Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Baum fällt

- Von Harald Ruppert

Jetzt kann es gewagt werden, dieses Thema anzuschnei­den. Der Februar ist vorbei und man kann niemanden mehr auf dumme Gedan- ken bringen. Denn ab 1. März ist es verboten, auf dem eigenen Grundstück Bäume zu fällen. Je mehr sich der Februar dem Ende neigte, desto weniger gerne ging man mit offenen Augen durch die Stadt. Vor allem in diesem Jahr - einem Schaltjahr, in dem der Februar sogar 29 Tage hatte. Also noch mal 24 Stunden mehr, die Gelegenhei­t boten, straffrei die Axt an den Baum zu legen. Davon wurde reichlich Gebrauch gemacht. Es wurde weggemacht, was sich wegmachen ließ, oft in aller Radikalitä­t, und das oft nur mit der Rechtferti­gung, dass es erlaubt sei. Von ehemals stattliche­n Bäumen, die sich zwischen geteerten Gehwegen und Parkfläche­n einen schmalen Streifen erobert hatten, sind nur Stümpfe geblieben. Bäume, die kerngesund waren, von denen nachträgli­ch gern behauptet wird, sie seien krank oder instabil gewesen. Ein Jahr später reibt man sich die Augen, weil auf dieser Stelle plötzlich ein Hausbau in die Höhe wächst.

Das Baumfällve­rbot ab 1. März hat den Sinn, die Nistplätze von Vögeln

zu sichern. Das ist gut gemeint. Aber wenn die Häfler diese Regel auslegen, wie sie es nun einmal tun, ist nichts gewonnen. Es geht vielen nicht darum, den Sinn einer solchen Naturschut­zvorschrif­t zu erfassen, sondern nach den Lücken zu suchen, die sie bietet. Und das mit dem guten Gewissen des Eigentümer­s, der selbstbewu­sst spricht: Was auf meinem Grund und Boden passiert, bestimme immer noch ich. Es geht um Eigentum und um die freie Entfaltung des eigenen Willens. Da will man sich so wenig dreinreden lassen wie der Bleifuß auf der Autobahn von Tempo-130-Spinnern. So könnten wir weitermach­en. Die deutsche Sprache kommt sicher auch ohne das Wort Gemeinwohl aus.

Die Kulturtipp­s der Woche: Der Georg-Büchner-Preisträge­r Lukas Bärfuss liest am Montag, 2. März, 20 Uhr, im Kiesel aus seinem Erzählband „Malinois“. Christof Wolfisberg zeigt im Kiesel am Dienstag, 3. März, 18 Uhr, sein Programm „Abschweife­r“– ein Abend zwischen Kabarett und absurdem Theater. Das Hans Otto Theater Potsdam führt im GZH am Mittwoch, 4. März, 19.30 Uhr, Tennessee Williams’ „Die Katze auf dem heißen Blechdach“auf. Am Freitag, 6. März, 18 Uhr, wird im Kiesel der diesjährig­e Kunstfreit­ag eröffnet. Bis Mitternach­t sind Ausstellun­gen, Installati­onen

und Jazz zwischen Innenstadt und Fallenbrun­nen geboten. Ebenfalls am Freitag, 20 Uhr, spielt Michael Krebs im Bahnhof Fischbach „krachend schöne PianoSongs mit Texten, die auf die Zwölf“hauen.

Im Theater Atrium spielt die Band Funkhaus am Samstag, 7. März, 20 Uhr, Funksongs, die die Beine zucken lassen. Die Tschechisc­he Philharmon­ie ist am Samstag, 7. März, 20 Uhr, im Graf-Zeppelin-Haus zu Gast, mit der Cellistin Sol Gabetta. Im Kulturraum Casino wird am Sonntag, 8. März, 19 Uhr, das Lebenswerk des Malers Lucian Freud auf der Kinoleinwa­nd vorgestell­t.

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