Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wagners Olympiatraum erfüllt sich
Deutscher Judobund nominiert die 23-Jährige vom KJC Ravensburg für Tokio
Von Michael Panzram
GRAVENSBURG - Die erlösende Nachricht erreichte Anna-Maria Wagner bereits am Dienstagabend. Da informierte der Bundestrainer die 23-jährige Judoka vom KJC Ravensburg, dass sie im Sommer tatsächlich zu den Olympischen Spielen nach Tokio darf. Bevor sich Wagner offiziell freuen durfte, dauerte es aber noch zwei Tage. Erst am Donnerstagvormittag machte der Deutsche Judobund die Nominierungsliste öffentlich. „Die ganze Anspannung, der ganze Stress sind jetzt von mir abgefallen“, freut sich Wagner über ihren Erfolg.
Wagners Traum vom Auftritt auf der größtmöglichen sportlichen Bühne erfüllt sich damit nach einer harten und emotionalen Qualifikation, in der sie sich knapp gegen ihre nationale Konkurrentin Luise Malzahn durchsetzte. Das entscheidende Duell, das war eigentlich allen vorher klar, fand am Sonntag beim Grand Slam in Düsseldorf statt. Wie es die Auslosung so wollte, hätten sich Wagner und Malzahn im Halbfinale getroffen. Da aber beide ihren Viertelfinalkampf verloren, mussten sie in die Trostrunde – um sich dort auf der Judomatte gegenüberzustehen. Nach 63 Sekunden beendete Wagner den Kampf mit einem glatten Punktsieg für sich und reckte Bruchteile nach der entscheidenden Aktion die Faust in die Höhe. Schoss ihr da womöglich schon die mögliche Olympiateilnahme durch den Kopf? Nein, sagt Anna-Maria Wagner.
Den ganzen Tag habe sie sich nur darauf konzentriert, ein gutes Turnier zu kämpfen. Denn – losgelöst von der Olympiafrage – wollte sie vor heimischem Publikum (Wagner lebt und trainiert in Köln) aufs Treppchen. Und das gelang.
Denn nach dem Sieg gegen Malzahn holte Wagner sogar noch die Bronzemedaille, während die 29-Jährige aus Halle an der Saale, die vor vier Jahren in Rio de Janeiro kämpfte, mit Platz sieben zufrieden sein musste. „Da habe ich geahnt, dass es für Olympia reichen könnte“, sagt Wagner vier Tage nach dem nervenaufreibenden Sonntag – der das große Finale eines nervenaufreibenden Zweikampfs war. Wagner und Malzahn war in den zurückliegenden Monaten immer klar gewesen, dass in der Klasse bis 78 kg nur eine nominiert werden würde. So sehen es die Regeln vor. Wagner zeigte großartige Leistungen, kämpfte ihr bestes Jahr, bei der – in Tokio stattfindenden – WM und bei der EM allerdings schied sie früh aus. Und Malzahn ließ einfach nicht locker. Die beiden Weltklasseathletinnen trieben sich gegenseitig zu Höchstleistungen. Es blieb immer eng, auch wenn Wagner in der Weltrangliste und in der Qualifikation immer vorne lag.
„In der Gewichtsklasse bis 78 kg war die Entscheidung für die Bundestrainer besonders schwierig zu treffen“, hieß es passenderweise in der Mitteilung des Deutschen Judobunds (DJB) zu den Nominierungen, die er am Donnerstag bekanntgab. Dahinter verbirgt sich ein langer Weg für Anna-Maria Wagner, der sie jetzt zu Olympia führen wird.