Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Ich möchte noch selbst einkaufen gehen“
Im Altenheim oder alleine daheim: So gehen Senioren mit der Corona-Krise um
Von Marlene Gempp
FRIEDIRCHSHAFEN - Die Gefahr, dass eine Infektion mit dem Coronavirus einen gefährlicheren Verlauf nimmt, steigt für sogenannte Risikogruppen. Menschen, die älter als 65 Jahre sind, gehören dazu. Darum wird ihnen besonders geraten, im Haus zu bleiben, wenig Besuch zu empfangen und wenn möglich nicht selbst einkaufen zu gehen. Auch die Seniorenheime in der Region sind von diesen Vorgaben betroffen. Doch wie kämpft man dann gegen Vereinsamung an? Wir haben uns umgehört, wie ältere Mitbürger derzeit mit der Corona-Krise umgehen.
Die Bewohner des städtischen Altenund Pflegeheims Karl-OlgaHaus hätten das Besuchs- beziehungsweise Betretensverbot relativ entspannt aufgenommen, erzählt Andrea Kreuzer, eine Sprecherin der Stadt Friedrichshafen: „Teilweise haben die Senioren noch Kriegserfahrungen, die ihnen in der aktuellen Situation emotional helfen.“Aussagen wie: „Wir haben den Krieg überstanre den, da schaffen wir auch dies...“höre man derzeit häufiger. Besuche würden durch Telefonate ersetzt, dabei sei auch das Pflegepersonal für die Bewohner sehr hilfreich.
Logistisch anspruchsvoller wird es, wenn Angehörige zum Beispiel die Wäsche für Eltern waschen, die im Pflegeheim wohnen. Dann würde die Übergabe genau organisiert, um Kontakte zu vermeiden, berichtet Kreuzer.
Im Haus selbst spüre man von der Corona-Krise erst einmal nicht viel. „Wir bieten mehr Aktivitäten an und versuchen, so viel Normalität und Fröhlichkeit in den Alltag der Bewohner zu bringen. Das gelingt natürlich nicht immer, aber eine solche Situation ist für alle neu“, so Kreuzer. Und ergänzt: „Wir versuchen auch, mit den Bewohnern des Hauses an die frische Luft zu gehen.“Dafür eigne sich die Dachterrasse des Hauses und der Park sehr gut, da die Bewegung dort auch ohne Kontakte möglich sei.
Natürlich existierten auch Ängste bei Mitarbeitern, dennoch überwiege der Optimismus, diese Zeit gemeinsam gut zu überstehen, erklärt Kreuzer.
Ausnahmen des Besuchsverbots im Einzelfall gibt es unter Auflagen für nahestehende Personen, etwa im Falle einer Sterbebegleitung, und für Personen, die Zutritt aus beruflichen Gründen benötigen.
Um nicht nur alleine zu Hause zu sitzen, gehe sie gerne noch vor die Tür, erzählt eine 88-jährige Friedrichshafenerin, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung oder online lesen möchte. „Ich gehe noch selbst einkaufen und spazieren. Ich muss regelmäßig an die frische Luft.“Angst, sich anzustecken, habe sie derzeit keine. „Beim Einkaufen kommt man sich in der Regel ja nicht so nah. Und auch an der Promenade, wenn ich mich auf eine Bank setze zum Beispiel, setzt sich zurzeit eh niemand mehr neben mich.“
Sie wohnt alleine in einer Wohnung in der Innenstadt und macht alle Besorgungen noch selbst. Auch wenn sie selbst sich keine großen Sorgen um ihre Gesundheit mache, seien ihren Kinder sehr besorgt, sagt die 88-Jährige: „Meine Tochter redet viel über das Thema. Ich glaube aber daran: Wir schaffen das alle zusammen, das durchzustehen.“