Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Schlechte Karten gegen Lkw-Friedhof
Räumung des Geländes in der Lindauer Straße kann sich lange hinziehen.
Von Harald Ruppert
FRIEDRICHSHAFEN - Weggeworfene Matratzen liegen herum, Pappverpackungen, leere Getränkedosen, im Gestrüpp Papier- und Plastikmüll: Seitdem die SZ im Dezember 2018 über den Lkw-Friedhof eines insolventen Transportunternehmens in der Lindauer Straße berichtet hat, hat sich die Situation auf dem Privatgrundstück nicht gebessert. Noch immer stehen hier rund 20 Lastwagen ohne Kennzeichen, die offenbar schon lange nicht mehr bewegt wurden. Das Gelände verwahrlost.
„Es wächst sich langsam aus, zu einer Müllhalde!“, schreibt ein ZFRentner in einem Brief, der kürzlich dem Landratsamt Bodenseekreis, der Stadt Friedrichshafen und auch ZF zuging. Besonders ärgert den Schreiber, dass der vernachlässigte Zustand mit ZF in Verbindung gebracht wird, denn zahlreiche der abgestellten Lastwagen haben Planen, auf denen das Konzernlogo von ZF prangt. „Für Negativwerbung wäre also gesorgt“, schreibt der ehemalige ZF’ler, der sich um das Image „seiner“Firma sorgt: „Die vielen ZF-Logos, die auch zwischen den Fahrzeugen durchblitzen, stehen in Verbindung mit einem Lkw-Friedhof.“
Jahrelang war das insolvente Unternehmen ein zuverlässiger Partner für ZF, bis es 2013 in die Insolvenz ging. „Damals waren diese Planen rollende Werbung. Aber jetzt ist es eine Werbung für einen Lkw-Friedhof, die für unser Haus nicht glücklich ist“, sagt ein ZF-Sprecher. Das sei eine missliche Situation: „Wir werden damit in Verbindung gebracht, obwohl wir nichts damit zu tun haben“, sagt der ZF-Sprecher. Die Lkw mitsamt ihren Planen gehören zur Masse des insolventen Transportunternehmens; ebenso das Grundstück, auf dem sie stehen. ZF sieht deshalb keine Handhabe. Bereits im Dezember 2018, nach dem ersten Artikel in der SZ, habe ZF einen der jetzigen Eigentümer der Insolvenzmasse
kontaktiert und ihn gebeten, die Planen zu entfernen oder doch zumindest die ZF-Logos unkenntlich zu machen. Das sei ZF auch zugesichert worden. Jedoch sei das bis heute nicht geschehen, sagt der ZF-Sprecher. Dieser besagte Ansprechpartner der insolventen Firma will sich gegenüber der SZ nicht äußern.
Schon 2018 zielte das Landratsamt Bodenseekreis darauf ab, die Lkw vom Grundstück räumen zu lassen. „Das Umweltschutzamt betrachtet die Situation als unerlaubte Abfallablagerung und ist mit den Eigentümern in Kontakt, um eine Beseitigung zu erreichen“, sagte Pressesprecher Robert Schwarz damals. Seither ist die Situation festgefahren. „Es gibt keinen neuen Sachstand. Die Möglichkeiten der öffentlichen Hand sind sehr eingeschränkt“, teilt
Schwarz heute mit. Die Fahrzeuge seien vom Landratsamt zuletzt im Dezember 2019 in Augenschein genommen worden – mit dem Ergebnis, dass keine akute Umweltgefahr von ihnen ausgehe, so Schwarz. Öl, Treibstoff und andere Flüssigkeiten, die sich in den Fahrzeugen befinden, drohen also nicht auszutreten und in den gekiesten Boden zu sickern. Damit hat das Umweltschutzamt auch keine Möglichkeit, eine schnelle Räumung zu verlangen.
Das Landratsamt liegt mit den Eigentümern im Rechtsstreit. Dass die Frage vor Gericht verhandelt wird, zeichnet sich derzeit aber nicht ab. Die Auffassungen sind konträr: Das Landratsamt ist der Ansicht, dass es sich bei den Fahrzeugen um „Abfall“handelt, was den Umweltbehörden größere Eingriffsrechte ermöglichen würde. Die Eigentümer sprechen dagegen von einem „Fuhrpark mit zum Teil reparaturbedürftigen Fahrzeugen“. Die Chancen auf eine einvernehmliche Lösung stehen damit schlecht, zumal es dem Landratsamt nach eigenen Angaben schwerfällt, auf der Gegenseite einen zentralen Ansprechpartner zu finden – angeblich gibt es mehr als zwei Eigentümer. Der ZF-Rentner ist von der Lage frustriert. Wenigstens den auf dem Grundstück verstreuten, wilden Müll würde er am liebsten selbst einsammeln. „So lassen kann man’s ja nicht“, sagt er. Und wenn man erst akute Umweltgefahren fürchten müsse, damit das Landratsamt eingreife, könne man lange warten: „Das dauert eine Weile, bis da irgendwelche Flüssigkeiten durchbrechen. Die Fahrzeuge stehen ja nicht schon 50 Jahre da.“