Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bahnunterführung kommt erst 2025
Fischbacher warten weiter auf schnelle Fußverbindung zum Bahnhof.
FRIEDRICHSHAFEN - Jörg Rabach ist wütend. Gemeinsam mit seiner Frau Hanne und einigen anderen Fischbachern hat er eine Unterschriftenaktion gestartet, um den baldigen Bau einer Unterführung am Fischbacher Bahnhof zu erreichen. Schon vor mehr als drei Jahren, im Dezember 2016, hat der Gemeinderat mit nur einer Enthaltung beschlossen, dass diese Unterführung kommen soll. Damals war man zuversichtlich, dass die Bauarbeiten 2020 abgeschlossen sein könnten – aber bis heute wurden sie nicht begonnen.
„Das ist seit Jahren im Gespräch und wird auf die lange Bank geschoben, vielleicht auch gar nicht mehr gemacht“, sagt Rabach. In nur drei Wochen kamen knapp 700 Unterschriften von Einwohnern aus Fischbach, Manzell und Spaltenstein zusammen, die sich seiner Forderung anschließen; und weitere Listen sind noch im Umlauf. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie froh die Leute sind, dass jemand ihre Interessen in die Hand nimmt“, sagt Rabach.
Die Fraktion der Grünen hatte den Antrag zum Bau einer Unterführung in den Gemeinderat eingebracht, damit es für die Bewohner des Fischbacher Nordens einfacher wird, die Bahn zu nutzen – denn die Gleise zerschneiden Fischbach. „Bewohner des nördlichen Teils müssen heute einen unzumutbaren Umweg von mindestens einem Kilometer in Kauf nahmen, um über die Bahnübergänge Spaltensteiner Straße oder Heiligenbergstraße zum Bahnhof und zum dortigen Haltepunkt der Bodenseegürtelbahn zu gelangen“, argumentierten die Grünen damals. An dieser Situation hat sich nichts geändert. „Viele, mit denen wir gesprochen haben, sagen, sie würden die Bahn gern öfter nutzen. Aber die zehn Minuten, die sie zu Fuß unterwegs sind, sind ihnen zu viel“, sagt Rabach.
Laut Gemeinderatsbeschluss soll die Unterführung die an die Gleise grenzende Hohentwielstraße im nördlichen Teil mit dem Platz der neuen Fischbacher Mitte verbinden. Damit läge sie in unmittelbarer Nähe zu den Bahnsteigen und würde nicht nur Umwege ersparen – sie würde auch helfen, die Gefahren zu vermeiden, die an den Bahnübergänge in der Heiligenbergstraße und der Spaltensteiner Straße drohen: „Einige Mütter haben gesagt, dass Kinder, wenn die Schranke unten ist, einfach unten durchrennen“, sagt Jörg Rabach. Und
Kinder gebe es viele; Kinder, die vor allem in den weiter wachsenden Wohngebieten im nördlichen Fischbach lebten, aber in der Grundschule Fischbach im Süden zur Schule gingen - und dazu täglich die Gleise queren müssen. Auch auf diese Gefahren für Kinder und die Notwendigkeit, einen sicheren Schulweg zu garantieren, hob der Antrag der Grünen bereits 2016 ab.
Der Gemeinderat beschloss im Dezember 2016 den Bau einer vier Meter breiten Unterführung, inklusive Aufzugskabinen, in denen auch Fahrradfahrer mit Kinderanhänger Platz finden sollen. Gerechnet wurde mit Kosten von 2,5 Millionen Euro. Kosten, die wie das ganze Projekt im neuen, noch noch nicht beschlossenen Häfler Haushalt, aber gar nicht auftauchten, kritisiert Jörg Rabach. Er fürchtet deshalb, dass der Gemeinderatsbeschluss gekippt werden soll.
Die Pressestelle der Stadt erklärt, dass die Bahnunterführung „mit der geplanten Freiraumverbindung zum See“durch die B 31-Verlegung nach wie vor ein städtebauliches Ziel sei. Und sie stellt klar, dass die Finanzmittel im neuen Haushalt durchaus aufgeführt sind – allerdings erst im
Ausblick auf das Jahr 2025. Bis dahin wird seitens der Stadt mit einer „Finanzierbarkeit und Realisierbarkeit“der Unterführung gerechnet. Das bedeutet fünf weitere Jahre Wartezeit.
Die Grünen drängen indes auf eine baldige Umsetzung. Es müsse „alles getan werden, damit sich der Baubeginn nicht unnötig verzögere“, schreibt die Fraktionsvorsitzende Anna Hochmuth in einer Stellungnahme. Die geplante Bahnunterführung sei ein wichtiger Baustein für die mobile Nachhaltigkeit Fischbachs. Zudem sei die Bahnüberquerung auch für die Belebung der neuen
Mitte in Fischbach wichtig, so Hochmuth weiter.
Dieser belebende Aspekt ist auch Jörg Rabach wichtig. „Das ist doch keine Mitte. Diese Mitte ist tot“, sagt er. „70 Prozent sind Ferienwohnungen und die Geschäfte unten stehen leer. Die Gebäude wurden hingestellt und eine weitere Entwicklung nicht forciert“, kritisiert er.
Was die lange Wartezeit angeht, verteidigt sich die Stadt. Mitte 2019 sei der Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt darüber informiert worden, dass sich der Bau der Bahnunterführung verzögern werde. Zudem sei im Gemeinderat im Dezember 2016 ja auch kein Baubeschluss gefasst worden. Der Rat habe sich damals „zunächst auf eine Variante festgelegt“. Seither seien technische Fragen zur Umsetzung dieser Variante geklärt worden. Bis Mitte 2019 habe die Stadt mit der Bahn die Art der Ausführung der Unterführung festgelegt.
Den eigentlichen Baubeschluss will die Verwaltung im Oktober 2020 in den Gemeinderat einbringen. Stimmt der Gemeinderat zu, kann danach bei der Bahn die Sperrung der Strecke beantragt werden, was für den Bau erforderlich ist. Weil die Bahn dafür einen Vorlauf von drei Jahren veranschlagt, müsste der Antrag auf Sperrung spätestens 2022 gestellt werden, damit die Unterführung 2025 gebaut werden kann.
Jörg Rabach will den Druck aufrecht erhalten. In der nächsten Woche möchte er die gesammelten Unterschriften der Stadtverwaltung übergeben. „Über die Notwendigkeit dieser Unterführung wird von den Fischbachern seit Jahrzehnten gesprochen“, sagt er. Bis 2025 will er sich nicht gedulden. „Es wurden ja schon drei Jahre verschlafen“, sagt Jörg Rabach.