Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Behörden reagieren betont gelassen auf zwei Coronavirus-Fälle in Ulm
45-jährige Frau und ein zwölfjähriger Junge waren in Südtirol beim Skifahren – 19 Personen aus ihrem Umfeld befinden sich in häuslicher Isolation
Von Johannes Rauneker
ULM - Jetzt hat auch Ulm seine ersten Covid-19-Fälle – und es ist nicht auszuschließen, dass weitere folgen. Eine 45-jährige Frau sowie ein Jugendlicher kamen erkrankt aus dem Südtirol-Urlaub zurück. Die Frau wird isoliert auf der Infektionsstation der Uniklinik behandelt, der Junge bei sich zuhause.
Er habe gerade mit einem „Viertele“bei einer Veranstaltung angestoßen, sagt Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch, als er am Montagabend davon erfahren habe: Auch in „seiner“Stadt gibt es einen ersten positiven Corona-Fall. Grund zur Panik bestehe jedoch nicht, so das Ulmer Stadtoberhaupt bei einer Pressekonferenz, die am Dienstag im Landratsamt des Alb-Donau-Kreises veranstaltet wurde. Czisch wie auch Heiner Scheffold, der Alb-Donau-Landrat, in dessen Haus das für die Region zuständige Gesundheitsamt ansässig ist, betonen: alles im Griff.
Auch Udo X. Kaisers, der Ärztliche Leiter der Uniklinik, macht nicht den Eindruck, als würde er sich sorgen. Er verweist auf eine Taskforce, die vor einer Woche eingerichtet worden sei. Außerdem verfüge die Uniklinik über genügend Kapazitäten, die auch noch hochgefahren werden könnten, wenn nötig. Die Klinik könne problemlos über die bislang bekannten Fälle hinaus tätig werden.
Die 45-Jährige – die bislang nur milde Symptome wie Schnupfen zeige – verbrachte in einer Gruppe, zu der auch der Zwölfjährige gehörte, ihren Skiurlaub in Südtirol. Es soll sich um mehrere befreundete Familien handeln.
Am Montag ließ sich die Ulmerin auf Anraten ihres Arbeitgebers testen. Ihren Arbeitsplatz hatte sie vorsorglich gar nicht besucht. Ihr Alltag in der Klinik sei vor allem eines: langweilig, wie sie dem Sender Regio TV verriet. Auch dem Bub, der ebenfalls aus Ulm kommt, soll es gut gehen. Er befindet sich in „häuslicher Isolation“.
Dass auch er das Virus in sich trägt, wurde erst am Dienstagabend bekannt. Da befand er sich aber schon zuhause – so wie 19 weitere Personen aus dem Urlaubstross. 15 von ihnen leben in Ulm, drei in Neu-Ulm und eine Person im Kreis Karlsruhe.
Sie dürfen die kommenden Tage nicht zum Arbeiten kommen oder in die Schule gehen, auch für sie gilt häusliche Quarantäne.
Zwar sollen außer den beiden positiv Getesteten weitere Teilnehmer der Reisegruppe, die nun beobachtet werden, unter Schüttelfrost, Fieber und Halsschmerzen leiden. Laut Professor Dr. Thomas Seufferlein, dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Innere Medizin I an der Uniklinik, sei die Wahrscheinlichkeit aber „dramatisch höher“, dass auch in diesen Fällen eine normale Grippe oder eine Erkältung vorliege, und nicht das neue Virus. Dies sagte Seufferlein am Dienstagmittag.
Bei dem Zwölfjährigen kam es nun anders. Der Bub habe sich krank gemeldet und die Schule am Montag nicht besucht, so das Gesundheitsamt.
Oberstes Ziel der Behörden in Ulm ist es, die Infektionskette zu durchbrechen. Nicht nur die Isolation der weiteren Teilnehmer der Reisegruppe gehört dazu, sondern auch banale Verhaltensweisen. „Eine gute Kinderstube hilft“, sagte Heike von Baum, die bei der Uniklinik für die Hygiene verantwortlich ist. Was impliziere, anderen nicht „ins Gesicht zu niesen“. Czisch empfahl, auf „südländische Begrüßungsküsse“zu verzichten. Älteren Menschen riet er, die nächste Zeit vorsichtshalber daheimzubleiben.
Derweil werden in Ulm größere Veranstaltungen wie Messen abgesagt, Supermarktregale mit haltbaren Lebensmitteln leeren sich. Schulen und Kindergärten sollen jedoch bis auf Weiteres geöffnet bleiben.