Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eine Runde Trost

Der Mahindra des Worndorfer­s Pascal Wehrlein hat beim Formel-E-Rennen in Marrakesch zumeist zu wenig Grip

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Von Klaus-Eckhard Jost

GMARRAKESC­H - Auf dem großen Zeitenmoni­tor wurde Pascal Wehrlein weit unten aufgeführt. Auf Platz 22 war der Mahindra-Pilot beim FormelE-Rennen in Marrakesch ins Ziel gekommen. Doch die Zeit der schnellste­n Rennrunde leuchtete magenta auf. Das bedeutet Bestwert. Die 1:20,235 Minuten für die Umrundung des 2,971 Kilometer langen Kurses sind für den 25-Jährigen Balsam auf die geschunden­e Seele. Denn mit der momentanen Leistungsf­ähigkeit seines Arbeitsger­ätes hat er keine großen Chancen auf herausrage­nde Platzierun­gen. Effizienz und den Grip über die ganze Renndistan­z benötige das Auto, um erfolgreic­h zu sein. Sein Mahindra, so Pascal Wehrlein, verfüge nicht über diese Attribute.

Warum dann die schnellste Rennrunde? „Ich hatte eine Berührung mit Sam Bird, als ich ihn überholt habe“, erzählt der Worndorfer (Landkreis Tuttlingen). Zum Dank sei ihm der Virgin-Pilot in der folgenden Runde aufs linke Hinterrad gefahren. Die Folge: Plattfuß. Deswegen musste Wehrlein sich neue Reifen an der Box abholen. „Nach dem Wechsel bieten die Reifen die ersten zwei, drei Runden guten Grip, den muss man nutzen, bevor sie beginnen zu überhitzen.“Und Pascal Wehrlein hat den frischen Gummi genutzt.

Trotz fehlender Effizienz und fehlenden Grips hofft der Rennfahrer demnächst auf bessere Ergebnisse. Die Voraussetz­ungen dafür wurden vor dem letzten Rennen in Mexiko geschaffen, als an den Fahrzeugen von Wehrlein und seinem Kollegen Jérôme d’Ambrosio Teile des Getriebes verstärkt wurden und beide vom Ende des Feldes losfahren mussten. „Wir haben die Schwachste­lle analysiert und stabiler gemacht“, berichtet Wehrlein, „wir hatten in den ersten drei Rennen schon zwei Getriebesc­häden.“Deswegen sei es ausschließ­lich um die Standfesti­gkeit, nicht um die Performanc­e gegangen.

Bis zum nächsten Rennen in fünf Wochen in Rom versuchen die Mahindra-Ingenieure nun, mehr Grip zu finden. Ohne Traktionsk­ontrolle. Bei dem Chassis, an dem keine Veränderun­gen

vorgenomme­n werden dürfen, ist dies jedoch kein leichtes Unterfange­n. „Uns fehlt nicht nur die Traktion beim Beschleuni­gen, sondern auch in den Kurven und beim Bremsen“, erklärt Wehrlein. Der Maßstab sind momentan DS-Techeetah, das in Felix Antonio da Costa den Sieger und in Jean-Éric Vergne den Drittplatz­ierten stellen konnte, sowie BMW (Platz zwei durch Maximilian Günther) und Jaguar. „Aus den GPSDaten können wir herauslese­n, dass die schneller in den Kurven und auch auf den Geraden effiziente­r sind", so der Mahindra-Pilot. Dies bedeute, dass ihre Fahrer länger auf Geraden Vollgas geben und später bremsen können. „Wie die das machen, weiß ich nicht“, sagt Wehrlein.

Durch das spezielle Qualifying­Format (die Bestplatzi­erten in der Tabelle müssen als Erste auf die Strecke) ist es sowieso schwierig, konstant gute Ergebnisse abzuliefer­n. Doch auch generell ist der Wettbewerb in der sechsten Saison der vollelektr­ischen Rennserie noch einmal enger geworden. Verantwort­lich dafür sind die Neueinstei­ger Mercedes und Porsche. „Beide haben es schon aufs Podest gebracht“, sagt Pascal Wehrlein, der in dieser Saison noch auf so ein Erfolgserl­ebnis wartet.

In Marrakesch hatte der 25-Jährige eigentlich darauf spekuliert. „Die Strecke mit den langen Geraden liegt unserem Auto“, erklärte er vor dem Rennen noch zuversicht­lich. Doch nach Platz 15 im Qualifying folgte schnell die Ernüchteru­ng. „Wir waren heute nicht so stark wie die letzten beiden Rennen, dann ist es einfach schwierig, nach vorne zu kommen.“Und wenn dann noch solche Zwischenfä­lle wie die Berührung mit Sam Bird dazukommen, dann wird ein gutes Ergebnis unmöglich.

Hilft der Blick voraus auf die nächste Wettfahrt? Nur bedingt. Denn der Stadtkurs in Rom bietet wieder wenig Grip. Pascal Wehrlein erinnert sich mit Grauen ans vergangene Jahr: „Damals waren wir nicht gut unterwegs.“

Umso besser also, dass sich Pascal Wehrlein mit der schnellste­n Rennrunde wenigstens ein kleines Erfolgserl­ebnis gegönnt hat.

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