Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Gut genölt
Black-Sabbath-Legende Ozzy Osbourne trotzt auf seinem neuen Album „Ordinary Man“allen Widrigkeiten
Von Jochen Schlosser
GRAVENSBURG - Nach all den üblen Nachrichten der vergangenen Monate, ja Jahre war damit wahrlich nicht mehr zu rechnen: Ozzy Osbourne hat zehn Jahre nach „Scream“(2010) doch noch ein neues Album veröffentlicht – trotz seiner Parkinson-Erkrankung, trotz der Nackenoperation, trotz der darauf folgenden Tourabsage. Und womit erst recht nicht zu rechnen war: „Ordinary Man“(Epic/Sony) ist richtig gut. Der frühere Leadsänger von Black Sabbath spielt dabei gekonnt mit allerlei nostalgischen Anklängen, ohne dabei jemals altbacken zu klingen.
Mit Metal à la Sabbath hat das natürlich nur noch am Rande zu tun, und dennoch rockt die Platte. Dafür sorgen auch die prominenten Gastmusiker, vor allem Guns n‘ RosesBassist Duff McKagan und Red Hot Chili Peppers-Schlagzeuger Chad Smith. Sie liefern einen extrem guten Groove. Guns 'n Roses-Gitarrist Slash glänzt beim grandios ausgefallenen Opener „Straight to Hell“, einem klassischen Rock-Song, mit einem fulminanten Solo. Noch besser, weil eher im alten Sabbath-Kosmos verankert, sind jedoch „Under The Graveyard“und das hypnotischschleppende „Goodbye“. Auch textlich beweist Osbourne hier Humor. Seine Arbeit sei getan, singt er, um final zu fragen: „Do They Serve Tea in Heaven?“Als selbst ernannter Prinz der Finsternis mal nachzuhaken, ob es im Himmel Tee gibt? Auf diese Idee kann wahrlich nur ein einigermaßen wirrer Engländer kommen.
Auch das titelgebende Stück „Ordinary Man“strotzt bei aller Altersweisheit
nur so vor Ironie. Gemeinsam mit seinem langjährigen Freund Elton John, der in der Ballade auch Klavier spielt, wird in Erinnerungen geschwelgt und behauptet, man sei für den ganzen Ruhm nicht wirklich vorbereitet gewesen. Ozzy und Elton – selten haben zwei noch schrägere Vögel von sich behauptet, ganz normale Männer zu sein. Im zarten Alter von 72 (John) und 71 (Osbourne) ist
Flunkern aber natürlich jederzeit erlaubt.
Weniger passend als das Duett mit Sir Elton John sind die beiden abschließenden Songs, die Ozzy Osbournes Versuch darstellen, auch bei der jüngeren Hörerschaft zu punkten. Bei „It’s A Raid“brüllen sich er und der angesagte R&B-Star Post Malone gegenseitig an. Was wohl Punk sein soll, ist zumindest noch für Osbourne passender Krach. Völlig deplatziert ist das abschließende Stück „Take What You Want“gemeinsam mit Malone und dem Rapper Travis Scott. Diese knapp vier Minuten weichgespülte Fahrstuhlmusik sind absolut überflüssig.
Dass dieses Gedudel am Ende der Platte steht, macht es für den klassischen Album-Hörer jedoch einfach: Wer davor aufhört, hat das beste Osbourne-Album mindestens seit „Down to Earth“(2001) gehört, vielleicht sogar seit „Ozzmosis“(1995). Aber das ist eigentlich egal. Osbourne hat Spaß und ist – was das Erstaunlichste nach diesem irren Leben ist – tatsächlich bestens bei Stimme. Gut genölt, Ozzy! Dass da vielleicht mit dem einen oder anderen digitalen Trick nachgeholfen wurde? Geschenkt. Das machen jüngere Sänger dieser Tage auch.