Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Martin Hofmeir begeistert barfuß und mit Tuba
Brass Band Oberschwaben-Allgäu unterhält ihre Gäste im Bahnhof Fischbach
Von Wilfried Geiselhart
GFISCHBACH - Wie das Leben so spielt: Als Jugendlicher wollte er eigentlich am liebsten Schlagzeuger werden und die große Trommel so richtig malträtieren. Weil es am meisten Krach macht. Weil man während des Musikmachens essen kann. Doch seine Blaskapelle hatte andere Pläne mit ihm. Weil sie keinen Tubisten mehr hatte. Heute kommt Andreas Martin Hofmeir mit diesem sperrigen Instrument gut klar und spielt als viel gefragter Solist schon mal in großen Konzerthäusern mit den Wiener Philharmonikern oder dem Gewandhausorchester Leipzig. Oder aber mit der Brass Band Oberschwaben-Allgäu im Bahnhof Fischbach. Der war am vergangenen Sonntagabend proppenvoll. Hofmeirs musikalische Ausrichtung ist aber mittlerweile nur eine Facette seiner zahlreichen Talente. Das bayerische Urgestein kann mehr – viel mehr. „Brass & Cabaret“zum Beispiel. Davon konnten sich die Zuschauer überzeugen.
Natürlich kam der Musik an diesem Abend mehr als nur eine bloße Nebenrolle zu. Mit sattem Blechbläsersound konnte der gut bestückte Klangkörper der Brass Band unter der Leitung von Andreas Koller im Fanfarenhaften ebenso überzeugen wie in leiseren, getragenen Passagen. Etwa mit „Horizons“von Paul Lovatt-Cooper oder der Sinfonetta Nr.3 von Etienne Crausaz. Und der Hauptdarsteller des Abends glänzte im solistischen Vortrag, zum Beispiel im Tuba-Konzert Nr.4 Es-Dur, das ihm Jörg Duda – laut Hofmeir „der Johann Sebastian Bach der Holledau“– in einer Auftragsarbeit quasi auf den Leib geschrieben hat. Mindestens genauso interessant sind aber die philosophischen Betrachtungen, die Hofmeir mit konsequent trockenem Humor zum Besten gibt. Wie immer hat er kurz vor dem Konzert seine Schuhe und seine beigefarbigen Wollsocken ausgezogen. Dass er barfuß auf die Bühne kommt, hat natürlich zum einen rein geruchstechnische Gründe. Hofmeir hat aber auch festgestellt, dass entblößte Haut ihm von vornherein die Aufmerksamkeit des Publikums sichert. Und sein Vorbild steckt an. So entledigt sich auch die junge Percussionistin der Brass Band schon vor der Pause ihrer hochhackigen und doch unnötigen Pumps
Aber zurück zum Wesentlichen. Dass die Tuba das hochentwickelteste Instrument überhaupt ist, dieser Überzeugung von Andreas Martin Hofmeir mag man gerne folgen. Auch der Tatsache, dass Brass Bands im Vereinten Königreich gegründet wurden, um seinerzeit Atemwegserkrankungen von Minenarbeitern vorzubeugen, kann man sich kaum verschließen. Natürlich wurden Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Tubisten eher zwangsverpflichtet, waren keine Koryphäen und im Grunde verzichtbar. Mit hörbarem Interesse wird im mitgehenden Publikum vernommen, dass die Tuba dennoch nicht unterschätzt werden darf und ihr in Prokofjews Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“die für den Handlungsablauf so wichtigen Flatulenzgeräusche zukommen.
Dass es „Männer und Tenöre“gibt, das weiß jeder Chorsänger genau. Das gleiche gilt offenbar aber auch im Falle der Tenorhörner. Hofmeir scheut sich nicht mal davor, die Bibelfestigkeit im Publikum abzufragen. Zu Recht. Schließlich wurde den Leuten in längst vergangenen Zeiten in Jericho schon der Marsch geblasen. Schön sind nicht zuletzt die selbst verfassten Gedichte, die Andreas Martin Hofmeir an diesem Abend mit der ihm eigenen zurückhaltenden Leidenschaft – mal in deutscher, mal in „starkdeutscher“Sprache vorträgt. „Der Po-sau-nist klingt viel versauter als er ist.“
Wirklich wahr, wie sich beim Blick in die Reihen der Brass Band Oberschwaben-Allgäu leicht nachvollziehen lässt.