Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Als es in der Altstadt vor Kneipen nur so wimmelte
Josef Schwarz spannt beim Altstadtforum zum Thema „Stadtentwicklung“einen großen historischen Bogen
Von Wilfried Geiselhart
GFRIEDRICHSHAFEN - Das waren noch Zeiten, als in der Altstadt in puncto Kneipenszene keinerlei Wünsche offen blieben und man sich über Friedhofshafen noch keine Gedanken machen musste. Den „Ochsen“gab es, die „Traube“, auch mal einen „Wilden Mann“, einen „Grünen Baum“, ein „Alpenrösle“, sogar eine Torkel, einen Weinkeller und vieles mehr. Lange her? Leider ja. „Damals stand Wirtshaus an Wirtshaus und auf engstem Raum war jede Menge los“, berichtete Hobby-Historiker Josef Schwarz seinen zahlreichen Zuhörern, die auf Einladung des Bürgerforum Altstadt in den Gasthof Schwanen gekommen waren, um über aktuelle Entwicklungspotenziale im Stadtkern informiert zu werden.
Schwarz war auf Initiative von Forumssprecher Alfred Eger für Stadtmarketing-Chef Thomas Goldschmidt eingesprungen, der krankheitsbedingt absagen musste. Und Schwarz ließ anhand vieler interessanter historischer Bilder seinen Blick zunächst zurückschweifen. Um das Jahr 1100 entwickelte sich in
Buchhorn der Marktflecken um die heutige Schanz-, Eugen-Bolz-, und Wilhelmstraße. „Bis ins Jahr 1811, als Friedrichshafen gegründet wurde, wurde dieser Stadtkern im Wesentlichen nicht vergrößert“, berichtete Schwarz. Stadtrechte hatte man schon im 13. Jahrhundert bekommen, die Nikolauskirche war Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut worden und zwischenzeitlich wurde man während des 30-jährigen Krieges, Dank des Einfalls der Schweden auch mal für ein paar Monate „Gustavsburg“genannt. Alles was man brauchte, war da. Ein Pulverturm, ein Salzstadel, Kaplanei- und Pfarrhaus. Vor allem aber „Leben, Handel und Handwerker aller Art“, wie Schwarz betonte.
Es wurde an diesem Abend aber auch darüber gesprochen, dass in den vergangenen Zeiten noch niemand an Begrünungsmaßnahmen und das damals sicher noch nicht bekannte Wort von der „Aufenthaltsqualität“
dachte. Selbst beim Wiederaufbau nach der Zerstörung des Zweiten Weltkriegs haben in der Altstadt Backstein und Beton im Vordergrund gestanden, Und noch zu Beginn der 1980er-Jahre habe rund um den Adenauerplatz und in der ganzen Altstadt das „verkehrstechnische Chaos“geherrscht.
Dass so mancher Bewohner der Altstadt der Weinstube Kesenheimer, dem Hotel Sonne oder den in der Nachkriegszeit legendären Geschäften wie „Fehl“, „Gaissmaier“oder „Stoff Sonntag“nachtrauert, wurde an diesem Abend deutlich. „Heute finden viele Häfler nicht mehr den Weg in die Altstadt, sondern gehen lieber im Bodenseecenter einkaufen. Dort kann man auch kostenlos parken“, konstatierte Josef Schwarz.
„Was ist jetzt noch im Köcher?“Dieser aktuellen Frage ging der Referent auch mit Blick auf die Erkenntnisse des ISEK-Prozesses nach. Die Voraussicht, dass im vierten Quartal 2020 endlich „etwas auf dem Tisch liegen“werde, wurde von den Besuchern des Altstadtforums gerne gehört. Sie verabschiedeten Josef Schwarz mit viel Beifall.