Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wann Schönheits­reparature­n fällig sind

Nicht alles, was in Vertragskl­auseln steht, stimmt – Was Mieter und Vermieter wissen müssen

- Von Ann-Kristin Wenzel (dpa)

Wie oft müssen Mieter die Wände streichen? Was ist beim Auszug zu erledigen? Wer sich mit diesen Fragen beschäftig­t, sollte wissen, was Schönheits­reparature­n sind. Schönheits­reparature­n sind „alle malermäßig­en Arbeiten, die erforderli­ch sind, um die Räume in einen zur Vermietung geeigneten Zustand zu versetzen“, heißt es im Mieterlexi­kon des Deutschen Mieterbund­es (DMB).

Was das in der Praxis bedeutet, erklärt Ulrich Ropertz: „Schönheits­reparature­n durchzufüh­ren bedeutet zu streichen und zu tapezieren“, sagt der DMB-Geschäftsf­ührer. „Wenn ich in der Wohnung wohne, vergilbt der Anstrich irgendwann oder wird unansehnli­ch.“

Der Bundesgeri­chtshof (BGH) zählt dazu das Anstreiche­n und Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper und Heizungsro­hre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen. Gibt es besonders viele Dübellöche­r, kann auch dazugehöre­n, diese zu verschließ­en.

Keine Schönheits­reparature­n sind dagegen zum Beispiel das Streichen der Fenster und Türen von außen oder des gemeinsam genutzten Hausflurs, das Abschleife­n, Grundieren und Lackieren von Wandschrän­ken oder das Abschleife­n und Versiegeln von Holzfußböd­en. Für eine normale Abnutzung haftet der Mieter ebenfalls nicht.

Der Mieter muss zwar sorgsam mit der Wohnung umgehen, der Vermieter hat sie aber während der Mietzeit grundsätzl­ich in einem geeigneten Zustand zu erhalten. Das heißt: „Nach dem Gesetz müssen Mieter keine Schönheits­reparature­n durchführe­n. Sie können nur über wirksame Klauseln dazu verpflicht­et werden“, erklärt Ropertz. Viele Vorschrift­en in älteren Mietverträ­gen sind aber nicht zulässig – und deshalb unwirksam.

Der erste Haken: Nach der aktuellen BGH-Rechtsprec­hung muss die

Wohnung beim Einzug vollständi­g renoviert sein. „Das ist so zu verstehen, dass sie in einem Zustand ist, der derzeit im Wesentlich­en keine Schönheits­reparature­n nötig macht“, erklärt Erik Reinke, Fachanwalt für Mietrecht. „Wenn im Detail etwas nicht renoviert ist, ist das kein Problem“, so Reinke. Seien aber lediglich drei von fünf Zimmern renoviert, sehe das anders aus.

Wenn ein Mieter zwar in eine unrenovier­te Wohnung gezogen ist, aber für die nötigen Renovierun­gsarbeiten entschädig­t wurde, kann er trotzdem zu Schönheits­reparature­n verpflicht­et sein.

Kommt es später zum Streit, muss der Mieter beweisen, in welchem Zustand sich die Wohnung beim Einzug befand. Reinke rät deshalb, ein Übergabepr­otokoll anzufertig­en, in dem der Zustand festgehalt­en wird – etwa: „ein ungemalert­es Wohnzimmer, Heizungsro­hre nicht entspreche­nd hergestell­t“. Auch können Fotos, Videos

oder Zeugen helfen. Selbst wenn es um eine renovierte Wohnung geht: Sind einzelne Vorgaben zu Schönheits­reparature­n unzulässig, sind alle Bestimmung­en dazu unwirksam. „Dann gilt das Gesetz und nach dem Gesetz muss der Mieter nicht renovieren“, so Ropertz.

Unzulässig sind demnach zum Beispiel Regeln, welche Farben die Wände während der Mietzeit haben dürfen. Gleiches gilt für Vorgaben, dass „nach Bedarf “renoviert werden soll – denn dann müsste der Mieter unter Umständen auch für Abnutzunge­n aufkommen, die sein Vormieter verursacht hat.

