Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Coronavirus: Von 2200 Tests waren 38 positiv
Im MVZ Labor Ravensburg werden täglich etwa 200 bis 300 Proben für ganz Südwestdeutschland ausgewertet
Von Annette Vincenz
RAVENSBURG - Die neue Lungenkrankheit Covid-19 breitet sich in Deutschland immer weiter aus. Gut 2200 Coronatests sind beim MVZ Labor Dr. Gärtner in Ravensburg in knapp zwei Wochen ausgewertet worden – für ganz Südwestdeutschland. Und täglich kommen 200 bis 300 Abstriche hinzu. Tendenz steigend. „Wir haben den Höhepunkt der Erkrankungen noch lange nicht erreicht“, sagt Nele Wellinghausen. Die habilitierte Fachärztin für Mikrobiologie, Infektionsepidemiologie und Laboratoriumsmedizin leitet die Abteilung für Molekularbiologie im Unternehmen, das insgesamt etwa 500 Mitarbeiter beschäftigt. Die meisten machen derzeit zahlreiche Überstunden. „Wir befinden uns im Moment auch mitten in einer Grippewelle und untersuchen jeden Tag 400 bis 500 Proben auf Influenza“, erklärt die Ärztin, warum nicht noch mehr Coronatests gemacht werden können. Zudem dauert das Verfahren, drei bis vier Stunden. Ist der sogenannte Suchtest positiv, muss aus der gleichen Laborprobe ein Bestätigungstest vorgenommen werden, der ungefähr genauso lange dauert. Erst danach wird das Ergebnis dem Einsender telefonisch und per Fax mitgeteilt. In der Regel sei das der Hausarzt, ein Krankenhaus oder eben seit einigen Tagen eine der neuen Teststationen der niedergelassenen Ärzte, die unter anderem auch am EK eingerichtet wurden. Bis Dienstagmittag gab es 38 positive Resultate. Dabei ist das Einzugsgebiet des Labors aber recht groß und reicht von Crailsheim bis zum Bodensee und vom Schwarzwald bis ins Bayerische Allgäu. Etwa 100 Krankenhäuser und 3500 Hausarztpraxen sind „Kunden“des Labors. „An erster Stelle stehen für uns aber Ravensburg und die Oberschwabenklinik“, sagt Wellinghausen. Zum benachbarten Elisabethenkrankenhaus gibt es sogar eine unterirdische Rohrpostanlage, in der Proben schnell verschickt werden können. Denn neben herkömmlicher Grippe und Covid-19 werden im Labor Dr. Gärtner natürlich auch unzählige Proben auf andere Krankheitserreger untersucht, die ja nicht plötzlich vom Erdboden verschwinden. „Wir können ja schlecht sagen, wir testen keine Hepatitis mehr. Die normale Patientenversorgung darf nicht leiden“, erklärt Wellinghausen. Die Sicherheitsvorkehrungen im Labor sind allerdings deutlich verschärft worden, seit vor etwa zwei Wochen damit begonnen wurde, in Ravensburg auf Corona zu testen. Boten dürfen die Proben nicht mehr direkt im Laborbereich abgeben, sondern müssen das in einem speziellen Vorraum tun. Die technischen Labormitarbeiter untersuchen die Proben dann an einer Sicherheitswerkbank: einem großen Glaskasten, in dem ein permanenter Luftstrom dafür sorgt, dass Erreger nicht nach draußen dringen können. Die Mitarbeiter tragen Schutzkittel und Handschuhe, aber keinen Mundschutz. „Das ist nicht erforderlich, weil wirklich nichts entweichen kann“, so Wellinghausen. Strenge Hygienemaßnahmen gelten nicht nur im Laborbereich, sondern auch in den Bürotrakten. „Türklinken und Handläufe werden jeden Tag dreimal gereinigt und desinfiziert“, erklärt die Ärztin. Es müsse um jeden Preis vermieden werden, dass jemand das Virus ins Labor einschleppt. „Wir sind hier absolut coronafrei.“Auch der Besucherverkehr sei deshalb stark eingeschränkt worden, wer doch hineindarf, bekommt am Empfang einen Mundschutz. Seit 1. Februar übernehmen die Krankenkassen die Kosten für den Test, die bei knapp 130 Euro liegen. Gleichzeitig wurde verfügt, dass die Budgets der Hausärzte dadurch nicht belastet werden. Ersteres gelte freilich nur für Menschen mit Symptomen oder Kontakt zu einem bestätigten Covid-19-Fall. Wenn jemand, der kerngesund ist, sich aus reiner Besorgnis testen lassen möchte, muss er das selbst zahlen. „Aber davon ist dringend abzuraten, weil es derzeit nicht genug Tests und Kapazitäten gibt“, erklärt Wellinghausen. Das Labor Dr. Gärtner bekäme zwar Nachschub, anderswo sehe das leider schlechter aus.
Nur etwa 100 Meter entfernt, am Elisabethenkrankenhaus auf der anderen Straßenseite, ist die erste Corona-Teststation im Landkreis aufgemacht worden. Allein am ersten Tag wollten sich dort zwischen 15 und 18 Uhr 70 Menschen testen lassen, 50 Abstriche wurden vorgenommen. Es sei zwecklos, einfach so vorbeizuschauen, erklärt der Vorsitzende der Kreisärzteschaft, Hans Bürger, der die Station mit seinem Kollegen Stefan Schäfer initiiert hat. Wer sich testen lassen möchte, muss das erst telefonisch mit seinem Hausarzt klären.
Unterstützt wird die Station seit Dienstag vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes. Rund 15 Helfer der Gruppe Sanitätsdienst und Betreuung des Ortsvereins Ravensburg haben dort Schutzzelte und Zeltheizungen aufgebaut. Das DRK stellt sich laut Gerhard Krayss, Krisenmanager beim DRK-Kreisverband, auf einen längeren Einsatz ein. Landrat Harald Sievers ist froh über die Teststation. „Die Hausärzte sind nicht nur erste Anlaufstelle für die individuelle Beratung von Bürgerinnen und Bürgern, die die Sorge haben, dass sie sich angesteckt haben könnten. Sie sind auch die entscheidenden Weichensteller, wenn es um die Prüfung und Durchführung eines entsprechenden Tests geht. Durch die Einrichtung der neuen Notfallpraxis verbessern sich die Möglichkeiten der niedergelassenen Ärzte zur Erfüllung dieser Aufgaben erheblich.“