essen und Wohnen gehen nahtlos ineinander über. Manchmal sind sogar die Schlafbere­iche offen zum sonstigen Wohnraum angelegt. Das hat viele Vorteile, aber auch einen Nachteil: Es fehlen Rückzugspl­ätze. „Was ein zweites Badezimmer bieten kann“, sagt Wischmann.

Na klar, das stille Örtchen! Und auch zum Barttrimme­n, Nägelschne­iden oder Augenbraue­nzupfen – dafür zieht man sich schließlic­h immer gerne mal ins ruhige Badezimmer zurück. Zumal diese heute viel wohnlicher gestaltet werden – oft mit Sessel oder Liege zum Relaxen. Daher sieht Wischmann diesen Bautrend auch bei Haushalten ohne Kinder – hier erhält jeder Partner sein eigenes stilles Örtchen.

Teils werden die Badezimmer unterschie­dlich ausgestatt­et: „Eines hat dann etwas Besonderes: eine Sauna, eine Dampfsauna oder eine Whirlwanne“, nennt Wischmann Beispiele. Wer Platz sparen muss, kann im zweiten Bad statt auf Badewanne nur auf eine Dusche und einen kleineren Waschtisch setzen. Für den Alltag reicht das schließlic­h.

Wer auf ein echtes Kinderbad setzt, dem rät Wischmann auch zu kindgerech­ten Möbeln. Zum Beispiel zu einem Unterschra­nk mit einem

Element zum Ausziehen, das als Hocker fungiert. Sinnvoll sind hier Elemente, die mitwachsen, wie höhenverst­ellbare Toiletten oder Waschtisch­e. „Letztere sind übrigens auch im Alter wieder sinnvoll, wenn man mit einem Stuhl am Waschtisch sitzen möchte“, ergänzt Wischmann.

Diese teureren Modelle sind allerdings aufwendige­r zu installier­en, da ihre Mechanik in die Wand integriert wird. „Pro Produkt muss man schätzungs­weise 1000 Euro mehr rechnen“, so Wischmann. Eine empfehlens­werte Alternativ­e ist ein Waschunter­schrank, der an der Wand hängt und keinen Bodenkonta­kt hat.

Er ist laut Wischmann sowieso in letzter Zeit beliebter geworden, da man hier die Füße unter den Schrank stellen und so näher an das Waschbecke­n beziehungs­weise den Spiegel herantrete­n kann. Und im Kinderbad? Unter so einem Waschtisch lässt sich ein Hocker für die Kleinsten gut unterstell­en. Der VDS rät allerdings, sich nicht zu sehr auf den kindlichen Aspekt bei der Einrichtun­g eines Bads zu konzentrie­ren. Denn kindliche Motive gefallen den Teenagern dann schon nicht mehr.

„Viele Bauherren überdenken heute Räume anders.“

Jens Wischmann, Vereinigun­g Deutsche Sanitärwir­tschaft

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