Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Bundesstraße 30 als Fressmeile
Gastrokritiker macht sich entlang der Verkehrsachse auf die Suche nach Nahrung
RAVENSBURG - Wer eine gute Currywurst essen will, muss halt ins Ruhrgebiet fahren, werden die Puristen sagen. Oder nach Berlin. Entlang der Bundesstraße 30, an der zwischen Friedrichshafen und Ulm eine ganze Reihe von Imbissen Wegzehrung versprechen, gibt’s sie allerdings auch. Und eine ganze Menge mehr, wie die folgende Erkundungstour auf einer der bedeutendsten Lebensadern Oberschwabens zeigen wird.
Wer Friedrichshafen verlässt und Richtung Meckenbeuren gemütlich genug unterwegs ist, wird zur Linken rechts neben einer Tankstelle den Seewald-Imbiss nur schwer übersehen können, ist die Bude doch mit allerlei Lichtgirlanden behangen und mit Fahnen beflaggt. Es brutzelt auf dem Grill, während die Fritteuse gierig Pommes verschlingt. Die überaus freundliche Dame hinterm Tresen füllt zielstrebig die geschnittene Rote
in ein Kunststoffgefäß und schüttet tomatige Soße darüber, Currypulver aus dem Streuer – fertig. 2,50 Euro samt Weckle ist ein äußerst schwäbischer Preis dafür. Ein Urteil über die Wurst abzugeben, lohnt aber nicht, denn als Nicht-Berliner und Nicht-Ruhrpottler wäre das vermessen. Nicht nur entlang der B 30 hat sich das, was wir Imbisskultur nennen, im Wandel der Zeit verändert – genauso wie die Straße selbst. Waren früher Buden wie der eben beschriebene häufiger zu finden, säumen heute Döner-Imbisse die Route. Am Ortseingang Meckenbeuren zur Linken etwa der Döner-Imbiss „Deniz B30“. Der schweigsame Mann in seiner aufgeräumten Bude backt das Brot für seinen Döner selbst, ebenso bereitet er den Pizzateig vor aller Augen zu. Auch hier gilt: Der Reisende kommt im wahrsten Sinne des Wortes günstig für eine Mahlzeit weg – Pizza gibt’s ab fünf, Döner ab 4,50 Euro.
Außer Acht gelassen werden darf bei so einer Spazierfahrt natürlich nicht das schwäbischste Fastfood überhaupt: der Fleischkäswecken, wie ihn zum Beispiel die Metzgerei Amann am rechten Straßenrand in Meckenbeuren auf die Hand serviert. Solides Handwerk der würzigen Art ist da schon für unter zwei Euro zu haben. Die Heißtheke hat aber noch mehr zu bieten.
Gemütlich fährt es sich vorbei an
Obstplantagen weiter in Richtung Untereschach, wo die neue B 30 links abbiegt, kurz vor Ravensburg vierspurig wird und sich für einige Kilometer in der Rolle der Autobahn gefällt, um dann beim Egelsee jäh wieder einspurig zu werden. Von dort geht es mit 80 durch ein Waldgebiet, an das sich in Enzisreute mit einer Bäckerei sowie einem Imbisswagen gleich zwei Möglichkeiten der Stärkung auftun. In Letzterem jongliert ein äußerst freundlicher Schwabe die Buletten respektive Fleischküchle auf dem Grill. „Nehmet se oins mit Soß“, rät der gute Mann – und zur Überraschung stammt die Soße offenbar nicht aus der Tüte, sondern glänzt mit sauberem Fleischgeschmack.
Die Frikadelle selber ist ganz schön mächtig, außerordentlich kräftig gewürzt und samt Weckle mit einem Preis unter vier Euro eigentlich zu billig.
Sanft hügelig geht die Fahrt weiter durch grüne Auen und landwirtschaftliche Äcker. Vorbei an Gaisbeuren, weiter nach Biberach, wo die B 30 wieder vierspurig wird. Bis irgendwann auf einem Parkplatz bei Mettenberg schließlich der einer Almhütte nachempfundene „B 30 Imbiss“zur letzten Pause vor Ulm lädt – sieht man von McDonalds einmal ab. Nicht nur das vollhölzerne Innere verfügt über einen etwas rustikalen Charme – Ähnliches gilt für die Bedienung, die hinterm Tresen aber auch zugleich Köchin ist und neben Bratwurst und Schnitzel auch Kässpätzle vorrätig hat.
Lastwagenfahrer kehren hier ein, um schweigsam bei Schlagermusik im Hintergrund Kräfte zu sammeln. Bevor es wieder weitergeht. Auf der B 30, der Straße, die Oberschwaben mit der Welt verbindet – ein bisschen auch kulinarisch.