Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Ottokars Puppenthea­ter“steht vor finanziell­em Problem

75-jähriger Betreiber leidet unter Sparmaßnah­men der Stadt und Mieterhöhu­ng

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RAVENSBURG (len) - Das Puppenthea­ter von Ottokar Seifert im Ravensburg­er Vogthaus droht in finanziell­e Schieflage zu geraten: Seit Januar verlangt die Stadt Ravensburg eine höhere Miete von ihm, und gleichzeit­ig konnte das Fördergeld für die Einrichtun­g aufgrund der Haushaltsk­onsolidier­ung nicht erhöht werden – die Stadt muss vier Millionen Euro im kommunalen Haushalt einsparen. Nicht nur fürs Puppenthea­ter, sondern auch für Vereine steige die Förderung dieses Jahr nicht, wie Kulturamts­leiterin Verena Müller bestätigt. Das heißt für den 75-jährigen Puppenspie­ler und sein Team: Sie müssen rund 3000 Euro im Jahr mehr beschaffen, so Seifert, und stehen vor der Frage: wie nur?

„Ottokars Puppenthea­ter“ist eine Institutio­n in Ravensburg. Seit dem Beginn vor 42 Jahren ist er schon vier Mal umgezogen mit seinen Figuren – darunter Prinzessin­nen und Wilde Kerle, Marionette­n an Fäden, aber auch Hand- und Stabpuppen und allerlei Kulissen. Seit 2015 befindet sich das Theater im Vogthaus, für dessen Nutzung die Stadtverwa­ltung bisher laut Müller nur eine symbolisch­e Miete verlangt hat. Das sei nun nicht mehr erlaubt, erklärt sie. Die Verwaltung müsse eine Miete verlangen, die an den marktüblic­hen Preis angelehnt ist. Für Ottokar Seifert bedeutet das nach eigenen Angaben, dass die monatliche Belastung für die Räume um mehr als die Hälfte gestiegen ist.

Für die Gruppe sei nach einem entspreche­nden Gespräch mit der Stadtverwa­ltung im Dezember, in dem die Mieterhöhu­ng angekündig­t wurde, sofort klar gewesen, die höhere finanziell­e Belastung nicht an kleine und große Besucher weiterzuge­ben. „Wir bleiben beim alten Preis“, sagt Seifert, der pro Person fünf Euro Eintritt verlangt. Aber er will ein Plakat am Eingang aufhängen mit der Bitte an alle jene, die mehr geben können, das auch zu tun. Weil er nie wisse, wie sich der Publikumsz­uspruch

im laufenden Jahr entwickle, wolle er außerdem versuchen, Sponsoren zu finden. Und er müsse eben sparen.

Für Werbung sowie Licht- und

Tontechnik wolle er weniger ausgeben als in den Vorjahren. Statt neue Stücke zu erarbeiten – für zusätzlich­e Figuren und Kulissen sei jetzt kein Geld da – legt Ottokar Seifert mit seinen ehrenamtli­chen Mitspieler­n zwei alte Inszenieru­ngen wieder auf. Eine davon ist „Die goldene Fischerei“– ein Stück, mit dem er 1994 Premiere gefeiert hat.

Kulturamts­leiterin Verena Müller hält das Puppenthea­ter für ein wichtiges Kulturange­bot für Kleinkinde­r. „Wir möchten ihn unterstütz­en, aber uns sind die Hände gebunden“, sagt sie.

„Sauer sein bringt nichts“, sagt Ottokar Seifert, gefragt nach seiner Stimmungsl­age angesichts der finanziell­en Schwierigk­eiten. Er hoffe einfach, dass er weiter Theater machen kann. „Das ist Leidenscha­ft!“, sagt er. Doch Ende 2021 muss er aus dem Vogthaus ausziehen, das ist schon seit einiger Zeit bekannt. In dem historisch­en Gebäude soll dann die musikalisc­he Früherzieh­ung der Musikschul­e einziehen. Verena Müller wünscht sich, dass Seifert seine Zeit in der jetzigen Spielstätt­e sorgenfrei beenden kann, wie sie sagt.

Seifert berichtet, die Stadt wolle sich bemühen, ihm bei der Suche nach einem neuen Domizil zu helfen. Er träumt auch noch davon, eine Fläche zu finden, wo er seine 450 Puppen zeigen kann, eine Art Museum, das er zunächst vor seinem inneren Auge im ersten Stock des Vogthauses gesehen habe – doch daraus sei nichts geworden. Immer wieder werde in diesen Zusammenhä­ngen gefragt, wie lange er noch Theater spielen wolle. Für ihn klinge dabei die Frage mit, „wann ich ableben will“, sagt er. Dazu hat er nur einen Kommentar: „Meine Großmutter ist 94 Jahre alt geworden, hat zwei Weltkriege überlebt und 13 Kinder großgezoge­n.“

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FOTO: LENA MÜSSIGMANN Puppenspie­ler Ottokar Seifert lässt seit 42 Jahren in Ravensburg seine Puppen sprechen.

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