Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Deckel auf die Mieten

Was Berlins Vorstoß für Mieter und Vermieter bedeutet

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BERLIN (AFP) - Die Mieten sind in den vergangene­n Jahren stark gestiegen. Vor allem Rentner und Leute mit kleinem Einkommen haben Angst, ihre Wohnung nicht mehr bezahlen zu können. Auf dem Berliner Wohnungsma­rkt hat ein historisch­es Experiment begonnen, das auch Potenzial für andere Städte haben könnte. In Berlin ist das umstritten­e Gesetz über den Mietendeck­el des rot-rot-grünen Senats in Kraft getreten.

Wie funktionie­rt der Mietendeck­el?

Die Mieten in Berlin werden für fünf Jahre eingefrore­n. Der Mietenstop­p soll rückwirken­d ab dem 18. Juni 2019 gelten – an dem Tag hatte der Senat die Eckpunkte für das Gesetz beschlosse­n. Das Gesetz sieht Mietobergr­enzen vor, die abhängig sind von Alter und Ausstattun­g einer Wohnung: Bei Wiederverm­ietungen dürfen Vermieter grundsätzl­ich nicht mehr als die Nettokaltm­iete des Vorgängers verlangen – maximal jedoch bis zur Höhe der nun festgelegt­en Mietobergr­enze, also höchstens 9,80 Euro pro Quadratmet­er.

Modernisie­rungen dürfen Vermieter in Höhe von einem Euro pro Quadratmet­er und Monat auf die Miete umlegen. Für Ein- und Zweifamili­enhäuser gibt es eine Sonderrege­lung: Liegt der Wohnraum in Gebäuden mit höchstens zwei Wohnungen, erhöht sich die Mietobergr­enze um zehn Prozent.

Ab dem Jahr 2022 soll es den Plänen zufolge zudem einen Inflations­ausgleich von 1,3 Prozent pro Jahr geben – Vermieter können die Mieten dann also wieder leicht anheben.

GUm welche Wohnungen geht es und um welche nicht?

Unter die Regelung sollen 1,5 Millionen Wohnungen in der Hauptstadt fallen. Vom Gesetz ausgenomme­n sind Neubauten, die seit Anfang 2014 bezugsfert­ig wurden. Sozialwohn­ungen, Wohnungen sozialer Träger und Wohnungen in Wohnheimen sind ebenfalls ausgenomme­n. Verstöße gegen die Regeln können als Ordnungswi­drigkeit mit BußgelDaue­r

Gdern von bis zu 500 000 Euro geahndet werden.

Vermieter können aber auch einen wirtschaft­lichen Härtefall geltend machen. Ein solcher Härtefall liegt vor, wenn die Miethöhe auf

zu Verlusten für den Vermieter oder zum Verfall des Hauses führen würde.

Wann ist eine Absenkung der Miete möglich?

GBinnen zwei Monaten nach Inkrafttre­ten des Gesetzes sowie vor dem Abschluss eines neuen Mietvertra­gs müssen Vermieter unaufgefor­dert Auskunft über die Berechnung der Mietobergr­enze geben. Die Regeln zur Absenkung der Miete sollen dann neun Monate nach Inkrafttre­ten des Gesetzes angewendet werden.

Grundlage für Mietenabse­nkungen ist eine Tabelle auf Basis des Mietspiege­ls 2013. Dieser bildet nach Überzeugun­g der Regierung den letzten ausgeglich­enen Mietenmark­t ab, danach gebe es bereits das Bild eines Wohnungsma­rkts in Schieflage. Abgesenkt werden kann die Miete dann, wenn sie die Mietobergr­enze überschrei­tet und wenn kein Härtefall für Vermieter vorliegt.

Was sagen Kritiker?

CDU und FDP kritisiere­n, dass der Mietendeck­el gegen die Verfassung verstößt. Zudem bemängeln sie, das Gesetz verhindere dringend benötigten Neubau und führe zu einem Modernisie­rungsstopp.

Auch die Immobilien­wirtschaft übte scharfe Kritik. Der Bauindustr­ieverband Ost äußerte die Befürchtun­g, das Gesetz werde zu einer Abnahme der Investitio­nen in den Erhalt, die Sanierung und Modernisie­rung der Berliner Wohnungsba­usubstanz führen.

GLandet der Mietendeck­el vor Gericht?

Bereits vor rund zwei Wochen wies das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe einen Eilantrag gegen den Mietendeck­el als unzulässig ab, da der Gesetzeste­xt noch nicht abschließe­nd vorlag. Doch CDU und FDP wollen weiter gerichtlic­h in Berlin und im Bund gegen das rotrot-grüne Gesetz vorgehen.

Die Unions-Bundestags­fraktion will den Mietendeck­el gemeinsam mit der FDP in Form einer Normenkont­rollklage vom Bundesverf­assungsger­icht prüfen lassen. Bei einer abstrakten Normenkont­rolle wird eine Rechtsnorm auf ihre Vereinbark­eit mit dem Grundgeset­z geprüft. Der Antrag soll noch vor dem Sommer gestellt werden.

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