Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Desinfektionsmittel statt Gin
Julica Renn aus Hagnau kooperiert mit Markdorfer Apotheker Matthias Maunz
Von Barbara Baur
HAGNAU - Julica Renn vom Burgunderhof in Hagnau ist eigentlich bekannt für ihren Gin. Doch wegen der Corona-Pandemie ist auch in dem Familienbetrieb, den sie gemeinsam mit ihren Eltern führt, zur Zeit alles anders. Das Hotel ist geschlossen, der Vertrieb von Wein und Spirituosen erfolgt per Post. Statt Gin zu brennen, füllt die Hagnauerin momentan für die Bären- und die PandaApotheke in Markdorf Desinfektionsmittel ab.
„Wir haben den Ausbruch von Corona im Familienurlaub mitverfolgt und hatten gleich das Gefühl, dass da etwas größeres auf uns zukommt“, sagt Julica Renn. Deshalb habe sie alle Ressourcen bestellt, die sie für die Produktion ihres Gins Mile High 69 benötigt. Dazu zählt auch Bio-Ethanol in einer sehr reinen Form. Er ist das Grundprodukt für den Gin und kann nicht einfach selbst gebrannt werden. Sie hat Glück, dass sie den Alkohol noch rechtzeitig bestellt hat. Inzwischen sei der Markt leergeräumt. „Jetzt gibt es praktisch nichts mehr“, berichtet sie. Und die Preise seien stark gestiegen, teilweise auf das Zehnfache.
Der 96-prozentige Alkohol ist aber gleichzeitig die Grundlage für medizinische Produkte, unter anderem eben auch für Desinfektionsmittel. Und weil dieses Produkt aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus knapp ist, muss improvisiert werden. Matthias Maunz, Inhaber der Bären- und der Panda-Apotheke in Markdorf, habe sich in der Not an sie gewandt, berichtet sie. Denn auch er habe keine größeren Mengen an reinem Alkohol mehr beziehen können. Ihr selbst sei es wichtig, dass das Desinfektionsmittel wirksam ist. Deshalb sei es ihr wichtig, dass der Apotheker, der die Formel kennt, die Rohstoffe zusammenmischt.
Zum einen ist es schwierig, an die Inhaltsstoffe heranzukommen. Zum anderen sind passende Fläschchen kaum aufzutreiben. „Deshalb habe ich einen Aufruf in den sozialen Medien gestartet“, berichtet Julica Renn. „Von der Community habe ich viele Tipps gekriegt.“Letztlich habe sie über diese Kontakte auch geeignete Kunststoffflaschen bekommen. Inzwischen experimentiert sie schon an einer neuen Idee: Desinfektionsgel. Es sei wesentlich ergiebiger als die Flüssigkeit. Gerade in Zeiten der Knappheit sei das sinnvoll. Gewinn möchte sie damit nicht erzielen. „Ich mache das nicht, um Geld zu verdienen“, sagt sie. Die Kosten würden zwar gedeckt werden. Doch ihr sei es wichtig, anzupacken und zu helfen, wo sie könne. „Es sind eh keine Gäste da“, sagt sie. „Was willst du machen außer ruhig bleiben und positiv denken?“