Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ärgerliches, Gruseliges und Pikantes
Nützliches und unnützes Wissen über die wichtigste Bundesstraße der Region
RAVENSBURG (vin/sz) - Sie ist die wichtigste Verbindung zwischen Ulm und dem Bodensee – und doch keine Autobahn. Was Sie schon immer über die B 30 wissen wollten, haben wir in diesem Teil unserer Serie zusammengestellt.
Länge: Etwa 102 Kilometer, von Ulm/Neu-Ulm bis Friedrichshafen, dabei durchquert die Straße zwei Bundesländer (überwiegend Baden-Württemberg und ein kurzes Stück Bayern).
Frühgeschichte: Schon in der Römerzeit war der Weg vom Bodensee an die Donau so wichtig, dass eine befestigte Straße gebaut wurde. Diese verfiel aber nach dem Ende des Imperiums, es blieben nur ein paar Karrenwege. Erst in den 1930er-Jahren ging die „Reichsstraße 30“aus der württembergischen Staatsstraße hervor.
Ausbau-Zustand: Die ersten 40 Kilometer von Ulm bis zum Jordanbad in Biberach gleichen einer Autobahn mit je zwei Fahrstreifen in jeder Richtung. Ab Biberach steht nur noch eine Fahrbahn je Richtung zur Verfügung, allerdings mit insgesamt fünf Stellen mit Überholmöglichkeiten (dreispuriger Ausbau). Im Baindter Wald wird die Straße wieder zweispurig in jede Richtung, bis zum Ausbauende der neuen B 30-Süd hinter Oberzell.
Tempolimits: Auf den autobahnähnlich ausgebauten Abschnitten gilt überwiegend Tempo 120 mit Ausnahme einer kurzen Strecke zwischen dem Baindter Wald und dem
Hof Riedsenn sowie auf der neuen B 30-Süd hinter dem Wernerhoftunnel.
Auf den restlichen Abschnitten gilt das Tempolimit für Bundesstraßen von 100 Stundenkilometern. In der Ortsdurchfahrt von Gaisbeuren durften die Autofahrer lange
60 km/h fahren, seit einiger Zeit nur noch 50 (tagsüber). Hin und wieder lässt die Stadt Bad Waldsee an der B 30 in Gaisbeuren einen mobilen Blitzer aufstellen. Dann kontrolliert die Anlage wenige Tage lang die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Etliche Auto- und Lastwagenfahrer wurden von dem unscheinbaren grauen Kasten bereits geblitzt. Der „Schwäbischen Zeitung“liegen die Auswertungen von fünf Geschwindigkeitskontrollen der vergangenen beiden Jahre vor. Demnach hat das Messgerät allein bei diesen fünf Einsätzen exakt 3527 Mal ausgelöst. Auffällig dabei: Vor allem in Fahrtrichtung Ravensburg waren die Auto- und Lastwagenfahrer zu schnell unterwegs.
Staus: Rund 3750 Staus hat es 2019 auf der Bundesstraße 30 von
Ulm bis Friedrichshafen gegeben. Die Staulänge hat sich auf rund 5900 Kilometer summiert. Auto- und Lastwagenfahrer verbrachten dabei rund 2900 Stunden im Stau. Besonders häufig hat es sich 2019 bei Ravensburg, Lochbrücke/Friedrichshafen und Gaisbeuren gestaut. Die meisten Staus sind an Werktagen von 7.05 bis 8.50 Uhr und 15.05 bis 18.35 Uhr gezählt worden – an Samstagen, Sonn- und Feiertagen hingegen nur wenige. Der stauträchtigste Monat ist der Oktober. Mutmaßlich wegen der großen Messen in Ravensburg und Friedrichshafen. Am entspanntesten ist die Lage im August – wegen der Sommerferien.
Ampeln: In Gaisbeuren stehen die einzigen Ampeln auf der B 30 zwischen Ulm und Ravensburg. Im Januar hat ein Bürger durch mehrmaliges Betätigen des Druckknopfes
für einen Riesenärger und lange Staus gesorgt: Karl Schmidberger wollte damit zeigen, welche Auswirkungen die Ampel auf den Verkehr in seinem Wohnort hat. Mit der Aktion wollte er zudem nachweisen, wie wichtig eine Umgehungsstraße für Bad Waldsee, Gaisbeuren und Enzisreute ist.
Gruseliges: Der Baindter Wald wird von manchen auch „Todeswald“genannt. Schon auf der alten B 30 starben dort viele Menschen, und auch nach dem Ausbau der B 30-Nord kommt es dort häufig zu besonders schweren Unfällen. Insgesamt gab’s auf der B 30 zwischen 2006 und 2017 mehr als 2700 von Polizei und Feuerwehr erfasste Unfälle mit 1786 Verunglückten und 58 Toten. Die schwersten Unfälle passieren auf dem Streckenabschnitt Biberach bis Baindt, die meisten
Blechschäden zwischen Ravensburg und Friedrichshafen.
Pikantes: Vor der Einweihung der B 30-Nord im September 2001 führte die Straße direkt an einem Parkplatz am Egelsee in Baindt vorbei. Dieser war in einschlägigen Kreisen bekannt – als gut erreichbarer und doch blickgeschützter Treffpunkt für Menschen, die im Auto Sex mit Fremden haben. Und in Friedrichshafen wurde die stark frequentierte und verkehrsgünstige B 30 früher gerne als Abstellplatz für Autos mit einschlägiger Werbung genutzt – für 0190-Nummern samt „Badespaß mit Eva und Bea“.
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