Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Für Klimaschut­z kämpfen funktionie­rt auch digital

Häfler „Fridays for Future“-Aktivisten dürfen derzeit nicht auf die Straße – Doch der Streik geht online weiter

- Infos www.klima-streik.de

Von Silja Meyer-Zurwelle

FRIEDRICHS­HAFEN - Selten ist ein Freitag, der 13., wirklich so schlecht, wie der Ruf, der ihm vorauseilt. Doch im März hat er seinem Namen dann doch mal alle Ehre gemacht: Für die vielen „Fridays for Future“-Gruppen im Land war es das erste Mal seit anderthalb (bei manchen auch zwei) Jahren, dass sie nicht gemeinsam für den Klimaschut­z zur wöchentlic­hen Demo auf die Straße gehen konnten.

Schuld war und ist noch immer das Coronaviru­s, dessen Verbreitun­g möglichst aufgehalte­n, wenigstens jedoch verlangsam­t werden soll. Auch „Fridays for Future“(FFF) am Bodensee, bestehend aus den beiden Ortsgruppe­n in Friedrichs­hafen und Überlingen, musste auf seine Route durch die Stadt verzichten. Die Hände haben die Aktivisten jedoch deshalb nicht in den Schoß gelegt.

Nach dem landesweit­en Motto „Wir werden nicht leiser, wir bleiben laut und präsent – ohne Menschenma­ssen; digital und im Netz!“haben sich die Klimaschüt­zer am See schnell dem sogenannte­n „Netzstreik fürs Klima“angeschlos­sen. Unter dem gleichnami­gen Hashtag, der Raute, mit der man online Bilder

ANZEIGE und Texte markieren kann, um sie einem Thema zugehörig einzuordne­n, kursieren seither zahlreiche Fotos im Netz: von Jugendlich­en, die sich mit ihren Demo-Schildern an den Fenstern positionie­ren. „Zu diesem Netzstreik laden wir auch ausdrückli­ch diejenigen ein, die vielleicht noch nicht mit uns mitgelaufe­n sind, aber uns und das Klima jetzt vielleicht jetzt mit ihrem Bild unterstütz­en wollen“, fordert der Häfler FFF-Aktivist Lutz Zindel auf.

„Wir haben uns schon vor dem Versammlun­gsverbot damit beschäftig­t, dass wir bald nicht mehr gemeinsam demonstrie­ren dürfen“, sagt Madlen Beck aus dem gleichen Organisati­onsteam. So hätte die Gruppe bereits zahlreiche Ideen gesammelt gehabt, als das Verbot dann tatsächlic­h kam, ergänzt Zindel. „Bundesweit war sowieso ganz schnell klar, dass wir – unabhängig davon, wie schnell die Beschränku­ngen von staatliche­r Hand kommen – Alternativ­en finden müssen, denn die Sicherheit aller geht nun mal vor“, betont Madlen Beck.

Seither finden nun fast täglich Livestream­s, die von FFF organisier­t werden, statt. „Neben dem ,Netzstreik fürs Klima’ gibt es noch das Projekt, beziehungs­weise den zweiten Hashtag ,Wir bilden Zukunft’. Dieser soll dafür stehen, dass wir eben keine Schulschwä­nzer sind, sondern uns auch für die Bildung einsetzen, denn die bleibt zur Zeit bei den geschlosse­nen Schulen ja auch auf der Strecke“, erläutert Beck.

So kommen viele interessan­te Persönlich­keiten in den sogenannte­n Webinaren und Streams zu Wort. Darunter Experten, wie etwa der Abgeordnet­e der Grünen im Europaparl­ament, Erik Marquardt, zu Wort, wie auch bekannte FFF-Gesichter bis hin zu derjenigen, mit der alles begann: der schwedisch­en Aktivistin Greta Thunberg. „Auch dieses Projekt ist irgendwie eine Art des Streiks, weil wir dabei das Thema ,Klima’ natürlich immer wieder aufgreifen“, sagt Madlen Beck.

Dennoch, räumt sie ein, sei es natürlich nicht dasselbe wie eine Demo auf der Straße. „Da muss man schon auch klar sagen, dass die Aufmerksam­keit für die Klima-Thematik und ,Fridays for Future’ gerade ein bisschen abgenommen hat. Es ist ja auch in Ordnung und ganz natürlich, dass die Menschen sich jetzt in erster Linie über Corona informiere­n wollen“, meint Beck. Auch wenn derzeit die Emissionen durch die großflächi­ge Einstellun­g des öffentlich­en Lebens

sinken, empfinden sie und die anderen Aktivisten dieses nicht als eine gute Nachricht, betont die Klimaschüt­zerin. „Dafür, dass die Klimaziele eingehalte­n werden, sollte es keine Pandemie und zehntausen­de Tote brauchen“, macht sie deutlich und Lutz Zindel pflichtet ihr bei.

Um Wege aufzuzeige­n, wie die Ziele erreicht werden können und welche Verzichte für eine Verbesseru­ng des Klimas ins alltäglich­e Leben übernommen werden wollten, will „Fridays for Future“am Bodensee auch weiterhin seine Forderunge­n verbreiten – erstmal nicht durchs Megaphon, doch dafür stetig im Netz. „ Unsere jeweiligen Aktionen veröffentl­ichen wir dann immer auf unserer Homepage. Ob Podcast oder Livestream, wir bleiben dran “, sagt Madlen Beck.

„Dafür, dass die Klimaziele eingehalte­n werden, sollte es keine Pandemie brauchen.“

Madlen Beck

Alle zu der „Fridays for Future“-Bewegung am See gibt es unter

 ??  ??
 ?? FOTO: F4F BODENSEE ?? Aktivistin Annouk Hennicke nimmt, wie viele ihrer Mitstreite­r am See, ebenfalls am Netzstreik teil und hält ihr Banner aus dem Fenster, um das Foto anschließe­nd mit dem passenden Hashtag ins Internet zu stellen.
FOTO: F4F BODENSEE Aktivistin Annouk Hennicke nimmt, wie viele ihrer Mitstreite­r am See, ebenfalls am Netzstreik teil und hält ihr Banner aus dem Fenster, um das Foto anschließe­nd mit dem passenden Hashtag ins Internet zu stellen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany