Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Prozessauftakt nach Angriff vor Ravensburger Disco
Mann aus Kamerun wegen versuchten Mordes angeklagt – Nach Flucht in Frankreich verhaftet
GRAVENSBURG - Vor fast vier Jahren eskalierte ein Streit vor einer Ravensburger Disco – einem Kameruner wird versuchter Mord vorgeworfen. Jetzt wird der Fall vor dem Ravensburger Landgericht verhandelt. Grund für die Verzögerung: Der Angeklagte tauchte ab. Er wurde erst im Herbst 2019 in Frankreich verhaftet.
Dem 32-Jährigen werden versuchter Mord, versuchte gefährliche Körperverletzung, gemeinschaftliche Körperverletzung in drei weiteren Fällen, sowie das gemeinschaftliche Vortäuschen einer Straftat vorgeworfen.
Was war geschehen? Im April 2016 wird dem Angeklagten und seinem Begleiter der Zutritt zu einer Ravensburger Diskothek verweigert. Laut Anklageschrift greift der Angeklagte nach einer kurzen Auseinandersetzung den Türsteher mit einer abgebrochenen Flasche an. Der Angegriffene kann sich „wegducken“und entgeht damit einer Verletzung. Sein Jackenkragen zeigt Spuren, wo die scharfkantige Flasche ihn gestreift hat. Mit einem Pfefferspray wehrt er seinen Angreifer zusätzlich ab. Der Kameruner weicht zurück, bekommt mehrere abgestellte Flaschen zu fassen und wirft damit um sich. Eine Flasche trifft den Türsteher an der Schulter. Im Anschluss flüchten der Angeklagte und sein Begleiter und rufen per Handy die Polizei an. Sie melden eine Straftat: Sie seien angegriffen worden.
Weitere Details bringt der erste Zeuge zur Sprache. Er habe als Türsteher gearbeitet, um sein inzwischen abgeschlossenes Studium zu finanzieren. Sehr gut erinnert er sich an den Vorfall vor vier Jahren, der
„extremste“während seiner achtjährigen Tätigkeit bei einem Sicherheitsdienst. Der Kameruner habe „geladen“gewirkt, ihn als „Rassist“und „Nazi“betitelt. Weitere Beschimpfungen habe er nicht verstanden, da der Kameruner auch Französisch gesprochen habe. Er habe mit der scharfkantigen Flasche „herumgefuchtelt“.
Der Angeklagte macht keine Angabe zum Tatvorwurf, dabei soll es laut seinem Verteidiger auch bleiben. Aber zu seinen persönlichen Verhältnissen beantwortet er Fragen des Gerichts. Seine Antworten gibt er in seiner Muttersprache Französisch, ein Dolmetscher übersetzt. Er sei katholisch, sei in der Stadt Douala in Kamerun geboren. Seine Eltern seien beide verstorben, ebenso ein Bruder. Nach sechs Schuljahren ohne Abschluss habe er als Maurer und Taxifahrer gearbeitet. Nach eigenen Angaben verließ er Kamerun 2009. Ende 2013 sei er in Deutschland angekommen.
Als Gründe für seine Ausreise aus seinem Heimatland gibt er an unterschiedlichen Stellen verschiedene Gründe an: Er sei homosexuell und deshalb verfolgt, er habe an einer Demonstration gegen den Präsidenten teilgenommen oder auch an einer Demo gegen die gestiegenen Preise in Kamerun. Zunächst befand er sich in Dortmund, von dort ging es weiter nach Karlsruhe, über Argenbühl schließlich in die Gemeinschaftsunterkunft nach Ravensburg.
Er versuchte es einen Monat mit einer Bäckerausbildung, arbeitete zwei Wochen als Küchenhelfer. Einen Deutschkurs besuchte er nicht. In der freien Zeit habe er Wettbüros besucht und Spaziergänge gemacht. Vier Wochen lang wurde der Angeklagte
außerdem stationär im Zentrum für Psychiatrie aufgrund traumatischer Erlebnisse in Libyen behandelt, wie es bei der Gerichtsverhandlung heißt.
Nach dem Vorfall vor der Ravensburger Disco sollte der Prozess gegen ihn zunächst am Amtsgericht geführt werden. Wegen der Vermutung, es könnte sich um ein versuchtes Tötungsdelikt handeln, wurde der Fall ans Landgericht Ravensburg weitergereicht. Zur Verhandlung kam es allerdings nicht, weil der Angeklagte abgetaucht war. Daraufhin wurde er mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Schließlich wurde er 2019 in Frankreich verhaftet, als er nach eigenen Aussagen in einem Rathaus Papiere beantragen wollte. Er habe bei seiner Freundin gelebt und schwarz auf Baustellen gearbeitet.
Auf die Widersprüche in seinen Akten und Aussagen hingewiesen, sagte der Angeklagte, dass es sich um Übersetzungsfehler handeln müsse. Er habe zum Teil Dolmetscher an seiner Seite gehabt, die nicht gut Französisch gesprochen hätten.
Er selbst spricht kein Deutsch. Gegen den in Deutschland abgelehnten Asylantrag legte er auf Anraten seines damaligen Anwalts Widerspruch ein. Auf die Frage des Richters, ob er in Deutschland bleiben möchte, sagt der Angeklagte: „Gott hat das in der Hand.“
Der Prozess wird am Mittwoch, 11. März, um 14 Uhr fortgesetzt. Ein Urteil wird für den 16. März erwartet.
GDie Liebe bricht herein wie Wetterblitzen, die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondeslicht. Die Liebe will erwerben und besitzen, die Freundschaft opfert, doch sie fordert nicht. (Emanuel Geibel, 1815 – 1884, Lyriker)
Das ist also keine wahre Freundschaft, dass, wenn der eine die Wahrheit nicht hören will, der andere zum Lügen bereit ist. (Marcus Tullius Cicero, 106 – 43 v.Chr., röm. Philosoph und Dichter)
Mit einem wilden Tier lässt sich leichter Freundschaft halten als mit einem Schwätzer. (Sprichwort)
Der Herr und Mose redeten miteinander von Angesicht zu Angesicht, wie einer mit seinem Freund spricht. (Ex 33,11) Rosine, Ulrich
In ÖsterreichUngarn werden 1885 gesetzliche Arbeitsregelungen erlassen. Die maximale Arbeitszeit – meist ohne Arbeitspausen – wird auf elf Stunden festgelegt. Verboten sind Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche sowie Kinderarbeit.