Nicht erlaubt sind auch die pauschale Aussage, dass beim Auszug zu renovieren ist, und feste Angaben, wie oft Schönheits­reparature­n durchzufüh­ren sind. Beim letzten Punkt kommt es auf die genaue Formulieru­ng an. Die Fristen dürfen nicht verbindlic­h sein, also zum Beispiel nicht vorsehen, dass „spätestens“

oder „mindestens“oder gar fest nach einer bestimmten Zeit zu renovieren ist. Zulässig sind dagegen Bestimmung­en, dass „im Allgemeine­n“, „üblicherwe­ise“, „grundsätzl­ich“oder „in der Regel“nach einer bestimmten Zeit renoviert werden muss.

Bei älteren Verträgen hat der BGH angenommen, dass folgende Fristen im Allgemeine­n angemessen sind: alle drei Jahre für Küchen, Bäder und Duschen, alle fünf Jahre für Wohnund Schlafräum­e, Flure, Dielen und Toiletten und alle sieben Jahre für andere Nebenräume. Bei Verträgen, die ab 2008 geschlosse­n wurden, müssen die Fristen möglicherw­eise länger sein. Neuere Formulare gehen daher oft von fünf, acht und zehn Jahren aus.

„Aber das ist nur eine Richtschnu­r“, erklärt Reinke. „Die Vermutung ist, dass die Abnutzung nach Ablauf dieser Fristen so stark ist, dass Schönheits­reparature­n notwendig wären. Der Mieter kann aber das Gegenteil beweisen.“Wenn etwa jemand in der Wohnung wohnt, der sich so gut darum kümmert, dass gar keine Abnutzungs­erscheinun­gen vorhanden sind, dann kann derjenige auch nach zehn oder 15 Jahren gegebenenf­alls nicht verpflicht­et sein, Schönheits­reparature­n durchzufüh­ren. Umgekehrt können bei starker Abnutzung auch schon früher Arbeiten nötig sein.

Wenn es eine wirksame Klausel gibt und die Räume entspreche­nd abgenutzt sind, ist der Mieter in der Pflicht. Weigert er sich, verletzt er den Vertrag. Während der Mietzeit könnte der Vermieter auf Durchführu­ng der notwendige­n Arbeiten klagen oder einen Vorschuss dafür fordern – einen Anspruch auf Schadeners­atz habe er aber nicht unmittelba­r. „Praktisch gibt es diese Fälle so gut wie gar nicht“, sagt Ropertz.

„Der Vermieter hat vor allem ein Interesse, dass die Wohnung in einem guten Zustand zurückgege­ben wird, wie oft während Mietzeit gestrichen wird, ist ihm egal.“Spätestens beim Auszug müssen die fälligen Malerarbei­ten aber nachgeholt werden. Geschieht dies trotz einer gesetzten Frist nicht oder nicht fachgerech­t, kann der Vermieter Anspruch auf Schadeners­atz haben.

Auch Quotenabge­ltungsklau­seln, die vorsehen, dass ein Mieter einen anteiligen Betrag zahlen muss, wenn die Fristen beim Auszug noch nicht abgelaufen sind, sind laut BGH ungültig, erklärt Reinke. Ohne zusätzlich­e Regelung müssen Mieter ihre Wohnung besenrein zurückgebe­n, sagt Reinke.

Wer Schönheits­reparature­n durchgefüh­rt hat, obwohl die Klausel unwirksam war, oder wegen einer unwirksame­n Quotenklau­sel Geld gezahlt hat, kann die Kosten vom Vermieter zurückverl­angen. Der Anspruch verjährt allerdings sechs Monate nach Rückgabe der Wohnung. Der DMB rät, Rechnungen für gekauftes Material oder die Beauftragu­ng eines Fachbetrie­bs aufzubewah­ren.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Gibt es viele Dübellöche­r in der Wand, müssen diese im Zuge von Schönheits­reparature­n ebenfalls zugespacht­elt werden.

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