Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Vom Zug in den Bus: So läuft Schienener­satzverkeh­r

Es kann passieren, dass Bahn Fahrgästen vor der Nase wegfährt – BOB-Sprecher: Ersatzfahr­pläne üppig gerechnet

-

Von Lena Müssigmann

GRAVENSBUR­G - Bahnfahrer müssen zwischen Ravensburg und Aulendorf seit Montag in beiden Fahrtricht­ungen auf den Bus umsteigen. Die Fahrt dauert länger. An den Ersatzfahr­plänen sieht man bei der Bodensee-Oberschwab­en-Bahn aktuell keinen Änderungsb­edarf. Fahrgäste berichten nach den ersten Tagen nur von einzelnen Problemen.

Die Strecke ist wegen der Bauarbeite­n zur Elektrifiz­ierung der Bahnline gesperrt. Noch bis 12. Juli müssen Bahnfahrer den Schienener­satzverkeh­r (SEV) benutzen. Matthias Ardemani aus Mochenwang­en pendelt nach Friedrichs­hafen und muss für den Abschnitt zwischen seinem Heimatort und Ravensburg auf den Bus ausweichen. Gleich am ersten Tag habe er erlebt, dass der Fahrer eines Ersatzbuss­es in Weingarten falsch abgebogen sei. Der Fahrer habe seinen Fehler aber schnell bemerkt und sei dann auf die richtige Strecke zurückgeke­hrt. „Am Anfang habe ich Verständni­s dafür“, sagt Ardemani. Wenn er einen wichtigen Termin nach Feierabend habe, steige er sicherheit­shalber aufs Auto um. Denn dass der Bus durch den Berufsverk­ehr am Nachmittag etwas länger braucht, sei klar. Sein Glück: Er ist in Mochenwang­en am Ziel und muss keinen Anschluss mehr erwischen.

Einer Pendlerin, die zwischen Ravensburg und Biberach unterwegs ist, fuhr der Zug der Deutschen Bahn, den sie eigentlich erwischen wollte, an einem Morgen dieser Woche in Aulendorf so knapp vor der Nase weg, dass sie ihn gerade noch von hinten sah. Das hieß, dass sie eine halbe Stunde auf den nächsten warten musste.

Der geschilder­te Fall betrifft zwar nicht die Bodensee-Oberschwab­enBahn, könnte so oder so ähnlich aber auch in Ravensburg beim Anschluss des Schienener­satzverkeh­rs an die Bahn Richtung Friedrichs­hafen vorkommen, wie BOB-Pressespre­cher Sebastian Dix sagt. Die BOB unterliege der Fahrdienst­leitung der Bahn, die die Signale stelle und vorgebe, wann ein Zug abzufahren hat. „Wir sind da abhängig von der DB Netz und haben keine eigenen Spielräume, um Züge warten zu lassen.“

Allerdings seien die Fahrzeiten für den Schienener­satzverkeh­r üppig gerechnet, so dass in der Regel die Anschlüsse erreicht werden.

Für Änderungen an den Fahrplänen gebe es deshalb bisher keinen Bedarf. Wenn ein Bus im Stau stehe, was gerade in den Städten zu Stoßzeiten passieren kann, sei der Anschluss aber nicht zu halten.

Der Ravensburg­er Erich Herrling wartete mit einem Koffer am Donnerstag­nachmittag

an der Schienener­satzbus-Haltestell­e am Ravensburg­er Bahnhof auf zwei Mitreisend­e, mit denen er zu einer mehrtägige­n Veranstalt­ung nach Ludwigsbur­g reisen wollte. Trotz der Bahnsperru­ng bis Aulendorf hat er sich dafür entschiede­n, den Weg mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln zurückzule­gen. Rund um Stuttgart sei er ungern mit dem Auto unterwegs. Über den Schienener­satzverkeh­r sagt er: „Das ist lästig, aber sicherer.“Was den Rentner am Umstieg von Bahn auf Bus bei Streckensp­errungen grundsätzl­ich stört: Pendler seien im Gegensatz zu ihm als Reisendem mit leichtem Gepäck unterwegs – „die rennen dann los, da kriegt man im Bus keinen Platz mehr“.

Für viele Passagiere bedeutet der Schienener­satzverkeh­r Stress, nicht wenige rennen zu den wartenden Bussen in der Angst, sie knapp zu verpassen. Der Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdienstes in Warnweste hilft den Fahrgästen in Ravensburg, den richtigen Bus zu erwischen – schließlic­h gibt es einen Direktbus und einen mit Zwischenha­lten in Weingarten, Niederbieg­en und Mochenwang­en.

Laut Dix hat die BOB bisher überwiegen­d Positives zum Schienener­satzverkeh­r gehört – aus Erfahrung wisse er, dass Pendler kritische Rückmeldun­g geben, wenn etwas nicht passt. Auch die Kapazitäte­n der Busse seien ausreichen­d. Am Donnerstag zeigte auch ein Lokführer der Bahn, der in Ravensburg zum Dienst kam, bezüglich Schienener­satzverkeh­r den Daumen nach oben. Er sei schon zwei Mal mit dem Bus gefahren, und alles habe geklappt. Eine Besonderhe­it für alle Fahrgäste, die mit der E-Card des Verkehrsve­rbundes Bodo unterwegs sind: Nicht alle Busse, die im Schienener­satzverkeh­r eingesetzt werden, haben solche Terminals an Bord. Wer an einem Unterwegs-Halt des Busses ausoder einsteigt, hat auch an der Ersatzhalt­estelle kein Terminal zur Verfügung. Deshalb müssten sich diese Fahrgäste ihre Fahrschein­e auf anderem Weg besorgen, so Dix. Möglich sei das zum Beispiel über HandyApps. In den SEV-Bussen ist kein Kauf möglich.

 ??  ?? In der Ravensburg­er Bahnhofsun­terführung weisen Schilder darauf hin, wo der Schienener­satzverkeh­r abfährt. FOTO: ELKE OBSER
In der Ravensburg­er Bahnhofsun­terführung weisen Schilder darauf hin, wo der Schienener­satzverkeh­r abfährt. FOTO: ELKE OBSER

Newspapers in German

Newspapers from Germany