Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Gerügt und abgemahnt
Verbraucherzentrale verpflichtet Sparkasse Bodensee zur vollständigen Information ihrer Kunden bei der Auflösung lukrativer Sparverträge
FRIEDRICHSHAFEN - Der Rüge folgt die Abmahnung folgt die Unterlassungserklärung: Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat die Sparkasse Bodensee mit Sitz in Konstanz und Friedrichshafen darauf verpflichtet, ihre Kunden in Zukunft vollständig zu informieren und ihnen zulässige Vereinbarungen vorzulegen, wenn sie Anlegern die Kündigung lukrativer Sparverträge vorschlägt. Das Geldhaus habe eine entsprechende Unterlassungserklärung unterzeichnet, wie die als Verein organisierte Verbraucherschutz-Organisation am Mittwoch mitteilte.
Die Sparkasse hatte Anfang Dezember Kunden von „Prämiensparen flexibel“-Verträgen in einem Brief eine „Extra-Prämie“angeboten, wenn sie den Vertrag vor Ende der Laufzeit auflösen. Kurz vor Weihnachten rügten die Verbraucherschützer die Vorgehensweise. „Die Sparkasse wollte Kunden mit einer Prämie zur vorzeitigen Kündigung bewegen, um sich von der Zahlungspflicht weit höherer Prämien zu drücken“, erklärt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Darüber hinaus hat die Verbraucherzentrale das Geldhaus wegen rechtswidriger Erklärungen in der dem Brief beiliegenden Vereinbarung über die Vertragsauflösung abgemahnt. Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale entgehen Kunden im Falle einer Auflösung bis zu 20 000 Euro, während ihnen nur ein Bruchteil dieser Summe als ExtraPrämie angeboten wurde, wie es in der Erklärung der Verbraucherschützer heißt. Die Verbraucherzentrale rät Kunden, die Verträge nicht vorzeitig aufzulösen. Und „Verbraucher, die sich getäuscht fühlen, können den Auflösungsvertrag anfechten“, sagt Nauhauser weiter.
In der unterzeichneten Unterlassungserklärung verpflichtet sich die Sparkasse Bodensee, keine Angebote zur Vertragsauflösung von Prämiensparverträgen an Kunden zu senden, in denen das Geldhaus seine Kunden nicht über den tatsächlichen Auszahlungsbetrag bei regulärer Vertragslaufzeit informiert, wie der Sprecher der Sparkasse Bodensee, Wolfgang
Aich, bestätigte. „Eine aus Sicht der Verbraucherzentrale fehlende Information haben wir unseren Kunden nicht zur Verfügung gestellt. Wir haben uns verpflichtet, diese Information zukünftig unseren Kunden zu geben“, sagte Aich.
Hintergrund ist die Tatsache, dass vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken darunter leiden, dass vor der Finanzkrise abgeschlossene langfristige Sparverträge in Zeiten der Niedrigzinspolitik für sie nicht nur unrentabel, sondern zudem zu einer schweren Belastung werden. Wolfgang Aich verweist auf den Umstand, dass sein Institut genau diese Intention in einem Nebensatz des Angebotsbriefs auch offengelegt habe. „Dieses Angebot hilft Ihnen und uns. Sie können sich einen lang ersehnten Wunsch bereits morgen erfüllen, und wir können für uns die negativen Wirkungen der Zinspolitik etwas abmildern“, heißt es in einem Angebotsschreiben, das der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. Die genaue Zahl der Kunden, an die die Sparkasse das Angebot geschickt hat, nennt das Institut nicht. Aich redet von einer „Vielzahl“. Von den mit dem Angebot angeschriebenen Kunden hat nach Angaben der Sparkasse ein Anteil im „einstelligen Prozentbereich“die Offerte angenommen. Ein Kunde habe eine Rückabwicklung gefordert – allerdings aus Gründen, die nichts mit der fehlenden Information zu tun habe.
Die Sparkasse findet ihr Vorgehen in Ordnung, weil die Kunden die Möglichkeit hatten, „selbst und frei zu entscheiden, ob die Auflösung für sie infrage kommt oder nicht“, wie Aich erläutert. Zudem sei kein Vertrag ohne ein ausführliches Beratergespräch aufgelöst worden.
Der Verbraucherschutz sieht das anders. „Die Aussagen sind irreführend“, sagt Nauhauser. „Wenn die Sparkasse der Auffassung wäre, im Recht zu sein, hätten sie die Unterlassungserklärung nicht unterzeichnen müssen.“