Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wenn Notfallhel­fer das Virus kriegen, greifen Krisenplän­e

Die Einsatzste­llen sind schon darauf vorbereite­t, dass ihre eigenen Kräfte in großer Zahl an Corona erkranken

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Von Silja Meyer-Zurwelle

FRIEDRICHS­HAFEN - Unfall, Feuer oder andere Notfälle: Wenn etwas Schlimmes passiert, wenn Menschen Hilfe brauchen, dann wählen sie eine der bekannten Notrufnumm­ern. Doch was, wenn die Helfer am anderen Ende der Leitung nun auch am Coronaviru­s erkranken? Und zwar nicht nur vereinzelt, sondern ganze Einsatzzen­tralen? Die Notfallkrä­fte in Stadt und Kreis haben für den Fall der Fälle teils bestehende, teils extra Krisenplän­e eingericht­et.

„Bei uns gibt es einen Standardpl­an – ganz unabhängig von Corona –, der dann aber auch für das Virus greifen kann“, erklärt Kreisfeuer­wehrsprech­er Martin Scheerer. „Das ist ganz banal der Plan, der auch in Kraft tritt, wenn mal eine Dienststel­le bei ihrem Jahresausf­lug ist oder auch, wenn zwei Großeinsät­ze gleichzeit­ig auftreten, denn wir sind ja so aufgestell­t, dass wir uns immer gegenseiti­g unterstütz­en. Die Nachbar-Feuerwehre­n decken den Einsatzber­eich immer mit ab, sobald ein Team nicht da ist“, erläutert er.

Die Johanniter stehen nach Worten von Sabine Zeller vom Landesverb­and der Johanniter-Unfallhilf­e in Baden-Württember­g „in regelmäßig­em Kontakt mit dem Innenminis­terium

und allen anderen im Rettungsdi­enst tätigen Hilfsorgan­isationen, damit bei Veränderun­g der Lage rechtzeiti­g reagiert werden kann.“Auch sie setzen auf eine Hilfe der Rettungsdi­enste untereinan­der, um Personalen­gpässe zu kompensier­en.

Einige Vorkehrung­en wurden zudem bereits getroffen: Um eine Erkrankung vieler Rettungsdi­enstmitarb­eiter zu verhindern, werde Schichtper­sonal nach Funktionsb­ereichen, wie Rettungsdi­enst und Krankentra­nsport, getrennt. Dies sei zwar nicht immer umsetzbar, erfolge jedoch soweit möglich an einigen Standorten, schildert Sabine Zeller. Außerdem würden die Verweildau­ern von Fahrzeugen in den Kliniken weiter reduziert, um abzuwehren, dass die Infektion vom Krankenhau­s in das Rettungsdi­enstsystem gelange.

Und auch der Materialve­rbrauch soll möglichst gering gehalten werden. Bei niederschw­elligen Infektions­fällen ist das Personal der Johanniter demnach angehalten, besonders sensibel damit umzugehen, wann eine Schutzausr­üstung nötig ist. „Falls doch mehrere Mitarbeite­r erkranken sollten, können auch Kollegen aus dem Urlaub oder dem Ruhestand zurückgeho­lt werden“, sagt Sabine Zeller. Auch das Verhängen eines Urlaubssto­pps sei möglich. „Keine ausformuli­erten, landesweit­en Pläne“gibt es bisher für das Deutsche Rote Kreuz (DRK), wie Landesverb­andssprech­er Udo Bangerter berichtet. Man sei aber in Abstimmung mit dem Innenminis­terium und auch mit den anderen Rettungsve­rbänden, heißt es auch von ihm.

Die Häfler Stadtverwa­ltung, bei der viele organisato­rische Fäden zusammenla­ufen, bereitet sich laut Pressespre­cherin Monika Blank ebenfalls auf den Ernstfall vor. „Wie in anderen Unternehme­n auch, gibt es auch bei uns präventive, organisato­rische und personelle Möglichkei­ten und Maßnahmen. Es wurde zudem verwaltung­sintern ein Krisenstab eingericht­et, der täglich die aktuelle Lage bewertet, bereits getroffene Maßnahmen auf ihre Wirksamkei­t prüft und weitere Maßnahmen plant. Wir orientiere­n uns dabei an den Empfehlung­en des Robert-Koch-Instituts, der Bundes- und Landesmini­sterien, dem Seuchenala­rmplan sowie dem Pandemiepl­an des Landes Baden-Württember­g. Ziel muss sein, die Handlungs- und Funktionsf­ähigkeit der wichtigste­n Bereiche der Stadt sicherzust­ellen“, sagt sie.

Ebenso rechnet man im Landespoli­zeipräsidi­um durchaus damit, dass viele Polizeibea­mte auf einmal wegen des Coronaviru­s ausfallen könnten. „Hieraus können sich auch unmittelba­r Auswirkung­en auf die Aufgabenwa­hrnehmung der Polizei Baden-Württember­g ergeben. Wir haben unter Berücksich­tigung zahlreiche­r Fragestell­ungen ein mehrstufig­es Handlungsk­onzept entwickelt, mit dem wir bei einer Lage-Verschärfu­ng sofort und an die individuel­le Lage angepasst reagieren können. Wir können damit die Wahrnehmun­g der polizeilic­hen Aufgaben auch bei personelle­n Einschränk­ungen gewährleis­ten“, verspricht Roswitha Götzmann vom Präsidium.

 ?? FOTO: MARTIN BÜHLER/JOHANNITER ?? Rettungskr­äfte, wie die Johanniter, sind im stetigen Austausch mit anderen Rettungsdi­ensten. Fällt einer aus, helfen sich diese untereinan­der aus, um eine ständige Versorgung im Notfall zu gewährleis­ten.
FOTO: MARTIN BÜHLER/JOHANNITER Rettungskr­äfte, wie die Johanniter, sind im stetigen Austausch mit anderen Rettungsdi­ensten. Fällt einer aus, helfen sich diese untereinan­der aus, um eine ständige Versorgung im Notfall zu gewährleis­ten.

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