Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Schule zieht ins Kinderzimmer um
Friedrichshafens Schulgebäude bleiben vorerst zu, doch der Unterricht geht weiter
Von Jens Lindenmüller und Ralf Schäfer
GFRIEDRICHSHAFEN - Spätestens am Dienstag werden auch in Friedrichshafen alle Schüler zu Hause bleiben, um in den kommenden Wochen am heimischen Schreibtisch weiterzulernen und dadurch das Risiko einer schnellen Ausbreitung des Coronavirus im Bodenseekreis zu reduzieren. Und die Schulen sind auf die Situation vorbereitet.
Die Entscheidung des Kultusministeriums, die Schulen am Montag nochmal zu öffnen, um die Schüler mit Lernmaterial und Informationen zu versorgen, hält Steffen Rooschüz, Geschäftsführender Schulleiter in Friedrichshafen, auch im Nachhinein für richtig. „Es war gut und wichtig, diesen Tag zu haben. Viele Fragen und Ängste der Schüler konnten geklärt und das weitere Vorgehen abgesprochen werden“, teilt Rooschüz, Rektor der Merianschule, auf Anfrage per E-Mail mit. Die meisten Schüler seien am Montag auch tatsächlich nochmal in die Schule gekommen. Das war auch an der Gemeinschaftsschule Schreienesch so, wie Schulleiter Kai Nopper bestätigt. Der Tag sei sehr entspannt gewesen, Hochbetrieb herrschte allerdings im Sekretariat. Vor allem zur Notfallbetreuung gab‘s viele Anrufe von Eltern.
Wie der Unterricht in den kommenden Wochen aussehen wird, organisiert jede Schule für sich. „Es gibt große Unterschiede zwischen den Schularten und den Altersstufen“, konstatiert Steffen Rooschüz. Grundsätzlich seien alle Schüler mit Material versorgt.
Das bestätigt auch Kai Nopper. Zum Großteil hätten die Schüler schon am Freitag Arbeitspakete, Lernwegelisten und Bücher mitbekommen, weil bereits absehbar war, dass eine Schulschließung kommen würde. Einheitliche Mittel des E-learnings gebe es leider weder vonseiten des Landes noch der Stadt, berichtet Steffen Rooschüz. So seien alle Schulen auf eigene Ideen angewiesen. „Selbstverständlich nutzen wir eine Lernplattform, auf der Schüler Material, Tutorials und Texte bereitgestellt bekommen und ihre Arbeitsergebnisse hochladen können. Zudem arbeiten wir mit unterschiedlichen Apps“, berichtet Kai Nopper.
Problematisch ist laut seinem Kollegen von der Merianschule, dass daheim nicht allen Kindern ein PC oder Laptop mit Drucker zur Verfügung
steht. „Der Schulalltag für die Schüler wird deshalb sehr unterschiedlich sein“, so Rooschüz. Seine Kollegin Iris Engelmann berichtet, dass an der Gemeinschaftsschule Graf Soden für diese Schüler Unterrichtsmaterialien in einem Klassenzimmer zur Verfügung gestellt werden. Alle anderen erhalten sie über eine Lernplattform im Internet, über die auch die Kommunikation mit den Lehrern stattfinden wird.
Ganz neu herausgefunden hat das Lehrerkollegium in diesem Zusammenhang, dass man über diese Lernplattform sogar Gruppen-Video-Unterricht organisieren kann. Wie das
System sich bewährt und wie viel an den Stellschrauben gedreht werden muss, werde sich in den nächsten Tagen herausstellen. „Im Moment läuft alles sehr gut. Notbetreuung haben wir angeboten, wird aber nicht nachgefragt“, sagt Engelmann.
Steffen Rooschüz glaubt, dass nach der Zeit der Beschulung zu Hause der Beruf des Lehrers vielleicht wieder mehr Achtung finden könnte, denn motiviert und mit Spaß zu arbeiten sei nicht immer so leicht, wie es aussehen mag – „und ohne Anleitung und den Klassenverband wird das Lernen auch wesentlich mühsamer ablaufen.“Dass es für die
Schüler wichtig ist, auch zu Hause einen gewissen Arbeitsrhythmus einzuhalten, darauf weist die Gemeinschaftsschule Schreienesch auf ihrer Homepage mit konkreten Tipps zu den unterschiedlichen Altersstufen hin.
„Legen Sie gemeinsam eine klare Tagesstruktur fest, die circa zwei Stunden Arbeitszeit enthält“, heißt es da zum Beispiel für die Klassenstufe eins. Wichtig außerdem: „Bitte sorgen Sie für eine ruhige Arbeitsatmosphäre - ohne Musik und Medienkonsum (Fernsehen, Handy...).“Auch andere Schulen haben solche Hinweise auf ihren Internetseiten.