Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Das Hoffen auf Faktor X
Das sagen die Spielführer vor dem Landesligaderby zwischen dem VfB Friedrichshafen und dem SV Kehlen
Von Martin Deck
GFRIEDRICHSHAFEN - Sein Smartphone hat Denis Nikic im Kurzurlaub in Istanbul nicht aus der Hand gelegt. Gemeinsam mit seinem Vater ist er am vergangenen Wochenende an den Bosporus gereist, um das Stadtderby zwischen Fenerbahce und Galatasaray (1:3) zu sehen. Den Auftakt seiner Mannschaft in die Rückrunde hat der Kapitän des Landesligisten VfB Friedrichshafen deshalb verpasst. „Aber ich habe per Liveticker alles mitbekommen“, erzählt der 33-Jährige nach dem 5:1Sieg seiner Teamkameraden beim SV Weingarten.
Für Nikic selbst beginnt die Rückrunde nun also mit einer Woche Verspätung – und dann gleich mit einer ganz speziellen Partie. Am Samstag, 15 Uhr, kommt der SV Kehlen zum Derby nach Friedrichshafen. Auch für die Kehlener ist es das erste Pflichtspiel nach der Winterpause, nachdem das Auftaktmatch gegen den FC Mengen bereits in den Oktober vorverschoben wurde (2:2). „Das wird ein besonderes Spiel. Wir Spieler kennen uns, treffen uns immer wieder in der Stadt. Da ist man natürlich noch mal mehr motiviert“, sagt der Häfler Kapitän, betont aber auch: „Ein Derby hat – wie ein Pokalspiel auch – seine eigenen Gesetze.“
Dabei könnten die Ausgangslagen der beiden Teams kaum unterschiedlicher sein. Der VfB steht auf Rang zwei der Landesliga, nur drei Zähler hinter Tabellenführer Albstadt – bei einem Spiel weniger. Der SV Kehlen belegt aktuell Rang zehn, hat aber nur zwei Punkte Vorsprung auf die Abstiegsränge. Auch die Leistungen in der Vorbereitung sprechen klar für die Friedrichshafener:
Fünf Siege – darunter ein 4:1 über den Verbandsligisten EhingenSüd – und ein Unentschieden aus sechs Testspielen sprechen eine klare Sprache. Die Kehlener hingegen haben vier ihrer sechs Vorbereitungsspiele verloren, am Mittwoch aber zumindest den letzten Test gegen ALigist Wolpertswende für sich entschieden.
Die Favoritenrolle ist also klar vergeben: „Ich erwarte einen Sieg“, sagt Denis Nikic. Und auch Kehlens Kapitän Maximilian Rieber meint: „Der VfB ist natürlich Favorit.“Die beiden Spielführer
sind sich jedoch einig: Es wird ein enges, umkämpftes Spiel. „Kehlen war schon immer ein unangenehmer Gegner und gegen uns ganz besonders motiviert“, sagt VfB-Kapitän Nikic – und trifft damit den Nagel auf den Kopf. „Wir haben noch eine Rechnung offen“, sagt Maximilian Rieber nach der spektakulären 3:7Niederlage im Hinspiel, als Kehlen nach drei Minuten bereits mit 2:0 führte und dann doch noch eine herbe Klatsche hinnehmen musste. „Fußball ist immer für Überraschungen gut. Wenn wir konzentriert auftreten, sind wir sicher nicht chancenlos.“
Damit der SV Kehlen in Friedrichshafen nicht untergeht, wird viel auf den SVK-Kapitän und seine Nebenmänner in der Abwehr ankommen. „Wenn wir etwas mitnehmen wollen, muss in der Abwehr und im Sturm alles stimmen.“Positiv stimmt Rieber, dass nach den großen Personalsorgen in der Vorbereitung im Abschlusstraining am Donnerstagabend 17 Spieler im Training waren. „Eingespielt ist man nie perfekt. Aber die Einstellung wird stimmen.“
Davon geht auch sein Gegenüber aus. „Einstellung schlägt Aufstellung“, sagt Denis Nikic und ist positiv gestimmt. „Die Mannschaft ist gut drauf und hat den Drive aus der Vorbereitung mitgenommen. Wir sind auf jeden Fall bereit.“Auch Nikic trägt beim VfB Friedrichshafen eine hohe Verantwortung – auf dem Platz als Stabilisator im Mittelfeld, aber vor allem auch abseits des Rasens. „Ich versuche die gute Seele zu sein“, sagt der 33-Jährige. Als einer der wenigen erfahrenen Spieler ist er wichtiger
Denis Nikic
Maximilian Rieber Ansprechpartner für seine jungen Mitspieler. „Man muss den Jungs viel Hilfestellung geben.“
Bislang funktioniert dieses Konzept in Friedrichshafen ganz hervorragend. Gerade einmal zwei Saisonspiele hat der Tabellenzweite bislang verloren. Für Nikic kommt das nicht überraschend. Er habe nie am Erfolg gezweifelt, sagt er
– auch nicht nachdem gleich mehrere Stammkräfte den Verein im Sommer verlassen hatten. „Ich war immer positiv gestimmt.“Was die Saisonprognose angeht, ist der Mittelfeldspieler dennoch zurückhaltend. „In der Mannschaft steckt viel Potenzial“, sagt er und traut dem VfB durchaus zu, bis zum Schluss um den Aufstieg in die Verbandsliga mitzuspielen. „Aber wir müssen bescheiden bleiben. Bislang ist alles gut zusammengelaufen und wir wissen nicht, wie die jungen Leute reagieren, wenn es mal nicht so läuft.“
Unabhängig vom Aufstieg hat der 33-Jährige schon jetzt für den
Verbleib in der kommenden Saison zugesagt. „Natürlich macht man sich Gedanken, wie lange man noch auf dem Niveau spielen kann“, erklärt der Routinier. „Aber leistungstechnisch sieht es noch ganz gut aus.“
Auch bei Maximilian Rieber ist davon auszugehen, dass er Kehlen treu bleibt. Schließlich spielt er seit seinem fünften Lebensjahr nur für den SVK. Selbst bei einem Abstieg ist ein Abschied nur schwer vorstellbar. An diesen will der 28-Jährige auch gar nicht denken. „Wenn wir die volle Mannschaft zusammenhaben, bin ich guter Dinge für die Rückrunde.“Vorerst gilt aber der ganze Fokus dem Duell mit Friedrichshafen. Rieber: „In einem Derby ist auch immer der Faktor X dabei. Und den wollen wir nutzen.“Der VfB aber auch.
„Ich erwarte einen Sieg.“
„Wir haben noch eine Rechnung offen.“