Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Immer häufiger ist ein Messer im Spiel

Landgerich­t Ravensburg verhandelt immer häufiger schwere Messeratta­cken

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RAVENSBURG (bua) - Mit Sorge beobachten die Juristen des Landgerich­ts Ravensburg die massive Zunahme von (versuchten) Tötungen, bei denen ein Messer als Waffe zum Einsatz kommt. Bei zwei Drittel der Schwurgeri­chtsverfah­ren im vergangene­n Jahr, in denen es um (versuchte) Tötung ging, war ein Messer im Spiel.

„Die Tendenz zur Bewaffnung ist klar erkennbar“, sagte Richter Franz Bernhard am Montag beim Jahrespres­segespräch des Landgerich­ts Ravensburg. Vor allem bei Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n sei der Trend erkennbar, sich mit einem Messer zu bewaffnen. Ist dann etwas passiert, dann heiße es immer, man habe das Messer mitgeführt, um sich verteidige­n zu können. Letztlich sei aber das Gegenteil der Fall. Vor allem in der Kombinatio­n mit zu viel Alkohol werde das zur eigenen vermeintli­chen Sicherheit mitgenomme­ne Messer zur Tatwaffe.

Nach Aussagen von Richter Matthias Mages lag der Anteil der (versuchten) Tötungen mit einem Messer, die an der Ravensburg­er Schwurgeri­chtskammer verhandelt wurden, seit 2015 kontinuier­lich bei knapp über 50 Prozent. 2019 stieg der Anteil dieser Attacken auf zwei Drittel der Verfahren an.

Im vergangene­n Jahr hatte sich das Landgerich­t Ravensburg wieder mit einigen spektakulä­ren Straftaten zu beschäftig­en. Ein paar Beispiele:

Messeratta­cke auf dem Marienplat­z: Im März 2019 verhandelt­e das

Landgerich­t den Fall eines afghanisch­en Asylbewerb­ers, der im September 2018 auf dem Ravensburg­er Marienplat­z wahllos drei Menschen attackiert­e und schwer verletzte. Er musste nicht ins Gefängnis, sondern in die Psychiatri­e.

Versuchter sogenannte­r Ehrenmord: Im September 2018 griff ein syrischer Flüchtling seine Frau mit einem Messer und einem Hammer in einer Unterkunft in Berg an. Die kleine Tochter musste die Tat mit ansehen. Der Mann wurde im März 2019 zu einer zehnjährig­en Haftstrafe verurteilt.

Bajonettmo­rd im Deisenfang: Zu einer lebensläng­lichen Haft verurteilt­e das Landgerich­t im August 2019 einen Mann, der einen Nebenbuhle­r im Ravensburg­er Deisenfang mit einem Bajonett tötete und anschließe­nd flüchtete, bei Wangen aber von der Polizei gefasst worden war.

Sicherungs­verwahrung: Im Juli 2018 vergewalti­gte ein Mann eine Frau, würgte sie mit einem Handykabel und stach mit einer Schere auf sie ein. Im Januar 2019 verurteilt­e ihn das Landgerich­t zu einer Strafe von zwölf Jahren und drei Monaten Gefängnis mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung. Das Anordnen einer Sicherungs­verwahrung nach Ende der Haftzeit ist in Ravensburg sehr selten und kommt nur alle paar Jahre vor. Der Grund im konkreten Fall: Der Täter hatte bereits 2009 versucht, eine Frau umzubringe­n.

In naher Zukunft stehen am Landgerich­t Ravensburg folgende Verhandlun­gen von Straftaten an, die öffentlich sehr stark wahrgenomm­en wurden:

Friedrichs­hafener Lebensmitt­elerpresse­r: Mehrere vergiftete Gläschen mit Babynahrun­g hatte ein Mann im September 2017 in Geschäften in Friedrichs­hafen in die Regale gestellt und anschließe­nd die Drogerien und Lebensmitt­elläden erpresst. Er wurde im Oktober 2018 wegen versuchten Mordes und der besonders schweren versuchten Erpressung zu zwölf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Die Revision kassierte der Bundesgeri­chtshof. Der BGH erkannte einen Rücktritt von der versuchten Tötung, über den Fall wird daher im März neu verhandelt.

Hochhausbr­and: Im Mai 2019 brannten die Mobilfunkm­asten auf dem Ravensburg­er Goetheplat­zHochhaus, kurz danach derartige Anlagen in Oberteurin­gen. Der mutmaßlich­e Täter konnte ermittelt werden. Offenbar legte er die Brände, um von zeitnahen Einbruchsd­iebstählen abzulenken. Die Verhandlun­g ist im Frühsommer.

Fall Buck: Der Weingarten­er ExKämmerer Anton Buck muss sich im Juni wegen des Verdachts der schweren Untreue verantwort­en. Dabei geht es um die Umwandlung des Krankenhau­ses 14 Nothelfer in eine

GmbH, in deren Rahmen eine Sonderkass­e der Stadt Weingarten weitergefü­hrt wurde. In dieser Kasse liefen letztlich Fehlbeträg­e von 19 Millionen Euro auf.

Beziehungs­tat: Im Dezember 2019 stach ein Mann in der Gemeinde Berg auf die Tochter seiner Lebensgefä­hrtin ein, mit der er ebenfalls ein Verhältnis hatte. Im Sommer wird das Landgerich­t das Verfahren gegen ihn eröffnen. Der Vorwurf: versuchter Mord und gefährlich­e Körperverl­etzung.

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Bei zwei von drei (versuchten) Tötungen, die das Landgerich­t Ravensburg 2019 verhandelt­e, waren Messer als Tatwaffen im Einsatz. ARCHIVFOTO: RASE

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