Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ansteckungsgefahr: Seegemeinden fahren runter
Gemeinderatssitzungen in Langenargen und Eriskirch sind abgesagt – Kressbronn tagt in der Festhalle
Von Tanja Poimer
GSEEGEMEINDEN - Schulen und Kindergärten sind geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, Pflegeheime lassen keine Besucher rein: Die Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus bringt auch in den Seegemeinden das öffentliche Leben nahezu zum Erliegen. Ein Unterschied: Während die nächsten Gemeinderatssitzung in Langenargen und Eriskirch abgesagt sind, tagt das Kressbronner Gremium am Mittwoch, 25. März, und zwar in der Festhalle, um ausreichend Abstand zwischen den Teilnehmern zu schaffen. Einig sind sich die drei Bürgermeister darin, was sie den Menschen raten: besonnen und am besten zu Hause bleiben – zum Schutz der Risikogruppen, zu denen Ältere und Kranke gehören.
In Langenargen war die Franz-Anton-Maulbertsch-Schule am Montag noch geöffnet, um an Schüler Lernmaterial zu verteilen und mit den Eltern zu klären, wer eine Notfallbetreuung braucht, berichtet Bürgermeister Achim Krafft. Es sei genau geregelt, welche Kinder die Betreuung nutzen können, unter anderem die, deren Vater und Mutter im Gesundheitsbereich, bei Polizei oder Energieversorgern arbeiten. Für alle anderen ist der Schulbesuch bis 19. April vorbei.
Ebenfalls zu sind die Türen des Pflegeheims „Spital Zum Heiligen Geist“, zumindest für Besucher. „Wir haben ein Betretungsverbot erlassen, um die Bewohner zu schützen“, sagt der Bürgermeister. Daran habe kein Weg vorbeigeführt, auch wenn klar sei, was das für die Menschen im Spital und die Angehörigen bedeute. Keine Alternative habe es außerdem dazu gegeben, den Münzhof als Veranstaltungsort, Sporthallen oder Spielplätze zu schließen. Achim Krafft: „Das öffentliche Leben leidet zwar massiv darunter, aber wir haben sehr früh entschieden, zu handeln. Und jeder weitere Tag hat uns recht gegeben, inzwischen ist das Verständnis groß.“Zumal es auch um die Gesundheit der vielen Ehrenamtlichen gehe, die zum Teil selbst zu den Risikogruppen gehörten.
Am Ort der Entscheidung, im Rathaus, werde alles dafür getan, möglichst handlungsfähig zu bleiben. Das bedeutet laut Bürgermeister: Termine müssen vorher abgestimmt werden, alles was nicht dringend ist, wird verschoben. Gestrichen sei deshalb auch die Gemeinderatssitzung, die am Montag, 23. März, auf dem Programm gestanden hätte. Eilige Entscheidungen würden in Abstimmung mit den Fraktionen, die einverstanden sein müssen, in sogenannten Umlaufbeschlüssen getroffen. „Dazu gehören natürlich nicht so wichtige Dinge, wie die Aufstellung eines Bebauungsplans“, versichert Achim Krafft. Sein Aufruf: „Die Lage ist sehr ernst. Ich rate, die Hinweise von Behörden zu befolgen und nicht irrational zu handeln.“
In Kressbronn findet die nächste Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 25. März, statt. Beginn ist um 16.30 Uhr, allerdings nicht im Rathaus, sondern in der Festhalle, „damit alle auf Abstand gehen können“, betont Bürgermeister Daniel Enzensperger. Hintergrund: „Wir wollen zeigen, dass die Gemeinde handlungsfähig ist und bleibt.“Um die Aufrechterhaltung des Betriebes gehe es derzeit auch im Rathaus, wo gerade Rückfallebenen eingerichtet würden. Dazu gehöre unter anderem, dass der Durchgang über den Verbindungssteg zwischen den beiden Verwaltungsgebäuden gesperrt wurde.
Außerdem ist nur noch der Eingang zum Foyer geöffnet, an dem Besucher direkt in Empfang genommen werden. Die Bitte des Bürgermeisters: „Verzichten Sie auf alles, was nicht zwingend nötig ist. Das gilt auch für Anrufe und E-Mails.“
Ansonsten sind alle kommunalen Veranstaltungen abgesagt und Einrichtungen geschlossen, ins Pflegeheim St. Konrad kommt kein Besucher mehr hinein. Ebenfalls zu sind mittlerweile die Schulen, auch in Kressbronn wird eine Notfallversorgung
angeboten, um Eltern zu entlasten, die in speziellen Bereichen arbeiten. Am Montag gar nicht mehr aufgemacht hat das Bildungszentrum Parkschule, und zwar wegen eines bestätigten Corona-Falles. Der entsprechende Rat des Bürgermeisters: „Nehmen Sie die Situation ernst und beschränken Sie Ihre sozialen Kontakte auf ein Minimum.“
In Eriskirch ist es wie in den Nachbargemeinden still um das öffentlichen Leben geworden. Bürgertreff, Alte Schule, Sporthalle, Spielplätze, Schule: alles zu. „Eine Notfallbetreuung für Schüler wird gerade eingerichtet“, sagt Bürgermeister Arman Aigner. Im Pflegeheim St. Iris bleiben Besucher außen vor. Die Gemeinderatssitzung am 2. April ist gestrichen, vorübergehend läuft die Beschlussfassung wie in Langenargen per Umlaufbeschluss.
Mitarbeiter des Rathauses kommen zeitversetzt zur Arbeit, Termine gibt es nur noch nach telefonischer Anmeldung. Der Bürgermeister bittet, alles zu verschieben, was nicht dringend ist und elektronisch zu erledigen, was möglich ist. Sein Appell: „Bleiben Sie besonnen, achten Sie aufeinander, und nehmen Sie die Situation an, wie sie ist.“
Um Menschen zu helfen, die sich selbst zum Beispiel nicht mit Lebensmitteln versorgen können, baut die Verwaltung eine Nachbarschaftshilfe auf. Arman Aigner: „Wer helfen kann, meldet sich im Bürgeramt. Wir stellen die Verbindungen her.“