Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Grüne plädieren für mehr Dienstreisen mit dem Fahrrad
Grüne wollen Auto und Rad bei Reisekosten gleichstellen – Warum die CDU dagegen ist
STUTTGART (tja) - Baden-Württembergs Landesbeamte sollen für Dienstfahrten häufiger auf Fahrrad oder E-Bike umsteigen. Das wünschen sich die Grünen. Als Anreiz wollen sie den Beamten pro Radkilometer genauso viel Geld zahlen wie für eine Fahrt mit dem Pkw, nämlich 25 Cent. „Das klimaverträglichste Verkehrsmittel sollte immer erste Wahl sein, wofür es auch im Landesreisekostengesetz entsprechende Anreize braucht“, so Thekla Walker, Finanzexpertin der Grünen. Die Regierungspartner von der CDU wollen das jedoch nicht mitmachen. „Das Gesetz ist kein Instrument, um das Reiseverhalten zu steuern. Es geht darum, Beamten des Landes Kosten zu erstatten“, meint dagegen der CDU-Politiker Tobias Wald. Deswegen müsse das Land für einen Autokilometer mehr zahlen als für Radkilometer.
Von Katja Korf
STUTTGART - Wie viel Geld sollen Baden-Württembergs Beamte bekommen, wenn sie eine Dienstreise mit dem Auto antreten – und wie viel, wenn sie radeln? An dieser Frage scheitern seit zwei Jahren neue Regeln zu Dienstreisen im Südwesten. Die Regierungspartner von Grünen und CDU können sich nicht einigen. Nun versuchen es die Grünen erneut.
Ob Flugzeug, Bahn, Auto oder Fahrrad – ihre Dienstreisen rechnen Baden-Württembergs Beamte nach Regeln ab, die seit 1997 gelten. Zwanzig Jahre später machten sich Grüne und CDU daran, das zu ändern: klimagerechter und einfacher sollten sie werden. Die Ministerien hatten sich bereits geeinigt, doch die Landtagsabgeordneten beider Seiten verhakten sich. Es geht um 50 bis 60 Millionen Euro pro Jahr, die das Land seinen Beamten erstattet. Ob Lehrer, Minister, Polizisten, Professoren: Die Regeln gelten für alle, weshalb eine Neuregelung nicht einfach ist.
Der seit zwei Jahren vorliegende Entwurf soll unter anderem Fahrten mit Fahrrad und E-Bike attraktiver machen. „Moderne, nachhaltige Mobilitätsformen sollen gleichrangig erstattet werden wie das Auto“, so das Finanzministerium, dessen Chefin Edith Sitzmann (Grüne) für die neuen Regeln verantwortlich zeichnet. Auch bei Dienstflügen soll sich etwas ändern. Schon heute melden die Ministerien jährlich, wie viele Flugkilometer ihre Beamten zurückgelegt haben. Als Kompensation für verursachte Treibhausgase zahlt das Land Geld für Klimaschutzprojekte. Das soll künftig auch für nachgeordnete Behörden gelten, nicht nur für die Ministerien. Hinzu kommen Verbesserungen für Beamte in Ausbildung. Beides zusammen kostet pro Jahr voraussichtlich einen mittleren einstelligen Millionenbetrag mehr, schätzt das Finanzministerium.
Die CDU-Landtagsfraktion stößt sich vor allem an der Frage, wie viel Geld für die Nutzung eines privaten Pkw im Vergleich zu Fahrrädern oder E-Bikes gezahlt werden soll. Bislang erstattet das Land für jeden Radkilometer im Dienst zwei Cent. Die Beträge für PKW-Kilometer variieren. Sie reichen von 16 Cent bis 35 Cent, je nach Hubraum des Autos. Hinzu kommen Aufschläge für Fahrten auf unwegsamen Strecken oder für jemanden, der Kollegen mitnimmt. Sitzmann will die Abrechnung vereinfachen und schlägt nur noch zwei verschiedene Erstattungssätze vor: 35 Cent pro Fahrt bei erheblichem dienstlichen Interesse. Das betrifft Mitarbeiter im Außendienst, Fahrten in Fahrgemeinschaften oder Menschen mit Schwerbehinderung. Für alle anderen Strecken sollen 25 Cent gelten. Ebensoviel bekäme, wer anderer Fahrrad oder EBike benutzt.
Die CDU lehnt diese Gleichsetzung ab. Sie fordert fünf Cent mehr pro Kilometer bei normalem Dienstfahrten mit dem Pkw – und damit auch fünf Cent mehr als für Radfahrten. „Die Beschäftigten sollen die Kosten erstattet bekommen, die entstehen. Diesem Gedanken entsprechend soll der Ersatz für Kraftfahrzeuge auch höher sein als für Fahrrad oder E-Bike. Dies dürfte unzweifelhaft den tatsächlich entstehenden Kosten entsprechen“, sagt Tobias Wald, Finanzexperte der CDU-Fraktion.
Davon hält die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Thekla Walker, nichts. „Dem können wir nicht zustimmen. In Zeiten des Klimawandels wollen wir auf keinen Fall Anreize für das Nutzen des motorisierten Individualverkehrs schaffen. Das klimaverträglichste Verkehrsmittel sollte immer erste Wahl sein, wofür es auch im Landesreisekostengesetz entsprechende Anreize braucht.“Ihr CDU-Pendant Wald hält dagegen: „Das Reisekostengestz ist kein Instrument, um das Reiseverhalten zu steuern. Es geht darum, Beamten des Landes Kosten zu erstatten.“
Die Grünen haben die Hoffnung auf eine Einigung noch nicht aufgegeben. Sie wagen einen neuen Anlauf.
Und zwar wollen sie in das ebenfalls umstrittene Klimaschutzpaket der Regierung einen neuen Passus zu den Reisekosten einführen. Zum einen sollen alle Hochschulen in Baden-Württemberg Flüge ihrer Professoren und Mitarbeiter ausgleichen – also für den CO2-Ausstoß zahlen. Außerdem soll die Gleichbehandlungen von Rad, E-Bike und Pkw her verankert werden.
Letzteres kommt beim Regierungspartner nicht gut an. „Inhaltlich hat sich nichts an unserer Haltung geändert“, sagt CDU-Mann Wald. „Wir wollen ein modernes Landesreisekostengesetz. Das ist schon deshalb wichtig, um die Kostensätze den heute geltenden Preisen anzupassen und Referendare besserzustellen“. Aber bei den Autokosten bleibe die CDU bei ihrer Position.