Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Lände zeigt paradoxe Grafiken
Leipziger Grafikbörse ist erneut zu Gast in der Kressbronner Galerie
Von Helmut Voith
KRESSBRONN - Vor deutlich weniger Besuchern als üblich hat Bürgermeister Daniel Enzensperger am Sonntagnachmittag in der Galerie in der Lände die Ausstellung „Paradox“der Grafikbörse Leipzig eröffnet. Am Beginn stand das stille Gedenken an die wenige Tage zuvor im Alter von 95 Jahren verstorbene Otti Meyer, die, wie Enzensperger erzählte, maßgebend an der Entstehung der Lände beteiligt war.
Die Lände war eine der ersten kommunalen Galerien in der Region und hat im Laufe der Jahre immer wieder besonders qualitätvolle Ausstellungen gezeigt. Nach der außergewöhnlich gut besuchten Fotoausstellung des Vorarlbergers Peter Mathis ist jetzt die 35. Grafikbörse Leipzig zu sehen. Schon zum dritten Mal ist diese Börse in dem Haus zu gast, als letzte von sechs Stationen. Die im November 2018 in Leipzig eröffnete Ausstellung bietet eine Schau aktueller zeitgenössischer grafischer Kunst von Künstlern aus Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen. Ein besonderer Willkommensgruß galt Steffen Böttcher, dem Vorstandsvorsitzenden der Grafikbörse Leipzig, der zum Dank dafür, dass sein ehrenamtlich geführter Verein in Kressbronn so großartig unterstützt werde, der Lände die Jahresgaben 2018 und 2019 mit Lithografien und Aquatinta-Arbeiten übergab.
Die Leipziger Künstlerin Madeleine Heublein, die schon mehrfach in Kressbronn mit ausgestellt hat, überbrachte ihrerseits als Anerkennung für die hier geleistete Arbeit die Mappe „Ein Totentanz“mit fünf Eisen-Ätzungen.
Zuletzt lieferte Kurator Rainer Behrends den geistigen Hintergrund der Ausstellung, indem er sich mit dem Titel „Paradox“auseinandersetzte und seine Ursprünge im Griechischen erläuterte. Paradox bedeute merkwürdig, widersinnig, absurd, aberwitzig, skurril. Es gehe in den Grafiken darum, mehrdeutige Inhalte zu spiegeln, Erwartungen entgegenzustehen, wie es beispielsweise Ausdrücke wie „alter Knabe“oder
„sich im Handumdrehen den Fuß brechen“tun. In der bildenden Kunst, meinte er, seien Paradoxien selten zu finden. Er erinnerte an die zerfließenden Uhren von Salvador Dalí, an den Surrealisten René Magritte.
Wie der anschließende Rundgang durch die Ausstellung zeigte, hatten die Künstler ihren intellektuellen Spaß an der Umsetzung des Themas in Bildwerken. Spiegelungen verunsichern, nicht bei jedem Werk ist sofort zu erkennen, was gemeint ist. Reflexionen führen in die Vergangenheit, setzen Hintergrundwissen voraus. Verunsicherung macht sich breit und erfordert, dass man sich in Ruhe darauf einlässt. So kann man lange in der Ausstellung verweilen und wird bei der Fülle der Themen von 100 Künstlern sein intellektuelles Vergnügen erleben.
Die Ausstellung ist bis 14. April mittwochs bis sonntags von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Von 9. bis 14. April ist die Lände geschlossen.