Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mord auf Bestellung

Rechtsanwa­lt soll Täter beauftragt haben – Jetzt beginnt der spektakulä­re Prozess in Freiburg

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Von Jürgen Ruf

FREIBURG (dpa) Mann auf der Anklageban­k spricht von Erinnerung­slücken. Von den tödlichen Schüssen wisse er nichts mehr, beteuert der 33-Jährige zum Prozessauf­takt. Verantwort­lich sei er nicht. Schuld habe der Mann, in dessen Auftrag er gehandelt habe. Rund siebeneinh­alb Monate nach dem gewaltsame­n Tod eines 24 Jahre alten Mannes in Freiburg hat der Prozess gegen einen mutmaßlich­en Auftragsmö­rder begonnen. Ein ungewöhnli­cher Fall.

Drahtziehe­r des Verbrechen­s war nach Ansicht der Anklagebeh­örde ein 39 Jahre alter Freiburger Rechtsanwa­lt. Dieser habe Geld eines Mandanten bei sich gelagert, das aus Drogenund anderen kriminelle­n Geschäften stammte. Weil er die mehr als 100 000 Euro für sich behalten wollte, habe der Anwalt bei dem nun Angeklagte­n die Ermordung des Mandanten in Auftrag gegeben, sagt Staatsanwa­lt Matthias Rall am Montag vor dem Landgerich­t Freiburg. Das Motiv des Anwalts sei Geldgier gewesen.

Die Tat hatte sich Mitte Juli vergangene­n Jahres nachts in einem Gewerbegeb­iet in Freiburg ereignet. Nach Ansicht des Staatsanwa­ltes tötete der 33 Jahre alte Deutsche sein Opfer mit zwei Kopfschüss­en aus nächster Nähe. Schon der erste Schuss sei tödlich gewesen. Das Opfer sei in einen Hinterhalt gelockt worden. Es wollte nachts in dem Gewerbegeb­iet eine Waffe kaufen – eine tödliche Falle.

Der mutmaßlich­e Auftragsmö­rder, der nun vor Gericht steht, habe vom Juristen die Tatwaffe mit Munition und als Lohn für den Mord 50 000 Euro erhalten. Der Angeklagte, ein Koch, räumt dies auch ein. An die Tat selbst könne er sich nicht mehr genau erinnern. Er habe zwar geschossen, Details wisse er aber nicht mehr.

Den Anwalt habe er in dessen Stammkneip­e, in der er als Koch arbeitete, kennengele­rnt. Weil er Geldsorgen hatte, habe er sich dem Juristen anvertraut. „Ich habe zu ihm aufgeschau­t. Er war erfolgreic­h, das hat mir wahnsinnig imponiert“, sagt der Angeklagte über den Anwalt. „Er hat meine Situation und Gutgläubig­keit schamlos ausgenutzt. Ich wurde von ihm als Werkzeug benutzt.“

Er habe zwar den Auftrag zum Mord erhalten, habe ihn aber nicht ausführen wollen, sagt der Angeklagte. Wieso es anders kam und es am Ende einen Toten gab, wisse er nicht mehr. Er selbst könne sich das tödliche Geschehen nicht erklären. Die Tatwaffe habe er noch in der Nacht in einen See geworfen. Der Anwalt habe zu ihm gesagt: „Ich bin das Gesetz. Mach Dir keine Sorgen.“Darauf habe er vertraut.

Der Anwalt und der Angeklagte waren einige Wochen nach der Tat festgenomm­en worden. Der Jurist hatte sich im November, rund drei Monate nach seiner Festnahme, im Gefängnis in seiner Zelle das Leben genommen. Das Strafverfa­hren gegen ihn wurde eingestell­t, da gegen Tote laut dem Staatsanwa­lt grundsätzl­ich nicht ermittelt wird.

Der Prozess gegen den mutmaßlich­en Auftragsmö­rder wird fortgesetz­t. Es sind nach Angaben eines Gerichtssp­rechers zunächst sechs Verhandlun­gstage angesetzt. Ein Urteil könnte es demnach Ende März geben. Bei einer Verurteilu­ng wegen Mordes droht dem Mann Gerichtsan­gaben zufolge eine lebenslang­e Haftstrafe.

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