Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Schlappe von Hamburg nagt an der FDP
Kritik an Parteichef Lindner wird nach verpasstem Wiedereinzug in die Hamburger Bürgerschaft lauter
Von Stefan Kegel
GBERLIN - Nach ihrem knapp verfehlten Einzug in die Hamburger Bürgerschaft ringt die Bundes-FDP mit der Niederlage. Es ist das erste westdeutsche Parlament, aus dem die Partei seit ihrer Wiederauferstehung unter ihrem Chef Christian Lindner hinausgewählt wurde. Auch der Straßenwahlkampf, bei dem Lindner selbst Handzettel verteilte, konnte die Turbulenzen im 300 Kilometer entfernten Thüringen nicht vergessen machen. Es müsse „erst wieder Vertrauen wachsen nach einer solchen Situation“, sagt der Parteivorsitzende. Ein einziges Mandat konnte Spitzenkandidatin Anna von Treuenfels für die Liberalen in Hamburg erringen. Ihre Partei kam nur auf 4,9 Prozent.
Das rührt an Grundängsten der Partei: Wer nicht in Fraktionsstärke im Landesparlament sitzt, hat weniger Möglichkeiten, wahrgenommen zu werden. Es kommt kein Geld herein, das Fraktionen zusteht. „Letztlich ist die außerparlamentarische Opposition eine Katastrophe“, sagt ein hochrangiges Parteimitglied.
Hans-Ulrich Rülke, Mitglied im Bundesvorstand und Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, sieht eine der Ursachen des schwächeren Abschneidens in Hamburg zwar in der starken Polarisierung des Wahlkampfes zwischen SPD und Grünen. Darunter litten die „kleinen Parteien“. Aber die „Irritationen“in Thüringen hätten ebenfalls dazu beigetragen, räumt er ein.
Einige in der Partei hatten anfangs über das Management des „Fiaskos von Thüringen“(O-Ton Lindner) gemurrt. Manche sprechen ganz unverblümt von Lindners „zweitem schweren politischen Fehler nach der Aufkündigung der Jamaika-Verhandlungen“. Michael Theurer, Chef der Südwest-FDP und Bundesvize, regte anfangs sogar eine Diskussion über Lindners Führungsstil an, zog die Bemerkung aber später zurück. Er sei da missverstanden worden.
Letztlich versammelte sich die Partei wieder hinter ihrem Vorsitzenden. Das hat auch damit zu tun, dass viele Abgeordnete in der Partei ihre politische Karriere Lindners Wiederaufbauprogramm seit 2013 verdanken. Und noch trösten die FDP-Strategen sich mit der Erkenntnis, dass die Stammwählerschaft der Liberalen nie so stabil war wie in den vergangenen drei Jahren.