Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Spahn rechnet mit weiterer Ausbreitung
Experten halten Coronavirus für tödlicher als Grippe – Datenerhebungen bei Reisenden
BERLIN/GENF - Die Bundesregierung stellt sich auf eine weitere Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland ein: Die Lage habe sich „deutlich verschärft“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag in Berlin. Man werde alles „Menschenmögliche“zum Schutz der Bevölkerung tun. Bereits am Vortag hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vom „Beginn einer Epidemie“gesprochen.
Hintergrund ist ein Anstieg der Erkrankungen: Bis Donnerstagabend stieg die Zahl der Infektionen in
Deutschland auf 30, davon acht in Baden-Württemberg. Im nordrheinwestfälischen Kreis Heinsberg sind schätzungsweise 1000 Menschen in häuslicher Quarantäne. Eine Abriegelung ganzer Städte wie in Italien oder China sei – „Stand heute“– nicht notwendig, sagte Spahn.
Nach Angaben des Robert-KochInstituts (RKI) ist das Virus tödlicher als die Grippe. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Grippe zu sterben, liege bei 0,1 bis 0,2 Prozent, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Die Rate liegt beim Virus Sars-CoV-2 nach bisherigen Erhebungen zehnmal so hoch, nämlich bei ein bis zwei Prozent. „Das ist viel“, sagte Wieler.
Seehofer kündigte Datenerhebungen von Reisenden an: So müssen Fluggäste aus China, Südkorea, Japan, Iran und Italien bei Ankunft in Deutschland ihre Daten angeben. Auch im grenzüberschreitenden Busund Bahnverkehr, insbesondere aus Richtung Italien, sollen die Reisenden Aussteigekarten ausfüllen. Seehofer hofft auf eine Selbstverpflichtung der Transportunternehmen. Spahn rief Urlaubsrückkehrer, „vor allem im Süden“, zur Vorsicht auf. Im Zweifel solle man sich auf das Virus testen lassen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht die Welt an einem Wendepunkt. Noch sei die Corona-Ausbreitung zu stoppen. Es bestehe aber die Gefahr, dass der Erreger außer Kontrolle gerate. „Das Virus hat pandemisches Potenzial“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kündigte staatliche Hilfen für deutsche Unternehmen an, sollte sich die Ausbreitung der Corona-Epidemie weiter verschärfen. Es gehe darum, geplante Maßnahmen wie die steuerliche Förderung bei der Anschaffung digitaler Wirtschaftsgüter oder die steuerliche Besserstellung von Personengesellschaften vorzuziehen, sagte Altmaier am Donnerstag in Berlin. Der Sport diskutiert über eine Absage der 32. Olympischen Spiele.
BERLIN (dpa) - Der Militärische Abschirmdienst hat einen Mitarbeiter eines AfD-Abgeordneten im Bundestag als Rechtsextremisten eingestuft. Das erfuhr die Deutsche PresseAgentur am Donnerstag aus dem Parlament. Der Oberleutnant arbeitet für den AfD-Verteidigungspolitiker Jan Nolte. Der Fall war bereits im vergangenen Jahr Thema, als öffentlich die Erteilung eines Hausausweises für den Bundestag kritisiert worden war.
Maximilian T. war ins Blickfeld der Ermittlungen gegen den Offizier Franco A. geraten. Dieser soll nach Ansicht des Generalbundesanwalts aus einer rechtsextremen Gesinnung heraus einen Terroranschlag geplant haben. Er gab sich als syrischer Flüchtling aus. Gegen Maximilian T. hatte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes 2017 zeitweise Untersuchungshaft angeordnet. Er war der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verdächtigt worden. Das Verfahren gegen ihn wurde später eingestellt.