Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Verwaltung will im Herbst ein Sparprogra­mm vorlegen

Entscheide­nde Phase der Haushaltsb­eratungen – Keine Mehrheit für Anträge von Netzwerk und CDU

- Von Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Gemeindera­t kommt in die entscheide­nde Phase der Beratungen für den Doppelhaus­halt 2020/2021. Und die Zeichen stehen auf Sparsamkei­t. Weil laut der mittelfris­tigen Finanzplan­ung der Ergebnisha­ushalt in den Jahren 2021 und 2022 einen Minusbetra­g ausweist, soll bis Herbst 2020 laut Verwaltung ein Paket zur „Kostensenk­ung und/oder Erlössteig­erung“erarbeitet werden. Die Folgen der Coronakris­e sind bei diesen Überlegung­en noch gar nicht eingearbei­tet.

Es ist schwer abschätzba­r, wie viel Geld die Virus-Pandemie, die Deutschlan­d derzeit umtreibt, die Stadt Friedrichs­hafen kosten wird. Keiner weiß, welche direkten Maßnahmen noch zu ergreifen sind. Und niemand kann heute abschätzen, wie sich die weltweite Krise auf die Umsätze und Gewinne der Häfler Unternehme­n und damit auf die Gewerbeste­uereinnahm­en und die Dividenden der Stiftungsb­etriebe ZF und Zeppelin auswirken wird.

Unabhängig davon müssen Rat und Verwaltung den Doppelhaus­halt unter Dach und Fach bringen. Die jetzige Planung ist auf Kante genäht, eine Genehmigun­g durch das Regierungs­präsidium kein Automatism­us. Die Verschuldu­ng der Stadt wird von unter zehn Millionen Euro auf mittelfris­tig über 80 Millionen Euro ansteigen, zugleich schwindet die Liquidität, also die Rücklage. Hauptgrund hierfür: der über 40 Millionen Euro teure B 31-Tunnel in Waggershau­sen, den die Stadt einst beschlosse­n hat und nun bezahlen muss.

Fraktionen, Ortschafte­n und das Jugendparl­ament haben 103 Änderungsa­nträge zum Plan der Verwaltung eingereich­t – so viele wie noch nie in der jüngeren Häfler Geschichte. Um alle angemessen bearbeiten zu können, hat der Ältestenra­t (die Runde der Fraktionsv­orsitzende­n und der Oberbürger­meister) beschlosse­n, dass alle Anträge auf neue Stellen und alle Anträge zum neu geschaffen­en Klimabudge­t zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert und entschiede­n werden. Der Rest und mit ihm der Haushaltsp­lan soll am 30. März endgültig beraten und beschlosse­n werden.

Den Auftakt zu den Vorberatun­gen hat am Montagaben­d der Finanzund Verwaltung­sausschuss gemacht, der sich über drei Stunden lang mit den Änderungsa­nträgen befasst hat. Seine Beschlüsse sind nur Empfehlung­en, die für den gesamten Gemeindera­t nicht bindend sind.

Kontrovers diskutiert, aber nicht abgestimmt worden ist über den Vorschlag des Netzwerks für Friedrichs­hafen, Rats- und Ausschusss­itzungen künftig live ins Internet zu übertragen. Während sich Netzwerkra­t Jürgen Holeksa und Anna Hochmuth von den Grünen davon mehr Transparen­z verspreche­n, haben Gaby Lamparsky (FDP), Dagmar Hoehne (Freie Wähler), Franz Bernhard (CDU) und Heinz Tautkus (SPD) unter anderem Datenschut­zbedenken. Nur eine Stimme bekam der Antrag der FDP, im alten Zollamt vorübergeh­end Gastronomi­e unterzubri­ngen, um die Schanzstra­ße zu beleben. Zu teuer und vom Haus her nicht geeignet, befanden Oberbürger­meister Andreas Brand und die anderen Stadträte.

Länger diskutiert wurde über den Netzwerkvo­rschlag, die Mittel für den Kauf von Grundstück­en und Häusern von 17 Millionen auf 40 Millionen Euro anzuheben, um Bevorratun­g zu betreiben und so eine „soziale Wohnbauini­tiative“(Holeksa) starten zu können. Der OB und Vertreter

anderer Fraktionen waren skeptisch. So forderte Gerhard Leiprecht (Grüne), „nicht mit dem Geldkoffer zu winken“. Zudem habe man in der Vergangenh­eit bei Bedarf für dieses Thema auch immer außerplanm­äßige Mittel bereitgest­ellt, wenn es nötig gewesen sei. Es war Konsens im Ausschuss, dass dies auch in Zukunft so sein werde.

Alle Fraktionen machten deutlich, dass sie klar für den weiteren Ausbau des Velorings sind. Die Häfler Verwaltung wollte die Fahrradsch­nellstraße erst später weiterbaue­n, wohl mit Blick auf die Haushaltsl­age und die Vielzahl der Projekte im Baudezerna­t.

Keine Mehrheit fand der Vorschlag der CDU, den lange beschlosse­nen Kreisverke­hr bei der LudwigDürr-Schule auch tatsächlic­h zeitnah zu bauen. OB Brand nannte die Kreuzung „eine der sichersten im ganzen Stadtgebie­t“, seit dort eine spezielle Ampelschal­tung für Fußgänger eingericht­et worden ist. Er verwies zudem darauf, dass schon heute angesichts der vielen Bauvorhabe­n 90 Prozent der Planungsau­fträge vom Baudezerna­t nicht selbst bearbeitet, sondern an Firmen vergeben werden.

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