Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Vorräte können sinnvoll sein
Das Prinzip just in time hat sich längst über die Werkhallen hinaus ins Privatleben geschlichen. Es wird gekauft, was gerade im Moment gebraucht wird. Es gibt ja zumindest in den Städten alles, und das zu fast jeder Zeit. Nun sind in wichtigen Bereichen Steinchen ins Getriebe geraten. Das Coronavirus zeigt Wirtschaft und Verbrauchern die Grenzen der Vernetzung von allem und jedem auf. Die Industrie leidet unter ausbleibenden Zulieferungen, manche Konsumenten bereiten sich mit Hamsterkäufen auf womöglich zukünftig drohende Quarantäneverordnungen vor.
Diese Entwicklung kann einerseits lehrreich sein, wenn die Krankheitswelle harmlos verläuft. Bisher ist ja im Vergleich zum Beispiel zur regelmäßig auftretenden Grippewelle hierzulande nicht viel geschehen. Es ist trotzdem vernünftig, sich für eine andere Lage mit einem angemessenen Maß an Vorräten einzudecken. Entsprechende Hinweise finden sich auf den Internetseiten der Zivilschutzbehörden. Denn es zeigt sich, dass die extrem arbeitsteilige Gesellschaft anfällig ist, wenn es größere Notfalllagen gibt.
Andererseits kann aus dem Krisenverhalten abseits der faktischen gesundheitlichen Risiken ein wirtschaftliches Fiasko werden. Anzeichen dafür sind nicht zu übersehen. Messen werden abgesagt, an den Börsen purzeln die Kurse so schnell wie in der Finanzkrise. Es riecht nach Panik, dem schlechtesten aller Ratgeber. Zum Glück sind die Kassen des Staates gut genug gefüllt, um gegen einen Abschwung zu steuern.
Das kann schneller nötig werden, als nur an Fakten orientierte Bürger glauben. Ökonomen beobachten ein Herdenverhalten. Wenn sich etwa die Konsumenten gleichzeitig mit Käufen zurückhalten, kann sich eine Spirale nach unten in Gang setzen. So könnten aus den Steinchen im Getriebe schnell Steine werden, die die konjunkturelle Entwicklung stark ausbremsen. Zum Glück muss ein so negatives Szenario nicht eintreten. Doch auch dann sollten alle überlegen, wie sich das Risiko beherrschen lässt. In immer funktionierende Systeme zu vertrauen, ist zu leichtfertig.