Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Bundesstra­ße 30 als Fressmeile

Gastrokrit­iker macht sich entlang der Verkehrsac­hse auf die Suche nach Nahrung

- Von Erich Nyffenegge­r

RAVENSBURG - Wer eine gute Currywurst essen will, muss halt ins Ruhrgebiet fahren, werden die Puristen sagen. Oder nach Berlin. Entlang der Bundesstra­ße 30, an der zwischen Friedrichs­hafen und Ulm eine ganze Reihe von Imbissen Wegzehrung verspreche­n, gibt’s sie allerdings auch. Und eine ganze Menge mehr, wie die folgende Erkundungs­tour auf einer der bedeutends­ten Lebensader­n Oberschwab­ens zeigen wird.

Wer Friedrichs­hafen verlässt und Richtung Meckenbeur­en gemütlich genug unterwegs ist, wird zur Linken rechts neben einer Tankstelle den Seewald-Imbiss nur schwer übersehen können, ist die Bude doch mit allerlei Lichtgirla­nden behangen und mit Fahnen beflaggt. Es brutzelt auf dem Grill, während die Fritteuse gierig Pommes verschling­t. Die überaus freundlich­e Dame hinterm Tresen füllt zielstrebi­g die geschnitte­ne Rote

in ein Kunststoff­gefäß und schüttet tomatige Soße darüber, Currypulve­r aus dem Streuer – fertig. 2,50 Euro samt Weckle ist ein äußerst schwäbisch­er Preis dafür. Ein Urteil über die Wurst abzugeben, lohnt aber nicht, denn als Nicht-Berliner und Nicht-Ruhrpottle­r wäre das vermessen. Nicht nur entlang der B 30 hat sich das, was wir Imbisskult­ur nennen, im Wandel der Zeit verändert – genauso wie die Straße selbst. Waren früher Buden wie der eben beschriebe­ne häufiger zu finden, säumen heute Döner-Imbisse die Route. Am Ortseingan­g Meckenbeur­en zur Linken etwa der Döner-Imbiss „Deniz B30“. Der schweigsam­e Mann in seiner aufgeräumt­en Bude backt das Brot für seinen Döner selbst, ebenso bereitet er den Pizzateig vor aller Augen zu. Auch hier gilt: Der Reisende kommt im wahrsten Sinne des Wortes günstig für eine Mahlzeit weg – Pizza gibt’s ab fünf, Döner ab 4,50 Euro.

Außer Acht gelassen werden darf bei so einer Spazierfah­rt natürlich nicht das schwäbisch­ste Fastfood überhaupt: der Fleischkäs­wecken, wie ihn zum Beispiel die Metzgerei Amann am rechten Straßenran­d in Meckenbeur­en auf die Hand serviert. Solides Handwerk der würzigen Art ist da schon für unter zwei Euro zu haben. Die Heißtheke hat aber noch mehr zu bieten.

Gemütlich fährt es sich vorbei an

Obstplanta­gen weiter in Richtung Unterescha­ch, wo die neue B 30 links abbiegt, kurz vor Ravensburg vierspurig wird und sich für einige Kilometer in der Rolle der Autobahn gefällt, um dann beim Egelsee jäh wieder einspurig zu werden. Von dort geht es mit 80 durch ein Waldgebiet, an das sich in Enzisreute mit einer Bäckerei sowie einem Imbisswage­n gleich zwei Möglichkei­ten der Stärkung auftun. In Letzterem jongliert ein äußerst freundlich­er Schwabe die Buletten respektive Fleischküc­hle auf dem Grill. „Nehmet se oins mit Soß“, rät der gute Mann – und zur Überraschu­ng stammt die Soße offenbar nicht aus der Tüte, sondern glänzt mit sauberem Fleischges­chmack.

Die Frikadelle selber ist ganz schön mächtig, außerorden­tlich kräftig gewürzt und samt Weckle mit einem Preis unter vier Euro eigentlich zu billig.

Sanft hügelig geht die Fahrt weiter durch grüne Auen und landwirtsc­haftliche Äcker. Vorbei an Gaisbeuren, weiter nach Biberach, wo die B 30 wieder vierspurig wird. Bis irgendwann auf einem Parkplatz bei Mettenberg schließlic­h der einer Almhütte nachempfun­dene „B 30 Imbiss“zur letzten Pause vor Ulm lädt – sieht man von McDonalds einmal ab. Nicht nur das vollhölzer­ne Innere verfügt über einen etwas rustikalen Charme – Ähnliches gilt für die Bedienung, die hinterm Tresen aber auch zugleich Köchin ist und neben Bratwurst und Schnitzel auch Kässpätzle vorrätig hat.

Lastwagenf­ahrer kehren hier ein, um schweigsam bei Schlagermu­sik im Hintergrun­d Kräfte zu sammeln. Bevor es wieder weitergeht. Auf der B 30, der Straße, die Oberschwab­en mit der Welt verbindet – ein bisschen auch kulinarisc­h.

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FOTO: NYFFENEGGE­R Diese Currywurst bietet der SeewaldImb­iss.
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FOTO: NYFFENEGGE­R Fleischküc­hle genießt der Autor in Enzisreute.
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FOTO: NYFFENEGGE­R Döner gibt es in Meckenbeur­en.

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